Erst warb er bei Politikern dafür, mit einem Millionen-Kredit die Regio-Kliniken zu stützen. Dann sprach Sana-Vorstand Thomas Lemke mit der PZ.

Pinneberger Zeitung:

Warum muss der Kreis Pinneberg einen Kredit von 14 Millionen Euro für die Regio-Kliniken aufnehmen?

Thomas Lemke: Er muss nicht, aber er sollte diesen Kredit aufnehmen, um in der Partnerschaft mit der Sana AG die erste Stufe der Sanierung der Regio-Kliniken gemeinsam vorzunehmen. Wir haben festgestellt, dass diese neue Finanzierung für die Kliniken kostengünstiger ist und den Kreis gefragt, ob er sich beteiligen will. Das wäre ein wichtiges Signal des guten Willens, weil der Kreis ja noch mit 25 Prozent an den Regio-Kliniken beteiligt ist. Denn es wäre eine sinnvolle Alternative zur jetzigen Finanzierung.

Pinneberger Zeiung: Glauben Sie, dass Sie die Kreispolitiker im Hauptausschuss des Kreistages, die Sie am Mittwoch persönlich darüber informierten, davon überzeugen konnten?

Lemke: Ich habe gemerkt, dass diese Frage kontrovers besprochen wird. Ich finde es schade, dass dieses Thema parteipolitisch diskutiert wird. Aber ich glaube, dass die wirtschaftliche Notwendigkeit allen klar geworden ist und parteiübergreifend die Sinnhaftigkeit so einer Finanzierung verstanden wurde. Das ist ein positives Signal.

Pinneberger Zeitung: Die Entscheidung wurde vertagt. Was passiert, wenn die Kreispolitiker nicht zustimmen?

Lemke: Dann wäre eine einmalige Chance für einen gemeinsamen Sanierungsschritt vertan und die Potenziale für die Zukunft der Regio-Kliniken würden nur der Sana AG zustehen. Der Kreis müsste sich die Frage stellen, ob er sich in ausreichender Form der Verantwortung für das Unternehmen und die Arbeitsplätze stellt und die Zukunft mit Sana gemeinsam gestalten will. Ich glaube, es ist den Politikern klar geworden, dass der Kreis dazu einen Beitrag leisten kann.

Pinneberger Zeitung: Ist dieser 14-Millionen-Kredit eine aufschiebende Bedingung für den Einstieg von Sana bei den Regio-Kiniken?

Lemke: Die Vollzugsvoraussetzungen für den Kaufvertrag sind erfüllt. Wir sprechen hier von einem ersten gemeinsamen Schritt nach der Privatisierung. Dafür werben wir auch. Die Frage, ob dies abgelehnt werden könnte, ist hoffentlich nur hypothetisch. Die Notwendigkeit dieser Aktion wird vom überwiegenden Teil der Kreispolitiker genauso gesehen.

Pinneberger Zeitung: War dies auch vertraglich festgehalten? Oder pokern Sie jetzt, um den Kaufpreis für Sana zu drücken?

Lemke: Wir haben uns erst in den letzten Wochen die wirtschaftliche Situation der Regio-Kliniken genau ansehen können. Durch diese neue Finanzierung würden wir einen wesentlichen Sanierungsbeitrag leisten, der so nicht geplant und auch nicht vertraglich vereinbart war. Insofern sind das Entscheidungen, die sich erst in den letzten Wochen ergeben und für die wir die Unterstützung der HSH Nordbank und der Sparkasse Südholstein gebraucht haben. Wenn wir eine gemeinsame Partnerschaft eingehen, gilt diese in guten wie in schlechten Zeiten. Wir sehen das als eine normale Partnerschaft, wie wir sie genau so mit anderen Kommunen, wie Düsseldorf, Duisburg oder Hameln handhaben, wo wir an Krankenhäusern beteiligt sind.

Pinnebeger Zeitung: Heißt das, dass das auch politisch heftig umstrittene Sale-and-lease-back-Geschäft, mit dem die Regio-Kliniken im vorigen Jahr ihre gesamten Immobilien für einen 102 Millionen Kredit veräußerten, um sie in 25 Jahren für jährlich 8,6 Millionen Euro zurückzukaufen, ein finanziell-strategischer Pferdefuß bei den Verkaufsverhandlungen war?

Lemke: Das Sale-and-lease-back-Geschäft ist politisch belastet und es passt auch nicht in die Finanzierungsstruktur eines Sana-Unternehmens. Es ist eher hinderlich als förderlich. Ob es damals dazu Alternativen gegeben hat, kann ich nicht beantworten. Gucken wir lieber in die Zukunft.

Pinneberger Zeitung: Gab es noch andere Punkte, die zu klären waren, damit der Kauf über die Bühne gehen konnte und sind diese Hindernisse jetzt aus dem Weg geräumt?

Lemke : Das waren vor allem technische Details, wie die Zustimmung des Kartellamtes, dass keine Insolvenz vorliegt und notarielle Vertragsfragen. Das ist inzwischen fast alles geklärt.

Pinneberger Zeitung: Was fehlt noch?

Lemke: Der Jahresabschluss liegt noch nicht vor. Aber die großen Punkte sind alle geklärt.

