Das Landeskriminalamt durchsuchte bei den bundesweiten Ermittlungen auch zwei Wohnungen in der Kreisstadt und in Elmshorn.

Pinneberg/Elmshorn/Berlin. Konzentrierter Schlag der Polizei gegen erklärte Feinde der Demokratie: Das bundesweite Verbot der salafistischen Vereinigung "Millatu Ibrahim" hat auch zu Polizeieinsätzen im Kreis Pinneberg geführt. Beamte des Landeskriminalamtes (LKA) durchsuchten am Donnerstagabend die Wohnungen zweier Mitglieder dieser verbotenen islamistischen Organisation in Elmshorn und Pinneberg. Dies bestätigte LKA-Sprecher Uwe Keller am Freitag auf Nachfrage der Pinneberger Regionalausgabe des Abendblatts.

Diese Aktion war Teil einer Großrazzia, die das Bundesinnenministerium gegen die extremistische und als gefährlich eingestufte islamistische Gruppierung bundesweit in die Wege geleitet hatte. In ganz Deutschland gingen dafür 800 Polizeibeamte zeitgleich in sieben Bundesländern gegen 100 Objekte von Salafisten vor.

In Schleswig-Holstein waren davon die Wohnungen von sieben Vereinsmitgliedern betroffen. Außer in Pinneberg und Elmshorn richtete sich die Aktion gegen fünf weitere männliche Personen in Husum und Lübeck, sagte Keller. Dabei konnte die Polizei die Erkenntnisse aus einer verschlüsselten Namensliste nutzen, die sie am Mittwoch bei der Wohnungsdurchsuchung eines hochrangigen Funktionärs von "Millatu Ibrahim" in Hamburg gewonnen hatte. "Das musste alles sehr schnell gehen. Die Aktion war sehr erfolgreich. Wir können aufgrund der beschlagnahmten Akten nun den gesamten Hintergrund durchleuchten und das kriminelle Netzwerk dieser Vereinigung erfassen", sagte ein Vertreter des Innenministeriums. In Pinneberg, wo die Polizei am Donnerstagabend auch in der Innenstadt im Einsatz war, soll alles "ganz undramatisch" abgelaufen sein, hieß es.

Das Aktionszentrum der "Millatu Ibrahim"-Gruppe befindet sich in Solingen in Nordrhein-Westfalen, wo allein 500 Beamte im Einsatz waren. Aber nun könnten auch die Verflechtungen nach Norddeutschland nachgewiesen und untersucht werden, sagte der Ministeriumsvertreter.

+++ LKA führt erneut Razzien gegen Salafisten durch +++

In Hamburg waren zwölf Salafisten Ziel der Aktion, die seit Monaten vom Bundesinnenministerium geplant war und mit den Landeskriminalämtern abgesprochen war. "Wir haben die schon lange im Visier", sagt der Sprecher.

Auch in Elmshorn und Pinneberg konnten zahlreiche Datenträger wie Laptops und Computerfestplatten sichergestellt worden, sagte LKA-Sprecher Keller. Der Polizeieinsatz verlief ohne Widerstand. Zudem wurde Personen, die im Verdacht stehen, dieser illegalen Salafistengruppe anzugehören, eine sogenannte Verbotsverfügung ausgehändigt. "Mit Vereinsverboten kennen wir uns mittlerweile in Schleswig-Holstein aus", sagte Keller und verwies auf die verbotenen Organisationen der Rockergruppen Bandidos und Hells Angels in Neumünster, Flensburg und Kiel. "Gegen die Salafisten war dies die erste größere Aktion dieser Art in Schleswig-Holstein."

Von vermeintlichen Salafisten in Pinneberg heißt es, sie seien teils in der Stadt aufgewachsen und namentlich bekannt. Einen Treffpunkt soll es in Pinneberg nicht mehr geben. Nach Informationen des Abendblatts fahren diese Personen zu Gebetshäuser in St. Georg und in Harburg.

Anfang 2011 war in einem Hinterhof an der Unteren Dingstätte in Pinneberg die in die Schlagzeilen geratene Al-Sunnah-Moschee geschlossen worden. Der Treffpunkt mutmaßlich radikaler Islamisten machte dicht, nachdem der Vermieter die Räume gekündigt hatte. Zuvor sollen sich in dem Gebetshaus in Pinneberg Personen getroffen haben, die auch die vom Verfassungsschutz geschlossene Hamburger Taiba-Moschee besucht haben sollen.

Das am Donnerstag beschlagnahmte Beweismaterial wird nun zentral vom Bundesinnenministerium gesichtet und analysiert. Der Verein "Millatu Ibrahim" hat nach Polizeiangaben Muslime in ganz Deutschland zum aktiven Kampf gegen die verfassungsmäßige Ordnung aufgerufen. Unter dem Deckmantel einer vermeintlich missionarischen Ausrichtung und der Betreuung von Strafgefangenen soll der Verein der salafistisch-islamistischen Szene einen Anlaufpunkt geboten haben, um diese zu stärken und zu radikalisieren.

Außer mit seiner massiven Missionsarbeit im Internet war "Millatu Ibrahim" vor allem in der gleichnamigen Moschee in Solingen aktiv. Im Zusammenhang mit den Ausschreitungen am 1. und 5. Mai in Solingen und Bonn hatten führende Mitglieder des Vereins als Wortführer agiert und die dort verübten Gewalttaten als Teil eines religiös motivierten Kampfes glorifiziert.

Eine Verbindung zu dem Hassprediger Harry M., der unter anderem wegen seiner Schmähungen gegen die jüdische Gemeinde in Pinneberg im März zu 39 Monaten Haft verurteilt worden ist, besteht nach bisherigen Erkenntnissen nicht, sagte Polizeisprecher Keller. Auch mit der Radikalen-Moschee Al-Sunnah habe die jetzige Polizeiaktion nichts zu tun, sagte er. "Es ging ausschließlich um Millatu Ibrahim und deren Verbindungen."

In der Stadt Elmshorn gibt es nach Einschätzung der örtlichen Polizei ebenfalls keinen Treffpunkt von Salafisten. Mit den Moscheen in der Stadt gebe es keinerlei Probleme, sagte der Leiter des Elmshorner Polizeireviers, Sven Adomat. Vielmehr bestünde zu den Muslimen in der Stadt ein gutes und offenes Verhältnis.