Erst verhinderte die Staatssicherheit, dass der Zeichner studieren durfte. Nach der Flucht umwarb ihn die Stasi.

Wedel. Jürgen Pieplow war der begabteste Zeichner im Abitursjahrgang 1954 seines Rostocker Gymnasiums - doch Partei und Staat wollten nicht, dass er studiert. "Dreimal habe ich mich um einen Platz an der Kunsthochschule beworben - immer bekam ich Absagen, weil ich der Sohn eines ehemals selbstständigen Malermeisters war. Das war für mich eine herbe Enttäuschung, da bin ich abgehauen", berichtet Pieplow, der am Sonnabend, 3. Oktober, im Wedeler Erzählcafé (siehe Infokasten) Bilder und Zeichnungen von Grenzanlagen zeigen wird.

Mit einem Trick schaffte es Pieplow noch vor dem Mauerbau sich nach Berlin abzusetzen. In Rostock löste er eine Karte für den Spreewald und machte sich mit Rucksack auf den Weg. Beim Umsteigen in Berlin unterbrach er dann seinen "Wanderausflug", bewarb sich an der Kunsthochschule - und wurde mit Kusshand genommen.

Der Kontakt in seine alte Heimat riss nicht ab. "Damals waren Besuche noch möglich. Und immer, wenn ich meine Eltern wieder sehen wollte, bekam ich Besuch von der FDJ und der ,Firma'", sagt Pieplow. Die Freie Deutsche Jugend bot einmal sogar eine höchst attraktive Aktivistin auf, um "den lieben Jugendfreund" wieder dauerhaft in die DDR zu locken, und der Staatssicherheitsdienst zog auch einige Register, doch Pieplow lehnte dankend ab.

"An der Kunsthochschule engagierte ich mich im Asta, war sogar Sprecher für auswärtige Beziehungen. So wurde ich für die Staatssicherheit interessant, die mich als informellen Mitarbeiter anwerben wollte", sagt Pieplow.

Je nach politischer Großwetterlage waren die Besuche bei den Eltern leichter oder schwerer möglich. Kurz nach dem Mauerbau gab es Probleme. Pieplow kam auf die Idee, von Berlin aus nach Dänemark zu reisen - Transit via Rostock. Seine Mutter fragte bei der Volkspolizei, ob er denn dort kurz mal aussteigen durfte. Die Erlaubnis wurde mündlich erteilt, und alles ging gut.

Beim zweiten Mal erzählte die Mutter jedoch, der Volkspolizist habe ein wenig rumgedruckst - Pieplow wurde misstrauisch und blieb im Zug. Sein Glück, denn in Warnemünde nahm ihn ein sichtlich überraschter Stasi-Offizier ins Gebet. Er hatte damit gerechnet, dass Pieplow aussteigen würde - um ihn so wegen Bruch des Transitabkommens festzusetzen. "Die wollten mich hops nehmen - das habe ich alles nach der Wende aus meiner Stasi-Akte erfahren", erzählt Pieplow.

Seit 1969 lebt er in Wedel und wurde in seiner Wahlheimat wegen seiner Vergangenheit im Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) und seiner sozialen Grundeinstellung weiter umgarnt. Pieplow erinnert sich: "Der damalige DKP-Vorsitzende Ewald Stiefvater wollte mich in die Partei locken. Doch mit denen wollte ich nichts zu tun haben, und bin lieber in die SPD eingetreten. "

Für die DKP und "Die Linke" hat er immer noch nichts übrig. Pieplow sagt: "Die Altriege der DKP besteht aus tragikomischen Figuren, die ihre Lebenslüge nicht verlassen können. Und bei den Linken sind viele dabei, die auf der sozialen Frage ihr Süppchen kochen und sich mit SED-Vergangenheit der Partei nicht auseinandersetzen wollen."