Reisende sahen Metallteile am Fenster vorbeifliegen, Gegenstände wurden durch die Waggons geschleudert. Der Lokführer und drei Reisende wurden leicht verletzt. Die Unfallursache ist ungeklärt.

Tornesch. "Das war wie eine Vollbremsung, wie mit dem Auto. Erst ruckte es nur ein bisschen, dann stand der Zug auch schon." Petra Petrikowski (47) saß im zweiten Wagen hinter der Lokomotive, als der Regionalexpress Kiel - Hamburg gestern um 9.15 Uhr kurz hinter dem Bahnhof Tornesch aus noch ungeklärter Ursache auf einen Bagger prallte. Der Zusammenstoß verlief für die rund 400 Fahrgäste glimpflicher als es die total demolierte Front der E-Lok vermuten lässt. Es entstand hoher Sachschaden.

"Das hat noch nicht mal richtig gekracht", sagt die Barmstedterin. Panik im Zug habe es auch nicht gegeben. "Der Lokführer wollte wohl seine Bremsen testen, lästerten einige Mitreisende", berichtet Petra Petrikowski, die als Reinigungskraft in einem Altenheim arbeitet. Kurz nachdem der Zug stand, kam auch schon die Ansage: "Es hat einen Unfall gegeben."

Andere Fahrgäste sehen Metallteile am Fenster vorbeifliegen, als die Notbremsung eingeleitet wird. Ein paar Sachen wie Brillen und Zeitschriften seien durch den Waggon geflogen, sagt Gerlinde Wendelborn, die mit ihrer 80-jährigen Mutter Franziska von Rendsburg nach Leer reisen wollte. Nun wird die Urlaubsfahrt erst einmal in Tornesch unterbrochen. Am Beschwerlichsten war für die Fahrgäste das Aussteigen aus freier Strecke. "Das Gleisbett ist einen dreiviertel Meter unter der letzten Stufe", sagt Birger Schwidop (20) aus Leipzig. Der Student war mit seinem Freund Florian Eichhorn (19) auf dem Rückweg vom Headbangers-Festival. Erst in Elmshorn waren die Musikfans eingestiegen. Ein paar hundert Meter nach dem Halt in Tornesch hieß es dann aussteigen.

Feuerwehr, Polizei und weitere Einsatzkräfte sind schnell vor Ort und behilflich beim Verlassen des Zugs. Dann geht in einer langen Schlange mit Sack und Pack, Koffern und Tornistern über die in beiden Richtungen gesperrten Gleise zum etwa 400 Meter entfernten Bahnübergang Gärtnerweg. Von dort ist es nicht mehr weit bis zur Johannes-Schwennesen-Schule. Auf dem Pausenhof der Grundschule machen die Reisenden Station, bekommen Getränke und warten darauf, dass die ersten Busse sie nach Pinneberg zur Weiterfahrt mit der S-Bahn in Richtung Hamburg bringen. Wer es ganz eilig hat, versucht per Handy ein Taxi zu bekommen. Doch die sind schnell ausgebucht. Andere Fahrgäste benachrichtigen mit dem Mobil-Telefon ihre Angehörigen. Auf dem Schulhof herrscht bald ein solidarisches Miteinander. Die Passagiere unterhalten sich, man fragt, woher man kommt und wohin es gehen sollte. Manche der verhinderten Reisenden bilden Fahrgemeinschaften, wenn sie doch noch ein Taxi ergattern können.

Inzwischen ist ein Busersatzverkehr auch für die Passagiere der weiteren Züge auf der meist befahrenen Bahnstrecke Schleswig-Holseins eingerichtet worden. Um 11.30 Uhr kann der Zugverkehr wieder auf einem Gleis freigegeben werden. Am späten Abend soll die gesamte Strecke wieder frei sein. Wie es zu dem Unfall kommen konnte wird noch untersucht. Der für Schienenarbeiten eingesetzte Bagger stand genau auf dem Gleis, auf dem sich der Regionalexpress näherte. Der Ausleger samt Schaufel bohrte sich wie eine riesiger Speer in das Führerhaus der Lok. Fast ein Wunder, dass nur der Lokführer und drei Reisende leicht verletzt wurden.

Petra Petrikowski setzte nach dem Schock die Fahrt über Pinneberg fort. Den Hamburg-Ausflug will sie sich nicht nehmen lassen.