Die Zahl der unter 40-Jährigen im Kreis Pinneberg, die einen Migrations-Hintergrund haben, steigt stetig an.

Kreis Pinneberg. Der deutsche Fußballnachwuchs ist ein illustres Beispiel dieser Entwicklung: Von den 14 Spielern, die gerade im Endspiel in Schweden Europameister in der Altersgruppe U 21 geworden sind, haben zehn einen Migrations-Hintergrund: Ihre Eltern oder sie selbst sind im Ausland geboren, sind aber deutsche Staatsbürger. Dies gilt bundesweit für rund 40 Prozent der unter 40-Jährigen. Auch im Kreis Pinneberg steigt die Zahl weiter.

Höchste Zeit, sich damit auseinanderzusetzen, sagt Jörg Steinbrenner, Fachbereichsleiter für Jugend und Soziales in der Kreisverwaltung. Als erster Landkreis in Schleswig-Holstein hat er rund 50 Experten zu einer Fachtagung Migration eingeladen. Erstes Ergebnis: Bis zum Herbst will die Kreisverwaltung ein Integrationskonzept erarbeiten, das der Kreistag dann verabschieden soll. "Deutschland ist ein Einwanderungsland", stellt Steinbrenner fest. "Da wächst ein Bevölkerungsanteil nach, der sehr relevant ist und den wir nicht mehr vernachlässigen dürfen."

Die Statistik spricht da noch eine andere Sprache, zitiert Steinbrenner neueste Erhebungen: Nur 6,5 Prozent der Kinder von Migranten machen im Kreis Pinneberg Abitur. Landesweit sind es immerhin 8,7 Prozent. Aber dieser Anteil liegt bei der Gesamtbevölkerung viermal so hoch. Umgekehrt beendet jeder siebte Jugendliche einer Einwandererfamilie im Kreis Pinneberg seine Schulzeit ohne Abschluss, ein Anteil, der dreimal über dem der deutschen Bevölkerung liegt. 287 von 333 Grundschülern, die voriges Jahr Sprachförderung erhalten haben, sind Migranten. Fast jeder dritte Arbeitslose im Kreis ist zugewandert. "Wir haben da offenbar einen Nachholbedarf im Kreis Pinneberg", ist sich Steinbrenner bewusst.

So soll das zu erarbeitende Integrationskonzept künftig die wichtigsten Kennzahlen der Migranten-Situation in der Gesellschaft - Arbeitslosigkeit, Schulbildung, Berufschancen - feststellen und fortschreiben.

Darüber hinaus will die Kreisverwaltung mit gutem Beispiel vorangehen, kündigt Projektleiterin Birgit Schucht an. Bei Neueinstellungen sollen Migranten künftig ausdrücklich erwünscht sein. Es könne ja nicht so bleiben, dass von 60 Sozialarbeitern im Kreis nur einer einen Migrations-Hintergrund hat, wundert sich Steinbrenner. Gerade da, wo soziale Probleme mit Menschen anderer Kulturen auftreten, müssten diese von Fachleuten angesprochen werden, die sich in deren Kultur hineinversetzen können, fordert Steinbrenner. "Wir dürfen Integration nicht mit Assimilation verwechseln. Wir brauchen keine Vorzeige-Deutschen. Diese Menschen sollen unsere Sprache lernen, aber ihre Kultur behalten. Das gibt ihnen Sicherheit und Identität. Eine Parallelgesellschaft ist das Schlechteste, was uns passieren kann."