Pinneberg investiert in eine neue Heiztechnik: Zum ersten Mal wird in Schleswig-Holstein Abwasser angezapft. Das Vorhaben kostet 48.000 Euro.

Heidgraben. Das Heidgrabener Gemeindezentrum mit Schule, Kindergarten und Feuerwache bekommt eine Heizungsanlage, wie sie bislang im Land einmalig ist. Gespeist wird die Heizzentrale mit Wärme aus dem nahe gelegenen Abwassersammler.

Das Ganze ist nicht anrüchig. Lediglich die Wärme des Schmutzwassers wird abgezogen. "Und zwar um zwei Grad", schätzt Michael Rosenthal, Projektleiter beim kommunalen Dienstleistungsunternehmen Azv Südholstein, das früher ganz bodenständig als Abwasser-Zweckverband firmierte. Dieser Wärmeunterschied, eingefangen über einen 60 Meter langen Wärmetauscher im Rohr reicht aus, um wiederum mit Hilfe einer Wärmepumpe (siehe Infokasten) so viel Energie zu erzeugen, dass ein Heizkessel sauber arbeiten kann.

Um diese Wärmetauscher in den großen Azv-Sammler, der hauptsächlich Schmutzwasser aus Elmshorn aufnimmt, einzubauen, hat der verband Spezialisten aus Geisingen (Baden-Württemberg) eingekauft. Die sind bundesweit aktiv, verlegten vorher Wärmetauscher in Bochum und nach Heidgraben ist das große Hamburg an der Reihe. Weiter geht es nach Berlin und zurück in Richtung Leipzig.

In der Schweiz hat sich das Prinzip "Wärme aus Abwasser" bereits seit vielen Jahren bewährt. Ganze Wohnquartiere werden so versorgt. In Deutschland sind es bislang überwiegend Pilotprojekte.

Heidgrabens Bürgermeister Udo Tesch ist deshalb stolz, dass seine kleine Gemeinde zu den ersten im Norden gehört, die sich an die neue Technik wagen. Der Zeitpunkt war für beide Partner günstig: Der Verband musste ohnehin in diesem Bereich die alten Kanäle sanieren. "Und wir hätten sowieso eine neue Heizungsanlage einbauen müssen", sagt Udo Tesch.

Wirtschaftlich steht noch ein Fragezeichen über dem Modell. "Wir hoffen, dass wir am Ende plus minus null dabei rauskommen", sagt Azv-Projektleiter Rosenthal. Auf jeden Fall springt ein Gewinn für die Umwelt dabei raus: Bis zu 45 Prozent klimaschädliches Kohlendioxids wird im Vergleich zu herkömmlichen Heiztechniken eingespart.

Lutz Altenwerth, Vorstand des Azv Südholstein, sagt: "Als Umweltunternehmen sind regenerative Energien für uns ein wichtiges Thema. Mit dem Pilotprojekt setzen wir ein Zeichen für eine klimafreundliche Energieversorgung in Schleswig-Holstein." Leider ohne Fördermittel der Bundesregierung, denn dafür hätten die Einsparsummen des Kohlendioxids durch die neue Technik noch höher sein müssen.

Jetzt hoffen die beteiligten noch andere Finanztöpfe anzapfen zu können. Sei es wie es sei. Bürgermeister Udo Tesch ist zuversichtlich, dass sich seine Abwasserzapfstelle lohnt. Er sagt: "Das Projekt wird Nachahmer finden."