Staatsanwaltschaft, Landesregierung und Jugendamt wollen gemeinsam eine Perspektive bieten.

Kreis Pinneberg. Bei der Bekämpfung der Jugendkriminalität geht der Kreis Pinneberg neue Wege. Gestern startete ein landesweites Pilotprojekt, das Straftätern zwischen 16 und 21 Jahren die Chance geben soll, im Arbeitsleben Fuß zu fassen. Sie können ab sofort vom Richter dazu verpflichtet werden, an Qualifizierungsmaßnahmen der Agentur für Arbeit oder der ARGE teilzunehmen.

Das Projekt sei angesichts steigender Jugendkriminalität alternativlos, so Justizstaatssekretär Heinz Maurus. "Die Gewaltbereitschaft unter Heranwachsenden steigt. Wie ernst die Lage ist, lesen wir jeden Tag in der Zeitung." Durch das Projekt sollen die Agentur für Arbeit sowie die ARGE in die Lage versetzt werden, schnell und gezielt Kontakt zu den gefährdeten Jugendlichen aufnehmen zu können, um ihnen über Qualifizierungsangebote einen Weg in eine Ausbildung oder einen Arbeitsplatz zu eröffnen. Es basiere auf der Erkenntnis, dass Heranwachsende ohne feste Tagesstruktur erheblich anfälliger für Straftaten seien.

Weil die Betroffenen häufig von sich aus keinen Zugang zum Ausbildungs- und Arbeitsmarkt suchen, soll ihnen nun durch Zwang geholfen werden. "Wir wollen den Jugendlichen Wege aus der Perspektivlosigkeit vermitteln", betont der Itzehoer Oberstaatsanwalt Ralph Döpper. In Frage kämen Heranwachsende, die im Bereich der mittleren Kriminalität (etwa gefährliche Körperverletzung oder Einbruch) auffallen und die Anspruch auf staatliche Sozialleistungen haben. "Die Polizei wird bei der Aufarbeitung der Fälle des persönliche Umfeld des Täters prüfen", so Döpper weiter. Komme er für eine Qualifizierungsmaßnahme in Frage, werde dies der Jugendgerichtshilfe des Kreises gemeldet. Die stellt den Kontakt zwischen dem Heranwachsenden und der Agentur für Arbeit beziehungsweise der ARGE her. Der Besuch der vorgeschlagene Maßnahme kann dann im Jugendstrafverfahren vom Richter angeordnet werden - etwa als Bewährungsauflage. Kommt der Verurteilte dem nicht nach, wird die Bewährung widerrufen, es folgt die Jugendstrafanstalt. Bei einem milderen Urteil kann als Druckmittel ein sogenannter Ungehorsamkeitsarrest verhängt werden, wenn der Heranwachsende die Maßnahme abbricht.

"Wir werden in naher Zukunft auch diese jungen Menschen als Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt brauchen", so Thomas Kenntemich, Chef der Agentur für Arbeit Elmshorn. Nur wenn - wie im Rahmen dieses Modellprojekts - alle Beteiligten zusammenarbeiten würden, könnten die Fähigkeiten und Stärken dieser Jugendlichen erkannt und gefördert werden.

Das sieht Landrat Wolfgang Grimme, dessen Jugendamt mit im Boot ist, genauso. "Bisher haben in diesen Fällen viele Stellen nebeneinander her oder im schlimmsten Fall sogar gegeneinander gearbeitet." Alle Partner wollen nach einem Jahr überprüfen, ob die Kooperation wie erhofft funktioniert. Ob das Projekt ein Erfolg wird und landesweit an den Start geht, kann allerdings erst nach einigen Jahren sicher gesagt werden.