Kisdorf. Im „Home of healthy Horses“ wird nach dem ganzheitlichen Ansatz der Osteopathie therapiert. Das soll bei vielen Erkrankungen helfen.

Der kleine Schimmel steckt den Kopf aus der Box in Richtung Paddok, blinzelt in die Sonne und schaut seinen Kuschel-Teddy an. Der hängt an einem Strick und baumelt immer so lustig, wenn er dagegen stupst. Das macht Spaß. Und ist auch nicht anstrengend. Für manche Pferde auf Gut Waldhof genau das richtige Spielzeug. Das „Home of healthy Horses“, wie es im Firmentitel heißt, liegt in Kisdorf direkt neben einem Golfplatz. Große Boxen, entspannte Stimmung und ein weites Gelände mit Weiden und Reitplätzen.

Dazu eine Bewegungshalle, eine große Reithalle, zwei Außen-Dressurplätze und so richtig nach Reha-Urlaub klingende Sachen wie ein Laufband mit individuell einstellbarer Steigung und Geschwindigkeit, eine die Laufbewegungen simulierende Vibrationsplatte, eine Bewegungsanlage, Therapiedecken mit Magnetfeld, vibrierende und gleichzeitig kühlende Gamaschen, Solarium inklusive Lichttherapie und das Highlight: eine hofeigene Solekammer für Pferde mit Atemwegserkrankungen oder Hautproblemen.

„Home of healthy Horses“: Osteopathin Gyde Dendler begann vor zehn Jahren mit dem Projekt

Fast schon eine richtige Kurklinik für Pferde, die Gyde Dendler, die schon seit 18 Jahren als Osteopathin für Pferde arbeitet, sich da vor zehn Jahren zuerst privat und seit drei Jahren dann auf Gut Waldhof nach und nach aufgebaut hat.

Sie war bis vor wenigen Tagen noch im schwedischen Flyinge bei der Welt- und Europameisterschaft der Voltigierer, wo sie die Mannschaft begleitet und einzelne Pferde gezielt behandelt hat. Mit Osteopathie, Akupressur und Akupunktur – und vor allem: mit ganz viel Empathie. Das Pferd spüren und im wahrsten Sinne begreifen.

Dramatischer Unfall mit Pferd veränderte die Perspektive

„Die Widerstände mancher Tierärzte sind bis heute groß. Manche wissen gar nicht, was meine Arbeit alles bewirken kann“, sagt Gyde Dendler. „Aber immer mehr wissen meine Arbeit auch zu schätzen. Vor allem die, die offen und meistens auch selber sehr erfolgreich sind.“ So wie der, mit dem sie gerade in Schweden Hand in Hand zusammengearbeitet hat.

Das „Home of healthy Horses“ auf Gut Waldhof fußt auf drei Säulen: Akut kranke Pferde, Pferde, die länger (oder für immer) bleiben, sowie die Ausbildung beziehungsweise Korrektur junger Pferde.
Das „Home of healthy Horses“ auf Gut Waldhof fußt auf drei Säulen: Akut kranke Pferde, Pferde, die länger (oder für immer) bleiben, sowie die Ausbildung beziehungsweise Korrektur junger Pferde. © Tanja Breukelchen

In ihrem „früheren Leben“, wie sie es nennt, war die Mutter eines neunjährigen Sohnes Reiseverkehrskauffrau und nur in ihrer Freizeit begeisterte und erfolgreiche Reiterin. Eines Tages allerdings kam es zu einem dramatischen Sturz ihres Pferdes „Mein Pferd überschlug sich und verletzte sich schwer. Doch auch als es eigentlich wieder gesund war, bekam es immer wieder Koliken und musste sogar operiert werden“, erinnert sich die heute 49-Jährige an das Rätsel, das sich erst durch das Wissen eines Osteopathen löste: „Die Osteopathie betrachtet den Körper ganzheitlich, zum Beispiel die Aufhängung der Organe an den einzelnen Wirbelkörpern. So kann eine Blockade an der Wirbelsäule zu einer erhöhten Kolikgefahr führen.“

Oft deuten Menschen das Verhalten ihrer Pferde falsch

Die andere Sicht auf den Körper und vor allem auf das Pferd als fühlendes Wesen fasziniert Gyde Dendler: „Danach habe ich mich zur Pferde-Osteopathin ausbilden lassen und habe mich immer weitergebildet, mit Hospitationen und Lehrgängen weltweit. Dadurch wurde auch meine Empathie immer besser geschult, und mir wurde die Wechselwirkung zwischen Mensch und Tier bewusst.“ Denn häufig ist es der Mensch, der das Verhalten seines Pferdes falsch deutet oder seinen eigenen Stress, seine Sorgen und den Druck des Alltags unbewusst oder bewusst auf das Tier überträgt.

