Eine kleine Pumpe gibt Insulin in den Kreislauf, wenn der Blutzuckerspiegel korrigiert werden muss.

Wedel. Ein Leben ohne zerstochene Fingerkuppe oder unangenehme Bauchspritzen wäre für Diabetiker ein echter Segen. Drei schleswig-holsteinische Unternehmen, darunter die m-u-t AG aus Wedel, haben sich die Aufgabe vorgenommen, die Diabetes-Therapie zu revolutionieren. Sie entwickeln eine künstliche Bauchspeicheldrüse, die ähnlich einem Herzschrittmacher unter dem Rippenbogen verpflanzt wird und automatisch die Insulingabe steuert.

Neben m-u-t gehören die beiden Kieler Medizintechnikunternehmen Tricumed und Tecura zum Projektteam. Acht Mitarbeiter, darunter vier Neulinge, sind mit dem Vorhaben beschäftigt. Für die dreijährige Entwicklungsphase rechnen die Verantwortlichen mit Kosten in Höhe von 4,6 Millionen Euro. Die Hälfte davon finanziert Kiel mit Mitteln des Landes und der Europäischen Union.

Die Förderbescheide überreichte Wirtschafts- und Wissenschaftsminister Jörn Biel bei einem Besuch bei m-u-t in Wedel. Er äußerte sich beeindruckt von der Leistungsfähigkeit der drei Medizintechnikunternehmen. Biel sagte: "Das Projekt ist ein hochinnovativer Beitrag zur Entwicklung neuer Diabetestherapien und zugleich ein Aushängeschild für die in Schleswig-Holstein überproportional stark vertretene Medizintechnikbranche."

Mit der implantierbaren, künstlichen Bauchspeicheldrüse soll Diabetikern ihr aufwendiges Krankheitsmanagement erleichtert - viele müssen täglich mehrfach messen und spritzen - und Spätfolgekrankheiten verhindert werden. Der Bedarf ist enorm. M-u-t-Vorstandssprecher Heino Prüß sagt: "Mehr als 180 Millionen Menschen weltweit leiden laut Weltgesundheitsorganisation WHO an der Volkskrankheit Nummer eins. Sechs Millionen alleine in Deutschland, Tendenz steigend. Was sich als nüchterne Zahl liest, heißt für die Betroffenen tagtäglich: disziplinierter Lebensstil, Broteinheiten zählen, Blutzucker messen und Insulin spritzen. Ein künstliches Pankreas wäre eine kleine Sensation und würde unzähligen Diabetikern zu einem fast normalen Leben verhelfen."

"Die eigentliche Herausforderung steckt im Herzstück der nicht-invasiven Methode - die Blutzuckermesstechnik. Ein Mikrophotometer, ein komplexes Sensor- und Elektroniksystem, durchleuchtet mit Infrarotstrahlung die Blutgefäße, misst den Zuckergehalt im Blut und vergleicht die Daten mit eingespeicherten Referenzwerten. Weichen sie voneinander ab, treten Steuereinheit und Pumpe in Aktion", erklärt m-u-t-Vorstand Prüß.

Der Vorteil für die Patienten: Sie könnten bis zu drei Monate mit einer Insulingabe auskommen, sagt tecura-Geschäftsführerin Christiane Laue. Das Depot für die implantierte Pumpe, die über einen festen Port unter der Haut angesteuert wird, müsste dann vom Arzt oder dem Patienten nachgefüllt werden.

Wenn das Projekt erfolgreich läuft und wissenschaftlich fundiert begutachtet wird, folgen ab 2011 die klinischen Studien. In frühestens sechs Jahren könnte das Modell in der Diabetes-Therapie eingesetzt werden.