Der SV Wilhelmshaven, Sonntag in der Regionalliga Gastgeber von Eintracht Norderstedt, klagt gegen einen von der FIFA verfügten Zwangsabstieg

Norderstedt. Aus sportlicher Sicht ist das Erbe von Sergio Sagarzazu beim SV Wilhelmshaven eher eine Randnotiz wert. 47 Partien von 2006 bis 2008 absolvierte der Argentinier mit italienischem Pass für den niedersächsischen Fußballverein in Regionalliga, Oberliga und DFB-Pokal, zwei Tore gelangen ihm dabei lediglich. Heute kickt der 26 Jahre alte Linksaußen in Argentinien für den drittklassigen Club Gimnasia Concepción del Uruguay und dürfte den SVW längst vergessen haben.

Das trifft auf seinen Ex-Club – am Sonntag in der Regionalliga Nord der Gastgeber von Eintracht Norderstedt (15 Uhr, Jadestadion, Friedenstraße) – nicht annähernd zu. Denn weil Sagarzazu in seiner Jugend für zwei argentinische Vereine – River Plate und Atletico Excursionistas – gespielt hatte, forderten diese bereits kurz nach dem Transfer Ausbildungsentschädigungen von Wilhelmshaven. Es geht um 157.500 Euro – sehr viel für einen Viertligisten, eine existenzbedrohende Summe.

Der SVW hat bis heute nicht gezahlt, dies auch nicht vor, und sich damit den Zorn des Weltverbandes FIFA zugezogen. Dessen Statuten besagen nämlich, dass die Argentinier tatsächlich das Recht hätten, eine Entschädigung zu fordern.

Dagegen hat Wilhelmshaven Einspruch eingelegt – vor der Disziplinarkammer der FIFA, vor dem Internationalen Sportgerichtshof (CAS), vor dem Bundesgericht des Deutschen Fußball-Bundes und dem Sport- sowie dem Verbandsgericht des Norddeutschen Fußball-Verbandes. Doch jedes dieser Gremien wies die Klage als unbegründet zurück. Auf der Gegenseite lehnten die argentinischen Clubs ein Vergleichsangebot (40.000 Euro) ab.

Für den Regionalligisten kam es knüppeldick. Zweimal verhängte die FIFA einen Sechs-Punkte-Abzug, den der DFB und der NordFV jeweils ohne Widerrede umsetzten. Die zweite Maßnahme: Wilhelmshaven solle in die Oberliga zwangsrelegiert werden. Auch hier blieb ein Einspruch erfolglos. Am 30. Oktober 2013 erreichte den DFB ein Fax der FIFA mit der ultimativen Anweisung, den Zwangsabstieg endgültig zum Saisonende umzusetzen. Dem NordFV blieb nichts anderes übrig, als die Vorgabe auszuführen.

Wilhelmshaven kündigt bereits eine Klage vor dem Bundesgerichtshof an

Nach heutigem Stand werden somit alle Punktspiele des SVW regulär gewertet, das Team jedoch nach dem 34. Spieltag automatisch auf Platz 18 gesetzt. Nur: Juristisch ist der beispiellose Fall noch längst nicht ausgefochten. Denn die Wilhelmshavener haben angekündigt, nun alle zivilrechtlichen Wege zu beschreiten.

Im März soll das Landgericht Bremen über den Fall befinden, notfalls will der Verein bis vor den Bundesgerichtshof in Karlsruhe gehen. Per einstweiliger Verfügung könnte der Abstieg theoretisch sogar ausgesetzt werden. Die Argumentation fußt grundsätzlich darauf, dass die Zahlung derart hoher Ausbildungsentschädigungen gegen geltendes europäisches Recht und auch deutsches Recht verstoße. Zudem wird auf gravierende Mängel in den jeweiligen Verbandssatzungen verwiesen.

Eintracht Norderstedt nimmt die Vorgänge in Wilhelmshaven zur Kenntnis. „Aber wir befassen uns nicht näher damit, das würde keinen Sinn machen. Wir gehen davon aus, dass Wilhelmshaven absteigen muss. Aber verlassen können wir uns darauf auch nicht“, sagt Trainer Thomas Seeliger. Ungeachtet der verworrenen rechtlichen Situation könnte sich sein Team jedoch mit einem Sieg zumindest einen kleinen Puffer auf die Abstiegsplätze verschaffen.