Stell Dir vor, es ist Gerichtsverhandlung und kein Zeuge kommt. Ein Gedankenspiel, das für Richter, zwei Schöffen, Staatsanwalt und zwei Anwälte gestern Wirklichkeit wurde.

Itzehoe/Elmshorn. Gleich mehrere wichtige und geladene Zeugen erschienen wiederholt nicht im Gerichtssaal, einer konnte schließlich von der Polizei ausfindig gemacht und polizeilich vorgeführt werden. Mangels Zeugen musste im Landgericht Itzehoe gestern ein Prozess vertagt werden. Wären alle Zeugen erschienen, hätte das Gericht ein Urteil finden können.

Das Landgericht Itzehoe soll in einer Berufung klären, ob das Urteil des Elmshorner Amtsgerichtes aus dem Februar dieses Jahres gegen den Elmshorner Danny P. rechtens ist. Der 33-Jährige war im Februar zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe und einer Schmerzensgeldzahlung in Höhe von 250 000 Euro verurteilt worden. Demnach soll Danny P. im Oktober 2007 in der Elmshorner Kneipe "Kult" dem 43 Jahre alten Stefan C. wegen eines Streites um eine Frau ein Glas ins Gesicht geschlagen haben. Der auf dem rechten Auge blinde Stefan C. verlor als Folge des Schlages auch rechts das Augenlicht.

Der vorgeführte Zeuge Stefan H. (34) lieferte dem Gericht dann auch wichtige Details zum Tathergang und erkannte zudem den Angeklagten Danny P. im Gerichtssaal eindeutig als denjenigen, der dem Geschädigten in besagter Nacht "ein Trinkglas ins Gesicht geschlagen hat". Das Gericht will die Verhandlung nun am Montag, 5. Oktober, um 9 Uhr fortsetzen und dann einzelne Zeugen notfalls wieder mit der Hilfe der Polizei vorführen lassen. Immer häufiger kommt es vor, das geladene Zeugen nicht vor Gericht erscheinen. "Das ist für alle Beteiligten höchst unerfreulich", so Rechtsanwalt Christoph Heer, Verteidiger des Angeklagten Danny P. "Für den Angeklagten, der hofft, dass Zeugen seine Unschuld belegen können. Für das Opfer, das die Aussagen braucht, damit Recht gesprochen wird." "Vor allem in der Berufungsinstanz nimmt es zu, dass Zeugen fehlen."

Ein Grund dafür, dass Zeugen Gerichtsladungen nicht folgten, sei die Annahme, dass Wiederholungen der Aussagen, die bereits vor einem anderen Gericht gemacht wurden, nicht mehr nötig sei. Das Gegenteil ist der Fall: Ein Berufungsgericht muss alle Beweise neu prüfen und alle Zeugen selbst anhören, um festzustellen ob das zu überprüfende Urteil zu Recht gefällt worden ist. Nicht selten kommt ein Berufungsgericht zu einem anderen Urteil.

Bleiben geladene Zeugen einer Gerichtsverhandlung ohne Entschuldigung fern, kostet das den Staat Geld. Deshalb kann das unentschuldigte Nichterscheinen für den geladenen Zeugen teuer werden: "Er muss die Kosten der Säumnis tragen und es wird in jedem Fall ein Ordnungsgeld verhängt", so Lysann Mardorf, Pressesprecherin des Landegerichtes Itzehoe. "Wenn das nicht gezahlt wird, kann eine Ordnungshaft für die Dauer von ein bis zwei Tagen angeordnet werden.

Wenn ein Zeuge nur schwer ausfindig zu machen ist, muss der Richter entscheiden, ob der Zeuge festgesetzt wird. Das bedeutet, er kann schon am Tag vor der Verhandlung festgenommen und bis zum Termin festgehalten werden.