Spezialisten tauschen sich innerhalb weniger Tage miteinander aus. Vom Haus- über den Facharzt geht es bei Bedarf zum Schmerztherapeuten.

Uetersen. Frank P. (49) leidet seit sieben Jahren an Rückenschmerzen. Abwechselnd hatten ihm Hausarzt und Orthopäde Krankengymnastik verordnet. Sechs Mal hier, sechs Mal dort. Nach wochenlangen Wartezeiten auf Arzttermine und mehrmonatigen Ausfällen an seinem Arbeitsplatz hat er seinen Job als Lagerarbeiter verloren und den Glauben an die Medizin gleich mit.

"Mit der neuen integrierten Versorgung soll so etwas nicht mehr passieren", sagt Wim Jansen. Der Uetersener Physiotherapeut hat gemeinsam mit seinem Kollegen Erik Leemkuil und etwa 20 Ärzten aus der Region ein Netzwerk gegründet, das allen Menschen, die unter Rückenschmerzen leiden, schnelle, fachkundige und dauerhafte Hilfe verspricht. Das Bündnis im Kreis Pinneberg gehört zu einem bundesweiten Verbund, der vor vier Jahren in Köln gestartet ist (siehe Infokasten). Es ist der erste Zusammenschluss in Südholstein.

Das Prinzip des Netzwerks: Der Patient wird von seinem Hausarzt über das Modell "Deutschland stärkt den Rücken" aufgeklärt und meldet sich freiwillig für das Programm an. Der Vorteil: Innerhalb einer Woche muss der Facharzt konsultiert werden, der bei Bedarf für einen nahtlosen Übergang in das Physiotherapiezentrum sorgt. In der Regel startet der Patient mit 24 Übungseinheiten. "Damit lässt sich wirklich etwas bewegen", sagt Therapeut Jansen. Denn bislang musste sich das nicht privat versicherte Krankenkassenmitglied mit sechs Behandlungen beim Krankengymnasten begnügen, dann zurück zum Arzt mit allen Wartezeiten.

Das geht nun schneller: Wer an dem Programm teilnimmt und innerhalb von vier Wochen nicht schmerzfrei ist, erhält sofort einen Termin beim Schmerztherapeuten. Danach wird gemeinsam über die weitere Therapie entschieden. "Alle Beteiligten haben die Möglichkeit, über eine Datenbank die Informationen aller Beteiligten einzusehen", erläutert Jansen.

Bislang haben sich bundesweit 15 Krankenkassen dem Programm angeschlossen, darunter die Gmünder Ersatzkasse und die IKK Baden-Württemberg und Hessen. "Bei allen anderen haben wir jetzt die Möglichkeit, eine Einzelfallentscheidung herbeizuführen", sagt Jansen.

Die Übungen für die Wirbelsäulentherapie werden in der Uetersener Praxis, die Jansen 1985 gemeinsam mit Erik Leemkuil eröffnet hatte, bereits seit zehn Jahren angeleitet. "Doch bislang hatten wir kaum Chancen, eine Krankenkasse davon zu überzeugen, so ein Verfahren zu bezuschussen", erklärt der Physiotherapeut. Durch die bundesweite Koordination ist das Programm jetzt etabliert.

Und auch im Kreis Pinneberg nimmt es Form an: Am Mittwoch kam Andrea Spiegel, eine der Gründerinnen des Bundesnetzwerks der Rückenschmerzexperten, nach Uetersen. 18 Haus- und Fachärzte aus Uetersen, Wedel, Tornesch, Pinneberg und Elmshorn ließen sich von ihr über die Chancen aufklären, chronisch kranke Rückenpatienten gemeinsam zu behandeln.