Es war ein Momentversagen. Ein so folgenschweres, dass es Fußgängerin Ruth R. (89 gest.) das Leben kostete - und Kurierfahrer Wladislaw W. (28) gestern auf die Anklagebank des Amtsgerichts Pinneberg brachte. Das Urteil: eine Geldstrafe in Höhe von 2250 Euro.

Wedel/Pinneberg. Fahrlässig den Tod eines Menschen verursacht zu haben: Diesem Vorwurf musste sich der Hamburger stellen. Und Wladislaw W. redete nicht lange um den heißen Brei herum, sondern gestand seine Schuld gleich zu Beginn des Verfahrens ein. Wie es zu dem Unfall kommen konnte, wusste er allerdings nicht zu erklären.

Es war gegen 12.25 Uhr am 12. März 2009, als die Seniorin in Wedel an der Ecke Gorch-Fock-Straße/Rathausplatz, direkt gegenüber dem Verwaltungsgebäude, die Straße auf dem dortigen Zebrastreifen überqueren wollte. Einige Meter entfernt hatte Wladislaw W. den Kleintransporter geparkt, eine Sendung ausgeliefert. Als er wieder anfuhr, erfasste der langsam fahrende Lieferwagen - etwa zwölf bis 17 Stundenkilometer - die alte Dame, die sich bereits 1,5 Meter auf der Fahrbahn befand. Ruth R. prallte mit dem Kopf auf den Asphalt und zog sich so schwere Verletzungen zu, dass sie einige Stunden später im Krankenhaus verstarb.

"Ich bin angefahren, habe links geguckt, habe rechts geguckt, aber ich habe sie nicht gesehen", so der Angeklagte mit leiser Stimme. Der in Russland geborene 28-Jährige ist seit vier Jahren für eine Hamburger Firma als Kurierfahrer tätig, liefert Sendungen in Wedel aus. "Diese Straße fahre ich vier bis fünfmal täglich, nie hat es Probleme gegeben."

Es habe sehr stark geregnet, weiß Wladislaw W. noch. Und die Scheiben seien sehr stark beschlagen gewesen. "Vielleicht hat es auch daran gelegen", mutmaßt er. Und fügt hinzu. "Es ging ja doch alles sehr schnell."

Das Unfallopfer sei 89 Jahre alt gewesen, entgegnet Richterin Katja Komposch. "In dem Alter sprintet man nicht mehr auf die Fahrbahn." Die Richterin schaut sich Fotos vom Unfallort an. Die Straße ist schnurgerade, keine Büsche, Bäume oder geparkte Autos versperren die Sicht. "Das ist alles sehr übersichtlich. Ich verstehe nicht, wie sie das Opfer übersehen konnten", so die Richterin. Verteidiger Ingo Klena springt ein. "Mein Mandant versteht das selber nicht. Der Vorwurf der Fahrlässigkeit wird eingeräumt."

Dank der Einlassung des Angeklagten konnte Richterin Komposch auf eine umfangreiche Beweisaufnahme verzichten. Sie sprach von einem "klassischen Momentversagen, das nicht passieren sollte, aber bei jedem Autofahrer schon einmal vorgekommen ist". In diesem Fall habe es leider tödliche Folgen gehabt. Mit ihrem Urteil blieb Komposch unter der Forderung des Staatsanwalts, der eine Geldbuße von 3000 Euro beantragt hatte. Verteidiger Rena hatte eine deutlich mildere Strafe gefordert, sich jedoch nicht auf eine Höhe festgelegt.

Wladislaw W. arbeitet noch heute als Kurierfahrer in Wedel - und hat sich inzwischen mit der ältesten Tochter des Unfallopfers ausgesprochen.