Bürgervorsteherin Heike Baumann ergriff die Initiative, um Jugendlichen kommunale Entscheidungen näher zu bringen. Die 10e testete das Modell.

Uetersen. Die 15 Jahre alte Seval hat sich schon einmal eine Ratsversammlung im Original angeschaut. Ihre Beurteilung: "Das war überhaupt nicht spannend für Jugendliche." Jetzt erlebte sie, wie das auch anders gehen kann. Dabei saß sie selbst in der ersten Reihe im Ratssaal, als Pressesprecherin der "blauen Fraktion".

Gemeinsam mit dem Mädchen beteiligte sich die gesamte Klasse 10e der Gustav-Heinemann-Realschule an dem Planspiel Kommunalpolitik. Und dieses Mal fiel Sevals Beurteilung besser aus: "Es haben alle toll mitgemacht und munter diskutiert."

Die Idee für die Unterrichtseinheit "Wir üben Kommunalpolitik" hatte Bürgervorsteherin Heike Baumann. Sie ist die höchste Repräsentantin der Stadt und engagiert sich ehrenamtlich, während Bürgermeisterin Andrea Hansen in der Rangordnung an zweiter Stelle kommt. Sie lenkt hauptamtlich die Stadtverwaltung.

Wie bei den Großen mussten auch die Schüler zu Beginn der "Sitzung" ihre Vorsitzenden und Sprecher wählen. Und wie im "echten" Uetersen lag die Leitung der Ratsversammlung und das höchste Amt in weiblicher Hand: Diese Aufgabe übernahm Mara Lea Kolberg (gelbe Fraktion, 16).

Um diesen Job zu vergeben, mussten sich die jeweils sechs Vertreter der blauen und der gelben Fraktion einigen. Denn das Amt fällt in die Hände der größten Fraktion. Um beide Seiten zufriedenzustellen, einigten sich die Fraktionsmitglieder, dass die Gelben die Bürgervorsteherin und die Blauen den stellvertretenden Bürgermeister stellen. Felix Winkler (15) wurde so zum inoffiziellen Vertreter von Andrea Hansen gewählt.

Wer zu welcher Fraktion gehörte, war vorher ausgelost worden. Alles andere blieb dem Verhandlungsgeschick überlassen. Um die Jugendlichen vorsichtig an die Kommunalpolitik heranzuführen, standen den Schülern neben Bürgervorsteherin und Bürgermeisterin die Auszubildenden der Verwaltung sowie Mitglieder der Ratsversammlung zur Seite. "Toll, wie die Jungen und Mädchen diskutiert haben", sagt Ratsherr Rolf Maßow (FDP).

Auch Lehrer Jan Pape freute sich, dass das kommunalpolitische Experiment gelungen war. Und noch jemand äußerte sich am Ende der Veranstaltung überaus positiv: Stadtjugendpflegerin Silke Scheffler. Sie hatte ebenfalls eine Schülergruppe betreut. Die Jungen und Mädchen versuchten von außen als Jugendbeirat Einfluss auf die Fraktionen zu nehmen. Mit Erfolg: Denn der von den Organisatoren des Planspiels zur Debatte gestellte Antrag, einen Hochseilgarten in Langes Tannen zu errichten, wurde fast einstimmig abgelehnt. Luise Marquardt (15), Pressesprecherin des "Jugendrats" erklärte: "Es gibt so eine Anlage in Heist. Die ist von uns aus gut zu erreichen. Deshalb sollte nicht unnötig Geld ausgegeben werden."

Pragmatisch entschied sich die Mehrheit noch aus einem anderen Grund gegen den Klettergarten: der Erbvertrag für Langes Tannen sieht vor, dass der Park bis 2050 nicht erheblich verändert werden darf.

Mit dem Planspiel haben die Jugendlichen, denen viele andere Klassen folgen, eins gelernt: Sich einzumischen, lohnt sich. Deshalb erklärte sich 13 der 26 Realschüler spontan bereit, im echten Jugendbeirat der Stadt mitzuarbeiten - der Stadt und der Politik werden die jungen Leute gut tun.