Die Awo hilft jährlich etwa 420 überforderten und verzweifelten Klienten bei Wohnungssuche und Antragstellung.

Wedel. "Ich schaff' das alles nicht mehr - ich bring' mich um!" Angesichts derart verzweifelter Äußerungen von Klienten brauchen Kerstin-Anje Malenke und Arne Müller Nerven wie Drahtseile und einen Gleichmut wie Buddha. Was die beiden Sozialarbeiter bei ihrer Tätigkeit in der Sozialberatungsstelle der Arbeiterwohlfahrt in Wedel erleben, ist oft stärkster Tobak. Deshalb erhielten sie außerordentlich viel Lob und Anerkennung von Bürgermeister Niels Schmidt, Stadtpräsidentin Sabine Lüchau sowie Vertretern von Parteien und Verbänden, als jetzt die Awo zur Feier anlässlich des 25-jährigen Bestehens der Institution zu einem Empfang bat. Quer durch alle politischen Couleurs wurde dem Team, das durch Schuldnerberaterin Mechtild Kuiter-Pletzer verstärkt wird, Respekt und Anerkennung ausgesprochen.

Die Erfolgsgeschichte der Institution, von der alle wünschten, dass sie überflüssig wäre, begann vor einem Vierteljahrhundert, als der Rat feststellte, dass sich innerhalb eines Jahres die Zahl der Obdachlosen in Wedel von 27 auf 54 Personen verdoppelte. Die Awo wurde mit der Organisation der "Beratungsstelle für Obdachlose und Randgruppen" beauftragt. Flüchtlingswellen aus den Bürgerkriegsgebieten des Balkan und skrupellose Neu-Besitzer ehemaliger Sozialwohnungen verschärften die Lage.

"Auch heute noch gehört zu unseren wichtigsten Aufgaben, Menschen vor der Obdachlosigkeit zu bewahren", sagt Kerstin-Anje Malenke, die von Anfang an dabei ist. Wer durch Arbeitslosigkeit in finanziell schwieriges Fahrwasser gerät und die Miete nicht zahlen kann, hat rasch eine Räumungsklage am Hals. Und ist die Wohnung erst verloren, ist das oft der beginn einer schnellen Abwärtsspirale.

Von den rund 420 Klienten pro Jahr sind viele schlichtweg überfordert, mit ihrem Leben zu recht zu kommen. Schwierige Charaktere machen den Job der "guten Geister", zu denen lange Jahre auch Charlotte Wischhusen und Sabine Pabst-Eisenhauer gehörten, oft nicht leicht. "Doch auch wenn jemand mal sauer unsere Beratung verlässt, sind wir immer wieder für einen Neuanfang bereit", so die Sozialpädagogin.

Neben der Hilfe beim Weg durch den Amtsdeutsch-Dschungel der deutschen Bürokratie, der insbesondere beim Stellen von Anträgen Probleme macht, bietet das Awo-Team oft auch "ein Stück Lebensberatung" (Malenke). Menschen kämen in die Sprechstunde im Untergeschoss des alten Rathauses und könnten manchmal ihre Lage nur diffus schildern - die Berater nehmen jeden Ernst und sich die Zeit, den Kern der Problematik zu ergründen.

"In den vergangenen Jahren ist die Arbeit komplizierter geworden. Ein Grund liegt in der Neustrukturierung inklusive der Hartz 4-Regelungen", berichtet die Awo-Mitarbeiterin. Entscheidungswege bei den Behörden seien länger geworden, die verschiedenen Leistungen unübersichtlicher. Kerstin Anje-Malenke: "Und im Gegensatz zu früher können auch Menschen mit guter Qualifikation einen gravierenden sozialen Einbruch erleiden, sobald sie in die Arbeitslosigkeit rutschen und das Arbeitslosengeld ausläuft."