Pinneberger Zeitung: Was ist mit dem Klinik-Übernahmevertrag aus dem Jahr 1971, mit dem die Stadt Elmshorn ein Mitspracherecht gegenüber dem Kreis Pinneberg geltend macht?

Lemke: Dieses Thema ist weiterhin schwebend. Da wird man den Ausgang abwarten müssen. Aber das wird Sana nicht so treffen. Wir gehen davon aus, dass dies zu Gunsten der Regio-Kliniken entschieden wird. Aber wir können nicht solange warten, bis dies rechtskräftig final entschieden ist. Wir haben die Verantwortung für das Unternehmen zu übernehmen.

Pinneberger Zeitung: Was kann der private Klinik-Konzern Sana besser machen bei der Krankenhaus-Versorgung als der Kreis Pinneberg?

Lemke: 1. Sana kann die Strukturfehler der Vergangenheit wie das ungebremste Wachstum, das sich vor allem in dem unübersichtlichen Aufbau der Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) ausdrückt, wieder begradigen. Die großen Verlustbringer sind die MVZ, Pflegeheime und die Reha, in die viel Geld investiert worden ist, die aber nicht tragfähig sind. 2. Sana mit seinem Jahresumsatz von einer Milliarde Euro kann bessere Einkaufseffekte und Preiskonditionen erreichen. 3. Wir können besser und flexibler finanzieren. 4. Für viele medizinische Kernprozesse sind wir benchmark-erprobt. Das heißt, die Klinik, die etwas am besten macht, wird zum Standard für alle anderen erklärt. Vom Besten lernen, ist da die Devise in medizinischer und wirtschaftlicher Hinsicht. 5. Der hohe Wissens-Transfer führt zu einem permanenten Innovationsprozess im Krankenhausbereich.

Pinneberger Zeitung: Sind die Regio-Kliniken trotz der aktuellen finanziellen Schwäche ein an sich gesundes Unternehmen?

Lemke: Ja, sonst hätten wir uns nicht engagiert. Wir sehen positive Chancen, die Kliniken zu entwickeln und uns auf eine wohnortnahe Krankenhausversorgung zu konzentrieren. Alles andere werden wir anderen überlassen, die dies besser können.

Pinneberger Zeitung: Was meinen Sie?

Lemke: Die MVZ und Pflegeheime habe ich bereits angesprochen. Auf die kann man in Teilen verzichten. Was macht es für einen Sinn, von Pinneberg aus mitten in Hamburg ein MVZ zu betreiben? Wo ist da der medizinische und wirtschaftliche Mehrwert. Das werden wir bereinigen.

Pinneberger Zeitung: Wird Sana jetzt in den Betrieb investieren?

Lemke : Wir haben im Kaufvertrag dazu bereits Zusagen gemacht und sind gerade dabei, die Prioritäten festzulegen. Wir werden schnell investieren, vor allem in die Medizintechnik und in das Pflegeheim Kummerfeld. Und wir werden die Prozesse optimieren und einige bauliche Veränderungen vornehmen.

Pinneberger Zeitung: Können Sie Größenordnungen nennen?

Lemke: Wir können noch nicht genau sagen, welche Volumina wir da bewegen werden. Aber klar ist, dass wir 2010/11 nennenswert investieren werden mit Summen, die jeweils im siebenstelligen Bereich liegen werden.

Pinneberger Zeitung: Werden die 2500 Arbeitsplätze erhalten bleiben? Sie waren in dieser Woche auf der Betriebsversammlung im Klinikum Pinneberg. Was haben Sie da den Mitarbeitern gesagt?

Lemke: Wir haben das gesagt, wozu wir uns auch vertraglich verpflichtet haben: Für alle Medizin-nahen Mitarbeiter garantieren wir einen Kündigungsschutz über fünf Jahre, für die Mitarbeiter im Nicht-Pflege-Bereich besteht Kündigungsschutz für ein Jahr. Das ist ein höherer Bestandsschutz, als es die gesetzlichen Vorschriften verlangen. Vor dem Hintergrund der Strukturveränderungen werden wir das Personalkonzept anpassen müssen. Wir sind da offen und transparent. Von einem reinen Handauflegen per se wird der Klinikbetrieb nicht wieder gesunden. Wir müssen untersuchen, wo sind Potenziale, um Prozesse zu vereinfachen, Strukturen zu verbessern. Wir haben von den Mitarbeitern die Botschaft mitgenommen, dass sie diesen Veränderungen offen gegenüber stehen.

Pinneberger Zeitung: Sind alle drei Standorte in Elmshorn, Pinneberg und Wedel für die Zukunft gesichert?

Lemke: Sie sind vertraglich gesichert. Und wenn wir nicht überzeugt wären, dass alle drei Standorte eine Zukunft haben, hätten wir uns auch nicht hier engagiert. Wir werben an allen Fronten für unseren Weg, der die Zukunft der Regio-Kliniken sichern soll. Ob wir alle auf den Weg mitnehmen können, wird die Zeit zeigen. Ich hoffe aber, dass wir in Sachfragen über alle Parteigrenzen hinweg zu einer Einigung kommen.