Nikola S. (48) muss 2700 Euro zahlen. Der Lkw-Fahrer hatte im Dezember in Schenefeld einen Fußgänger übersehen und tödlich verletzt.

Schenefeld/Pinneberg

Einen Anwalt kann sich Nikola S. (48) nicht leisten. "Ich bin mitten in der Privatinsolvenz!" Und so muss sich der Kraftfahrer am Freitag vor dem Amtsgericht Pinneberg selbst verteidigen. Vorwurf: fahrlässige Tötung. Das Urteil: 2700 Euro Geldstrafe. "Dafür habe ich eigentlich wirklich kein Geld", klagt der Angeklagte - und beantragt Ratenzahlung. Die bekommt er auch. Nun muss er monatlich 50 Euro abstottern - und zudem die Kosten des Verfahrens tragen. "Da kommt einiges auf Sie zu", gibt Amtsrichter Martin Rosenbaum dem 48-jährigen mit auf den Weg.

Der wollte am 11. Dezember vorigen Jahres auf der Halstenbeker Chaussee in Schenefeld eigentlich alles richtig machen. Als sein Chef auf dem Handy anrief, stoppte Nikola S. seinen 20 Tonnen schweren Kipplaster kurz vor dem Ortsausgang halb auf dem Gehweg und schaltete den Motor aus. "Während der Fahrt zu telefonieren ist ja verboten, meine Freisprecheinrichtung war kaputt." Nach acht Minuten ist das Gespräch beendet, der 48-Jährige startete die Maschine. "Ich habe nach rechts und links in die Spiegel geguckt und nach vorne geschaut. Dann habe ich geblinkt und bin angefahren." Genau in diesem Moment war Thomas S. (62) direkt vor den Laster getreten. "Er hatte mich vorher gefragt, ob ich Feuer habe", erinnert sich Zeuge Rudolf F. (83). Er verneinte, der Fußgänger ("Der kam mir ein bisschen torkelig vor") spazierte in Richtung des Kipplasters. "Er stand direkt vor dem Lkw, als dieser anfuhr. Dann hat er noch die Hände hochgenommen, ehe er vornüber kippte und überfahren wurde."

Diesen tragischen Moment erlebte auch Autofahrerin Finja K. (30) mit, die aus Richtung Halstenbek kam. "Die Person trat ganz dicht vor den Lastwagen, der dann anfuhr. Ich sah noch, wie die Person sich erschreckt hat, dann wurde sie vom rechten Vorderreifen überrollt."

Für Thomas S. kam jede Hilfe zu spät. "Er lag auf der Fahrbahn, hatte die Zigarette noch in der Hand", so Polizist Thomas W. (45). Das Unfallopfer hatte knapp 1,3 Promille, in der Jackentasche befand sich eine Flasche Rotwein. "Der Alkoholgeruch war deutlich", so der Polizist.

Der Passant befand sich für den erhöht sitzenden Lkw-Fahrer Nikola S. im toten Winkel. "Wenn sie sich vor dem Anfahren aus dem Sitz erhoben und runter gesehen hätten, hätten sie den Fußgänger gesehen", hielt Staatsanwalt Kessemeier dem Angeklagten vor. Damit habe dieser seine Pflichten verletzt.

"Das macht kein Kraftfahrer", erwiderte der Angeklagte. Er habe sich nicht im Bereich einer Schule oder eines Kindergartens befunden. "Ich muss doch nicht davon ausgehen, dass sich jemand direkt vor meinen Laster stellt!"

Der Tod des Fußgängers wäre vermeidbar gewesen, wenn der Angeklagte seine Pflichten erfüllt hätte, meinte demgegenüber Richter Rosenbaum. "In 99,9 Prozent der Fälle passiert nichts, hier aber schon."

Es handele sich dennoch nicht um eine besonders schwere Fahrlässigkeit, urteilte der Richter. Daher reduzierte er die vom Staatsanwalt geforderte Geldstrafe von 5200 Euro auf 2700 Euro.