Der 16-jährige Schüler, der im Januar zurückkehrt, findet in seiner Wahlheimat alles super. Nur der Smog stört.

Santiago de Chile/Halstenbek. Niklas Wecker rattert um 6.30 Uhr in der Frühe. Nach dem Duschen gibt es ein schnelles Frühstück mit Gastmutter Patricia und seinem chilenischen "Bruder" Matias. Dann macht sich der 16-Jährige auf den Weg zur Schule. Das Instituto Sagrado Corazon liegt mitten in der chilenischen Hauptstadt Santiago. Dort leben sechs Millionen Menschen, seit Februar 2009 einer mehr: der Halstenbeker Gymnasiast Niklas Flint.

Ein Jahr auf der Südhalbkugel leben - der große blonde Junge hat sich in Chile einen Traum erfüllt. Zudem hat der Aufenthalt in Südamerika Niklas Haltung zum Leben und zum Alltag ganz gewaltig verändert. "Im Sommer 2008 habe ich mich bei mehreren Agenturen um einen Austauschplatz beworben und die Länder Chile, Argentinien und Uruguay angekreuzt", erinnert sich Niklas. Nach einem Auswahlwochenende habe er von der Organisation "American Field Service" (AFS) die Zusage für Chile bekommen. Die Eltern, die beiden Brüder und das deutsche Leben für ein Jahr hinter sich zu lassen, das erforderte ein Menge Mut. "Klar. Anfangs habe ich mich ein bisschen allein gefühlt, aber das ging sehr schnell vorbei. Und dann fühlte ich mich plötzlich so gut wie noch nie in meinem Leben."

Nach neun Monaten hat sich Niklas komplett eingelebt in Santiago de Chile. Bis auf die vielen Straßenhunde unterscheide sich die chilenische Hauptstadt nicht wesentlich von einer deutschen Großstadt, meint Niklas. "Hier ist alles suuuuuuper", sagt der Elftklässler. "Wenn mich überhaupt was stört, dann ist es die dreckige Luft. Den Smog kann man richtig sehen und vor allem in der Nase spüren." Ihm gefalle ansonsten alles in Chile und Santiago. "Das fängt beim Essen an und hört bei den Leuten auf." Die Menschen gehen sehr herzlich miteinander um. "Sie sind sehr liebevoll", sagt Niklas. "Man umarmt sich hier ständig. Nicht nur zur Begrüßung oder zum Abschied."

Das Schulleben unterscheide sich nicht wesentlich von dem im Halstenbeker Wolfgang-Borchert-Gymnasium. "Das Fächerangebot ist ganz ähnlich, allerdings gibt es nur Englisch als einzige Fremdsprache". Mit der spanischen Sprache sei er schnell zurechtgekommen. "In Halstenbek hatte ich ein Jahr Spanisch. Das war nicht viel, hat aber geholfen, schnell zu lernen. Der Rest kam von alleine. Man darf einfach nicht zu schüchtern sein und muss sich trauen zu sprechen. Dann geht das ganz schnell." Unterschiede zur Schule in der Heimat: Die Schüler in Chile haben ab der ersten Klasse jeden Tag bis 15.30 Uhr Schule. Die Schulen sind tagsüber verschlossen. Die Schüler dürfen das Schulgebäude ohne Erlaubnis der Eltern während der Schulzeit nicht verlassen.

Über das Leben in Deutschland hat Niklas seinen chilenischen Freunden Einiges beibringen können. Denn: "Die Chilenen wissen zwar, dass es Deutschland gibt. Aber darüber hinaus nicht viel mehr, als dass Hitler Deutscher war und dass dort 2006 die Fußballweltmeisterschaft stattgefunden hat."

Bevor Niklas am 11. Januar zurück nach Deutschland fliegt, geht es im Dezember mit den Schulfreunden auf Klassenreise nach Camboriou in Brasilien. Und dann wird noch chilenische Weihnacht gefeiert. Festtagsgans und Feiertagstorte sind in Südamerika nicht angesagt. Die genauen Pläne kennt Niklas noch nicht. "Ich denke, dass wir Weihnachten mit der ganzen Familie bei einem Onkel im Pool verbringen werden."

An die Rückkehr nach Deutschland denkt Niklas noch nicht. Lieber will er die letzten Wochen in Chile genießen. "Die Erfahrung als Austauschschüler ist das Beste, was ich je in meinem kurzen Leben erlebt habe." Ein anderes Land, eine andere Sprache, eine andere Kultur, andere Leute - das habe ihn verändert, sagt Niklas. Vor allem eines habe er in Chile gelernt: "Geld hat überhaupt nichts zu bedeuten. Meine Familie hier hat ziemlich wenig Geld. Aber wir leben sehr glücklich in einem kleinen Haus am Rand von Santiago zusammen."

Ein Jahr in einem Land fernab von Zuhause kann Niklas allen Schülern daheim empfehlen: "Ich glaube, dass man sich 12 000 Kilometer entfernt von zu Hause und auf sich alleine gestellt enorm weiter entwickelt."