Die AOK Pinneberg fördert Übungsprogramm, um Stürze zu vermeiden. Von 60 Teilnehmern in fünf Seniorenheimen machten 48 ein Jahr lang mit - keiner von ihnen stürzte in dieser Zeit.

Kreis Pinneberg. Willi Schultz grient, als er die Beine weit von sich streckt und sie mit Hilfe des Trainingsbands fast eine Minute lang hoch hält. Vor einem Jahr hat er das noch nicht geschafft. Jetzt erledigt der 94-Jährige die Übungen ganz locker. Aber er gesteht: "Manchmal komme ich an meine Grenzen und richtig ins Schwitzen."

Der Rentner gehört zu einer 17-köpfigen Gruppe, die sich im Haus Cecilienburg in Tornesch mit Krafttraining fit macht, um schmerzhafte und für Krankenkassen teure Stürze zu vermeiden. Die Pinneberger AOK hatte dieses Modellprojekt initiiert. 60 Damen und Herren in fünf Seniorenheimen im Kreis Pinneberg machten mit, und zwar mit Erfolg: Kein Teilnehmer stürzte in dieser Zeit. Pinnebergs AOK-Chef Jürgen Schröder sagt: "Nach diesen positiven Erfahrungen empfehlen wir, dass unsere Kasse die Sturzprophylaxe in die Gesundheitsförderung aufnimmt."

Anna Martin, Leiterin der Tornescher Cecilienburg und zwei weiterer Einrichtungen in der Stadt und im nahen Prisdorf, ist von dem Konzept überzeugt. Ihre Pflegedienstleiterin Michaela Riek berichtet: "Die Senioren haben deutlich mehr Kraft in den Beinen und Armen bekommen, eine Teilnehmerin kann sogar ihre Finger wieder bewegen."

Tanja Nitz, Kollegin im "Haus am Rosarium" hat die gleichen Erfahrungen gemacht. Die sportlichen Bewohner würden allesamt ihren Gleichgewichtssinn verbessern. Zudem stärke der Sport das Selbstwertgefühl der Übenden. Einen Höhepunkt der Gefühle habe die Gruppe erlebt, als eine 14 Jahre alte Praktikantin bei den Übungen "schlapp gemacht" hatte.

Gymnastik gehören sowohl in der Cecilienburg als auch im Haus am Rosarium und im Pinneberger Haus Quellental seit Langem zum Programm. Neu war für alle, dass auch Krafttraining für Senioren möglich ist und zu Erfolgen führt. Bei Übungen mit Gewichten an den Armen steigerten sich alle Teilnehmer von 500 Gramm in der Startphase auf heute 1,5 Kilogramm.

Um die Therapeutinnen mit dem Programm vertraut zu machen, schickte die AOK ihre Sportwissenschaftlerin Ute Danker los. Sie schulte die Übungsleiter, offenkundig erfolgreich. "Sehr gut zu beobachten ist, dass die Teilnehmer ihren Gehwagen nicht mehr als Stütze benutzen, sondern nur noch als zusätzliche Sicherheit", sagt Ute Danker.

Neben der sportlichen Übungsarbeit gehörte zum Programm noch eine weitere Untersuchung: In den Häusern erarbeiteten Mitarbeiter und Experten der Gesundheitskasse eine Checkliste für Stolperfallen. So wurden beispielsweise Treppenstufen mit Leuchtband versehen.

Das nehmen die Teilnehmer des Programms wohlwollend zur Kenntnis. Doch am wichtigsten ist ihnen, die alle zwischen 80 und 96 Jahre alt sind, das regelmäßige Üben mit ihrer Therapeutin. Als in einer der Einrichtungen der Cecilienburg die Übungsleiterin wechseln sollte, weil sie einen neuen Job gefunden hatte, liefen die Sportler Sturm. Sie wollten ihre Lieblingstrainerin behalten - das dürfen sie jetzt auch - auf Honorarbasis.