Insgesamt 40 Boxen gibt es auf Gut Waldhof. Zehn davon sind für die erste von den drei Säulen des Hofes reserviert: Pferde, die akut krank sind und ganz dringend eine Rehabilitation benötigen. Darunter gibt es manchmal auch ganz schwere Fälle wie eine kleine Stute, die nach einer Spritze ins Hufgelenk eine Sepsis entwickelt hatte.

„Diese Dankbarkeit von einem Pferd ist das schönste an meinem Beruf“

„Nach einem Klinikwechsel wurde das Gelenk dann mehrfach gespült, und irgendwann kam die Kleine dann zu uns. Ganz fragil. Ihr Zustand war so bedenklich, dass ich täglich Videos von ihr an die Klinik schicken musste. Es hat mehrere Wochen Therapie gedauert, aber dann kam irgendwann der Tag, als sie zum ersten Mal wieder mit den anderen Pferden auf die Koppel durfte. Diese Dankbarkeit von einem Pferd, dem du seine Schmerzen genommen hast, ist das schönste an meinem Beruf. So ein Pferd vergisst dich nicht, auch nicht nach Jahren.“

Die restlichen 30 Boxen sind für die beiden anderen Säulen des Hofes: Pferde, die länger bleiben, einige für immer. Das sind zum einen solche, die Schwachstellen wie chronische Erkrankungen oder Hautprobleme haben, aber auch erfolgreiche Sportpferde mit Schwächen in der Muskulatur oder dem Bewegungsapparat – oder einfach Pferde, die da sind, da ihre Besitzer sie optimal unterstützen wollen, so Gyde Dendler: „Die Besitzer wollen ihrem Pferd langfristig etwas Gutes tun und entscheiden sich für unseren Stall.“

Horsemanship: Faires Miteinander von Mensch und Tier

Bei der dritten Säule geht es um die Ausbildung und Korrektur junger Pferde, um die sich ausgebildete Bereiter kümmern. Unterstützend kommt da auch Anja Beck ins Spiel, seit drei Jahren Gyde Dendlers Partnerin in der Geschäftsführung, denn sie hat sich auf das Thema Horsemanship spezialisiert, also die Behandlung von eher schwierigen Tieren, zum Beispiel mit Verladeproblemen, Angst oder mangelndem Vertrauen. Dann geht es vor allem um Störungen im Zusammenspiel zwischen Mensch und Tier, denen sie mit Horsemanship, also einem fairen Miteinander zwischen Mensch und Tier und dem Aufbau von Respekt und Vertrauen entgegenwirkt.

Der kleine Schimmel stupst verträumt gegen seinen Teddy. Ein Stück weiter stehen zwei Wallache auf der Weide und schauen interessiert den Golfern zu. Gyde Dendler lächelt: „Ich liebe jedes Pferd, das ich anfasse und behandle. Meine Grundeinstellung ist dann: Ich hab‘ dich lieb und du kannst mir vertrauen.“

Gut Waldhof: 40 Boxen, Vibrations- und Lasertherapie, Solekammer und Bewegungshalle

Ausstattung: Gut Waldhof verfügt über 40 große Boxen (10 davon für Akut-Fälle), die meisten davon mit Paddok. Außerdem gibt es eine Bewegungshalle, eine Reithalle und zwei Dressurplatze, einen Rasenplatz zum Springen, eine Galoppbahn und zwölf Hektar Weideland.

Zur Therapie der Tiere werden Osteopathie und Physiotherapie, Akupunktur und Akupressur sowie homöopathische Behandlungen angeboten. Außerdem gibt es Laser- und Novafonbehandlungen, spezielle Therapiedecken und Gamaschen sowie Vibrationsbehandlungen mit Equissage, Laufband, Solarium, Vibrationsplatten, Führanlage, Dampfsauna und Solekammer.

Preise: Der Grundpreis für eine Box beträgt 580 bis 720 Euro, Preise für die einzelnen Anwendungen sind nach Bedarf auf das Pferd zugeschnitten.

Infos: Gut Waldhof – Home of healthy Horses, Am Waldhof 6, 24629 Kisdorf.

Kontakt: Gyde Dendler: 0160/99 17 59 24, Anja Beck: 0170/77 300 44.

gut-waldhof-sh.de