Elmshorner Studentin hat für ihre Diplomarbeit Standorte ermittelt, an denen sich die Technik lohnt.

Kreis Pinneberg. In Oslo wird ein ganzer Stadtteil mit Wärme aus dem Abwasserkanal versorgt. In der Schweiz nutzen etwa 200 Kommunen diese Art, um Energie zu gewinnen. In Deutschland ist es erst eine Handvoll kleiner Projekte. Doch das öffentliche Dienstleistungsunternehmen Azv Südholstein mit Sitz in Hetlingen will mehr daraus machen. In Heidgraben ist ein Modellprojekt bereits ausgeschrieben. Mehrere weitere Standortvorschläge hat jetzt eine Studentin im Rahmen einer Diplomarbeit ermittelt.

Das Prinzip ist einfach: Wer duscht, wäscht oder auf die Toilette geht, produziert Wärme - so hat das Abwasser in der Kanalisation das ganze Jahr über eine Durchschnittstemperatur von 15 Grad Celsius. Mit einem Wärmetauscher werden dem Abwasser zwei bis vier Grad Wärme entzogen. Es kann so beispielsweise bis zu 70 Grad heißes Wasser für die Heizwärme erzeugt werden. Im Gebiet des Verbands fließt diese Energie in einem 160 Kilometer langen Sammlernetz. Je näher die Versorgungsquelle zum Sammler steht, desto besser.

In Heidgraben geht das Kanalrohr quer durch das Gemeindegebiet. Da dort ohnehin umfangreich saniert werden muss, sollen die Wärmetauscher eingebaut werden. Das Gemeindezentrum mit Turnhalle, Feuerwehr, Polizei, Kindergarten, Grundschule und Bücherei ist als erster Abnehmer vorgesehen. Später könnten ein Neubaugebiet und eines geplantes Versorgungszentrum in der Ortsmitte ebenfalls von der Wärme aus Abwasser profitieren. Der Azv übernimmt Bau und Betrieb der Anlage, Heidgraben zahlt für die Wärme eine Gebühr an den Verband.

Wenn sich dieses Modell rechnet, könnten weitere Projekte folgen. Rebekka Ahlborn, 26 Jahre alte Studentin aus Elmshorn, hat ermittelt, wo das Konzept passt. "Am besten rechnet es sich im Wedeler Krankenhaus", sagt die junge Frau, die ihre Diplomarbeit "Heizen mit Abwasserwärme" für die Hamburger Hafencity Universität geschrieben hat. Auch an der Waldorf- und an der Gesamtschule in Elmshorn, in der Appener Unteroffiziersschule der Luftwaffe und in zwei Quickborner Seniorenheimen würde es sich lohnen.

Die angehende Bau-Ingenieurin ist fasziniert vom Wühlen im Erdboden: "Ich konnte schon als Kind stundenlang vor Baustellen stehen und zugucken, wie ein Haus entsteht", erzählt sie. Jetzt hat sie erforscht, wo sich im Einzugsgebiet des Azv große Abwasserleitungen und Gebäude mit hohem Wärmebedarf nahe genug kommen, damit es sich lohnt, die Wärme des Abwassers zum Heizen zu nutzen.

"Wir werden prüfen, ob die Standorte für uns interessant werden können", sagt Michael Reh, beim Azv für Strategie und Qualität zuständig.

Diplomarbeiten, die beim Azv geschrieben werden, landen nicht in der Schublade. Lutz Altenwerth, Vorstand des Azv: "Aus den Arbeiten ergeben sich für alle Beteiligten Synergieeffekte: Die angehenden Berufseinsteiger sammeln wichtige Praxiserfahrungen und der Azv Südholstein nutzt die Ergebnisse."