Als Richter Eberhard Hülsing gestern das harte Strafmaß - fünf Jahre und drei Monate Haft - verkündete, war an der Mimik des Angeklagten Omar E. deutlich sein Entsetzen anzusehen.

Barmstedt/Itzehoe. Aber als der Jurist ihn wenig später belehrte, er könne gegen das Urteil des Landgerichts Itzehoe Revision einlegen, hatte sich der 20-Jährige wieder gefangen - und zeigte sein wahres Gesicht: "Scheiß drauf, ihr könnt mich auch zehn Jahre einsperren", pöbelte er durch den Saal.

Seine "permanent vorhandene Aggressivität" (Hülsing) war Omar E. in der Nacht zum 22. Juni 2008 zum Verhängnis geworden. Am Krützkamp in Barmstedt war es gegen 1.30 Uhr zu einer Auseinandersetzung zweier rivalisierender Jugendgruppen gekommen - und in deren Verlauf zog der 20-Jährige ein Messer und stach zu. "Zwölf Messerstiche hat es gegeben, acht erfolgten von hinten", so der Vorsitzende Richter. Julian T. (vier Stiche, davon zwei in die Brust) und sein Bruder Marcel (drei Stiche, zwei in den Rücken) schwebten in Lebensgefahr, konnten knapp gerettet werden. Hier erkannte die Kammer auf versuchten Totschlag. Bei weiteren drei Schwerverletzten gingen die Richter von gefährlicher Körperverletzung aus. Omar E. hatte die Attacken Freunden sowie der Polizei gestanden, im Prozess jedoch die Aussage verweigert. Bei den persönlichen Verhältnissen plauderte er doch - und gestand, zum Tatzeitpunkt auf der Flucht gewesen zu sein. Er sollte eine 16monatige Haftstrafe wegen Raub, Nötigung, Körperverletzung und räuberische Erpressung absitzen - tauchte jedoch unter.

Omar E. hatte die Paul-Dohrmann-Förderschule in Elmshorn nach der siebten Klasse verlassen. Der Versuch, seinen Hauptschulabschluss später nachzumachen, scheiterte. "Seit der Schule hab' ich nichts mehr gemacht", bekannte er. Sein Intelligenzquotient sei so niedrig, dass er an Schwachsinn grenze, urteilte ein Sachverständiger. Und kam zu dem Schluss, dass nur "eine mehrjährige und konsequente Führung, der sich der Angeklagte nicht entziehen kann", ihm vielleicht den Weg in die Zukunft ebnen könnte.

Diesen Weg machte die Kammer mit dem Urteil frei. "Sie wollen sich nicht einordnen. Vielleicht tun sie es jetzt, wo sie länger bleiben müssen", so Richter Hülsing. Seit seiner Festnahme hat Omar E. zunächst die 16 Monate "Altstrafe" abgesessen - und nicht mit guter Führung geglänzt.

Seine beiden Verteidiger hatten eine deutlich mildere Strafe gefordert. Im Gegensatz zu Gericht und Staatsanwaltschaft (Forderung: fünf Jahre, neun Monate) hielten sie Omar E. für vermindert schuldfähig - und beantragten nur eine Verurteilung wegen fünffacher gefährlicher Körperverletzung.