Der damalige Landrat Ludwig Scheiff forcierte den Zusammenschluss, den die Schulauer mehrheitlich wollten. Wedeler waren skeptisch.

Wedel. Auf der einen Seite sang der Spitzerdorf-Schulauer Männergesangverein, auf der anderen der Wedeler Männerchor. Auf der einen Seite kümmerte sich die Awo um Menschen in Not, auf der anderen half das DRK. Zwei Feuerwachen lagen nur wenige Hundert Meter auseinander - vor 100 Jahren sollten diese und viele andere Vereine und Institutionen zusammenwachsen.

Am 1. Juli 1909 feierten die Stadt Wedel und die Gemeinde Schulau ihren Zusammenschluss. Dieses Ereignisses gedenkt die Stadtvertretung während einer festlichen Ratssitzung, die Stadtpräsidentin Sabine Lüchau am Donnerstag, 16. Juli, um 19 Uhr eröffnen wird.

Wie lang und holprig der Weg zur Einheit war, wer Widerstand leistete, wer das Vorhaben beförderte, darüber berichtet der Historiker Carsten Dürkob. "Stets einig sei nun die Parole in allem, was Ihr tut und schafft", hat Dürkob seinen Vortrag betitelt.

In 20 Minuten wird der Historiker an die Bremser der Entwicklung erinnern, die vor allem in den Reihen der Wedeler zu finden waren. Die Landwirte und Baumschuler waren gar nicht begeistert, sich mit dem industriell geprägten Nachbarort zu verbinden. So dachte auch der ehrenamtliche Bürgermeister Franz Heinsohn.

In Pinneberg agierte mit Landrat Ludwig Scheiff ein Befürworter der Verbindung. Folgerichtig lehnte er einen Antrag aus Schulau ab, einen hauptamtlichen Bürgermeister einzusetzen. Friedrich Eggers wurde es erst fürs große Ganze. Er erwies sich als so starker Verfechter der Interessen des geeinten Wedels, dass er 28 Jahre nach dem Zusammenschluss die Ehrenbürgerwürde zugesprochen bekam.

In Schulau, so hat Historiker Dürkob recherchiert, setzten die Verantwortlichen viele Jahre auf Geduld. Sie hatten 1892 Spitzerdorf unter ihre Obhut genommen. In der Zucker-, Pulver und Ölfabrik gab es viele Hundert Arbeitsplätze. Von der Größe waren beide Orte fast gleich stark: Wedel zählte mit 2300 Einwohnern 200 Köpfe mehr als der Nachbar.

Mit dem Zusammenschluss waren die alten Vorurteile gegenüber dem Partner noch lange nicht ausgeräumt. Noch in den 60er-Jahren mussten die Schulauer aufpassen, wenn sie "über den Jordan" nach Wedel gehen wollten - der "Jordan", das war damals die Wedeler Au. Und wer dort im fremden Revier womöglich einer Frau schöne Augen machte, dem konnte schon so manches "Au" blühen.

Bis heute finden sich Zeugnisse der ursprünglichen Trennung: Der Spitzerdorf-Schulauer Gesangverein trägt Wedel nicht im Namen, aber viele Sänger aus dem alten Stadtgebiet gehören dazu - klar, dass sie alle gemeinsam bei der Festsitzung singen werden: "Hallo, hier Wedel!"