Giovanni di Lorenzo diskutierte am Montagabend an der Pinneberger Heuss-Schule mit jungen Leuten über die Zukunft des Journalismus.

Pinneberg. Vom Schülerzeitung machen verstehen die Nachwuchsjournalisten der Theodor-Heuss-Schule eine Menge. Die Schülerzeitung "Pressident", die das mehr als 15-köpfige Team der Pinneberger Gymnasiasten in Printform viermal jährlich herausgibt, wurde wiederholt ausgezeichnet - auch für ihren Internet-Auftritt unter www.ths-pressident.de . Vor einem Jahr heimsten Tim Hoenig, 17, und seine Mitstreiter zudem den Titel "Beste Online-Schülerzeitung Deutschlands" ein.

Nun wollten sich die THS-Schüler die Frage, ob sie in Zukunft eventuell nur noch fürs Internet schreiben sollten, von einem journalistischen Schwergewicht beantworten lassen. Deshalb luden die jungen Pinneberger, mit Erfolg, Giovanni di Lorenzo, Chefredakteur der Wochenzeitung "Die Zeit", zur Diskussion ein.

Die zentrale Frage "Ist die Zeitung zum Tode verurteilt?" prangte am Montag in der Schulaula in XXL-Buchstaben scheinbar wie ein Damoklesschwert über dem Kopf des prominenten Journalisten. Der sagte, er sehe in der Fragestellung ein Vorurteil. Denn sie suggeriere, der Printjournalismus sei auf dem absteigenden Ast. Tatsächlich habe beispielsweise "Die Zeit" so viele Studenten-Abos wie nie zuvor. "Und das in einer Zeit, in der junge Leute angeblich gar keine Zeitung mehr lesen." Richtiger müsse es deshalb lauten: "Qualität oder Tinnef", so di Lorenzo vor annähernd 200 Schülern der Jahrgangsstufen zehn bis 13 und deren Lehrern.

Für den Zeit-Chefredakteur ist nicht das Medium, sondern der Inhalt das entscheidende Kriterium. "Die Nachricht an sich bedeutet noch nichts. Man muss die Nachricht auch verstehen", sagte di Lorenzo in Pinneberg. Er brach eine Lanze für die eigene Zunft: "Ohne kritische Zeitungen wäre das Land keine richtige Demokratie mehr. Wir gucken Leuten auf die Finger, die das nicht so gern haben."

+++ Zur Person: Giovanni di Lorenzo +++

Es gehe bei gutem Journalismus darum, Hintergründe kritisch zu beleuchten und dem Leser eine Orientierung zu bieten. "Wir konfrontieren die Leser mit verschiedenen Meinungen - sonst bist Du in einer Sekte. Ich glaube an Menschen, die sich trauen, etwas zu sagen, die nicht nur immer ihr Fähnlein nach dem Wind hängen", sagte Giovanni di Lorenzo.

Als seine Maxime, wie sie auch bei der "Zeit" gelte, gab di Lorenzo an die "Pressident"-Redakteure aus: "Die Leute müssen die Texte verstehen, sonst vergrault man die Menschen."

Mit Blick auf das extrem schnelllebige Medium Internet sagte der prominente Gast während der Diskussion mit den Schülern: "Du musst erklären, was Dir wie mit einer Stalinorgel den ganzen Tag um die Ohren geschossen wird." Und: "Zu Zeitung gehört auch etwas, was Dir gefällt, was Dich unterhält."

Was ihm selbst nicht gefällt, so di Lorenzo, sei es, wenn sich eine regelrechte mediale Hatz entwickele. "Ich habe ein großes Herz für Menschen, auf denen alle nur noch rumhacken." Der Unterhaltungswert des Moderators der bekannten Fernsehtalkshow "3 nach 9" war wie erwartet groß. Ebenso locker wie professionell beantwortete di Lorenzo die Fragen der Schüler. Er vermittelte den jungen Menschen spürbar das Gefühl, sie ernst zu nehmen und punktete mit dem Geständnis: "Ich kann die Gesundheitsreform auch nicht im Detail erklären." Und als die Computertechnik bei der Beamerpräsentation kurzfristig streikte, heimste di Lorenzo Lacher ein, als er sagte: "Sehen Sie, das passiert bei einer Zeitung nie."

Wie er im Gespräch mit dem Abendblatt sagte, sei er als Chefredakteur regelmäßig für die Aktion "Die Zeit reist an Schulen" in Deutschland unterwegs. Di Lorenzo: "Ich mache das, weil es etwas bringt, weil es sich lohnt." Über die von den Theodor-Heuss-Schülern organisierte Diskussionsveranstaltung sagte Giovanni di Lorenzo: "Das ist super professionell gemacht."