90 Barmstedter Jugendliche lernten zwei Tage lang die Entscheidungsprozesse in der Kommunalpolitik hautnah kennen.

Barmstedt. So voll besetzt war die Kommunale Halle im Barmstedter Rathaus noch nie. 90 Schüler - der komplette elfte Jahrgang des Carl-Friedrich-von-Weizsäcker-Gymnasiums - hatten den Saal in Beschlag genommen für ein Planspiel. Zwei Tage lang hatten sie mit Unterstützung der Friedrich-Ebert-Stiftung die kommunalpolitischen Entscheidungsprozesse studiert. Dabei wurden sie von Ratspolitikern unterstützt. Anschließend spielten die Schüler eine Stadtvertretersitzung unter realen Bedingungen nach - mit Anfragen, Anträgen, Abstimmungen und den echten Mehrheitsverhältnissen.

Bürgervorsteher Wilfried Quell, der die gespielte Sitzung leitete, war am Ende der zwei Stunden begeistert: "Es war spitze mit euch", lobte er die Jugendlichen. "Vielleicht wird dies einige dazu bewegen, wirklich einmal Kommunalpolitik zu betreiben. Wir alle können junge Leute gebrauchen." Dariush Fard (16), der mit seinen Mitschülern die SPD-Fraktion bildete, nahm dieses Angebot sogleich an. "Ich kann mir sehr gut vorstellen, in die Politik zu gehen." Denn sie hätten jetzt hautnah erfahren, wie Angelina Dill fand: "Das ist gar nicht so schwer."

Schwerer hatte es da schon Bürgermeister Nils Hammermann, dem die Schüler auf den Zahn fühlten: Warum die hygienischen Zustände in den sanitären Anlagen in den Schulsporthallen so schlecht seien, wollten sie von ihm wissen. Wann es endlich ein Jugend-Café gäbe? Oder warum die Schulbusverbindung gerade am Donnerstagnachmittag so miserabel sei. Diese Fragen formulierten die Jugendlichen auch in Anträgen, die sie dann meist einstimmig befürworteten. Hammermann kam ganz schön ins Schwitzen, zitierte seine Hausmeister, die die Verhältnisse in den Toiletten und Duschen für in Ordnung darstellten und verwies auf das Jugendzentrum, das doch gut angenommen werde. Bei der Busverbindung konnte er sogar punkten mit dem Angebot der KViP, die wirklich mehr Busse nach Quickborn und Hemdingen einsetzen wolle. Das war real.

Doch die Schüler-Politiker fassten nach. Die Aussagen des Hausmeisters seien falsch, betonten sie und fragten: Warum verbessere sich die Busanbindung nach Ellerhoop nicht?

Diese Diskussionskultur zu üben, sei Sinn der Übung, erklärt Peter Hurrelbrink von der Friedrich-Ebert-Stiftung. "Anfangs sind die Schüler meist etwas verschüchtert, wenn sie frei vor Publikum sprechen sollen. Doch dann werden sie schnell warm und fangen an, dem Bürgermeister zu widersprechen. Das haben die Schüler in Barmstedt gut gemacht." Das Ziel seiner Institution, die solche Planspiele bundesweit initiiere, sei es, "Demokratie erlebbar zu machen. Wir wollen zeigen, wie Demokratie funktioniert und welche Spielregeln sie hat. Die Schüler lernen dabei, dass Politik Spaß machen kann. Das ist eine lebensnahe Form politischer Bildung."

Alle Beteiligten schienen begeistert von diesem Polit-Spiel. "Ich würde es jederzeit wieder machen", sagte Jil Bornholdt (17). Hans-Helmut Sternberg, der Vize-Schulleiter, sagte dazu: "Ich kann mir gut vorstellen, dass wir dies gern wiederholen werden, auch ohne die Ebert-Stiftung."