Mit einer Wellblech-Verkleidung sollen die Passanten geschützt werden. Doch die Begutachtung ergab: Baumarkt-Qualität.

Halstenbek. Dies ist die Geschichte einer schier endlosen Schweinerei, die sich über mehr als ein Vierteljahrhundert hin zieht und jetzt ein provisorisches Ende gefunden hat. Es geht um den Siebentunnel, jene Unterführung am Halstenbeker S-Bahnhof Krupunder.

Seit Jahrzehnten werden vor allem Fußgänger und Radfahrer mit Ausscheidungen bekleckert, die mal von oben, mal seitlich an der Tunnelwand heruntertropfen. Und genau so lange versuchte die Gemeinde Halstenbek, meist erfolglos, mal mit eigenen Mitteln, mal mit Hilfe der Deutschen Bahn, dem Schmuddelkram ein Ende zu bereiten.

Denn der Siebentunnel, der von den Halstenbekern längst als Angströhre, Schandfleck und Tropfsteinhöhle bezeichnet wurde, ist als Bauwerk Eigentum der Bahn AG. Doch die Eisenbahner schoben die Probleme jahrelang aufs Abstellgleis - bis es richtig ernst wurde.

Im Auftrag und auf Kosten der Gemeinde Halstenbek hatte das Pinneberger Nordlabor im Oktober 2000 die Leckagen analysiert. Das erschreckende Ergebnis: Es handelte sich um hoch gesundheitsgefährdende, als krebserregend eingestufte Polycyclische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), die neben den weniger stark konzentrierten Polychlorierten Biphenylen (PCB) festgestellt wurden. Quelle des Übels, war Teeröl, mit dem früher die hölzernen Bahnschwellen imprägniert wurden.

Nun kam die Bahn endlich auf Touren: Die Verunreinigen wurden entfernt. Doch das Abdichten der Lecks erwies sich als Flop. Erst nachdem wieder auf Kosten Halstenbeks für 56 000 Euro der Tunnel mit Hochdruckreinigern gesäubert und mit Kunststoff verputzt wurde, spendierte die Bahn 2004 einen Auffangbehälter. In den wird seitdem die giftige Soße geleitet und entsorgt.

Doch an der Tunneldecke trat weiterhin Feuchtigkeit aus. Die ist nach jüngsten Untersuchungen der Bahn verhältnismäßig harmlos. Das aus den Tunnelsegmenten für S-Bahn und den Fernverkehr tropfende, süßlich riechende Calciumcarbonat (Kalk) enthält Blei in einer ungefährlichen Konzentration. Als "eklig" beschreibt Halstenbeks Umweltberater Henning Willers die Flüssigkeit, die wie in einer Höhle Stalaktiten bildet und die Radlern wie Fußgänger voll kleckerte.

Doch damit ist nun Schluss, weil die Eisenbahner einen genialen Einfall hatten. Unter der Tropftunneldecke ließen sie eine Wellblechverkleidung einziehen, die die ganze Suppe abfängt. Per Plastikrohr wird das Gebräu seitlich abgeleitet und soll in der Botanik versickern. Allerdings scheint der Ablauf etwas zu kurz zu sein. Bauamtsleiter Holger Lange, der mit Bürgermeisterin Linda Hoß-Rickmann und Willers das Konstrukt besichtigte, sprach von "Baumarkt-Qualität". "Schön sieht anders aus", beurteilte die Verwaltungschefin die bahnbrechende Erfindung.

Willers kann mit dem Provisorium leben. Immerhin ist der Siebentunnel zwecks Komplettneubaus bereits für 2015 in den Tunnelbauzeitenplan der Deutschen Bahn aufgenommen worden!