Beim 63. Landesturnier siegt Philip Rüping dank einer fairen Geste des Lentföhrdeners Thorsten Wittenberg: “Ich bin kein schlechter Verlierer“.

Bad Segeberg. Am Tag danach war für Thorsten Wittenberg die Welt wieder in Ordnung. "Für mich ist die Sache erledigt. Ich bin kein schlechter Verlierer, ich bin auch mit Platz zwei zufrieden", sagte der 44 Jahre alte Springreiter aus Lentföhrden.

Am Finaltag des 63. Landesturniers in Bad Segeberg hatte es vor 8000 Zuschauern Irritationen gegeben. Die Frage, wer neuer Landesmeister von Hamburg/Schleswig-Holstein ist, konnte lange nicht beantwortet werden. Philip Rüping, 27, aus Breitenburg oder Thorsten Wittenberg, 44, aus Lentföhrden?

Gut gelaunt erschien der Sohn von Michael Rüping, Derbysieger von 1987 mit Silbersee, zur Siegerehrung. Die Meisterschärpe hatte er schon um den Hals. Aber hatte er wirklich gewonnen? In der Ausschreibung der Landesmeisterschaft hieß es nämlich: "Bei Punktgleichheit entscheidet das bessere Fehler-Zeit-Ergebnis der ersten und zweiten Wertung".

Rüping mit Landaro und Wittenberg mit Connaught waren am Ende punktgleich, aber der Lentföhrdener hatte am Freitag und Sonnabend die besseren Platzierungen gehabt. Im Finale leisteten sich beide Reiter im Stechen vier Fehlerpunkte, Rüping war in 52,10 Sekunden schneller als sein Rivale (54,73).

Vorjahressieger Nisse Lüneburg (Wedel), diesmal mit Calle Cool Gewinner im "Großen Preis" und Dritter in der Meisterwertung, beendete die Diskussionen noch auf dem Reitplatz: "Die Ausschreibung muss falsch gewesen sein, bisher hat immer das Stechen am Sonntag entschieden."

Als der neue Landesmeister nach der Ehrung traditionell in den Wassergraben geworfen wurde, packte Nisse Lüneburg zusammen mit seinem Reiterkollegen Andreas Erni (Breitenburg) tüchtig mit an, während Thorsten Wittenberg, der seit einem Jahr auf dem Hof von Dirk Schröder in Lentföhrden als selbstständiger Pferde-Ausbilder tätig ist, lieber im Hintergrund blieb.

Um ein Haar hätte eine halbe Stunde zuvor auch der prominenteste Reiter in Bad Segeberg, Mannschafts-Weltmeister Carsten-Otto Nagel, 48, unliebsame Bekanntschaft mit dem Wasser-Hindernis gemacht. Der Vize-Europameister, der für den Stall Moorhof in Holm/Wedel reitet, bereitete seinen Fans im "Großen Preis", der dritten Meisterschaftsprüfung, einige Schrecksekunden. Seine Stute Rarität wollte partout nicht über den Wassergraben springen und blieb stehen. Carsten-Otto Nagel stürzte kopfüber auf den Rasen, Rarität verlor die Trense - das Aus im Meisterschaftsrennen.

Team-Weltmeister Carsten-Otto Nagel muss den Parcours zu Fuß verlassen

"Ich bin wahrscheinlich etwas zu schnell angeritten", sagte Nagel, nachdem er den Parcours zu Fuß verlassen hatte und Lebensgefährtin Mylene Diederichsmeier von seinem Missgeschick berichtete.

Die beiden haben vor Kurzem in Norderstedt, Ortsteil Garstedt, ein Reihenhaus bezogen. Frühmorgens fahren sie getrennt zu ihren Arbeitsplätzen: Carsten-Otto Nagel zum Stall Moorhof nach Holm bei Wedel, Mylene Diederichsmeier nach Oststeinbek, wo sie seit September 2010 im Stall Carstens als Bereiterin tätig ist. Die erfolgreiche Springreiterin ist nach mehreren Reitunfällen erst wieder im Aufbautraining.

Deshalb hat die 34-Jährige genügend Zeit, um ihren Partner zu Turnieren zu begleiten. Gestern startete das Duo von Hamburg-Fuhlsbüttel aus nach Madrid, wo am Mittwoch die Europameisterschaften beginnen. Nagels Erfolgsstute Corradina, mit der er im Herbst 2010 in Kentucky/USA Team-Weltmeister und Einzelvierter sowie 2009 in Windsor/England Vize-Europameister wurde, ist bereits seit einigen Tagen in der spanischen Metropole.

Nagel gehört ebenso wie Janne Friederike Meyer zur deutschen Equipe, die im Preis der Nationen reelle Titelchancen hat. Die 30 Jahre alte Deutsche Meisterin aus Schenefeld flog zusammen mit Nagel nach Madrid.

Weitere Ergebnisse, Springreiten, "Großer Preis": 1. Nisse Lüneburg (Wedel)/Calle Cool, 2. Philip Rüping (Breitenburg)/Landaro, 3. Ulrika Sanny (Ehlersdorf)/Drömma; Landesmeisterschaft Junge Reiter: 1. Cassandra Orschel, 19 (Henstedt-Ulzburg, sie erhielt in Bad Segeberg das Goldene Reitabzeichen für zehn S-Siege in ihrer Karriere) und Herzblatt; Damen: 1. Anna-Mari May (Kiel)/Quincy; Dressur, Junge Reiter: 1. Friederike Hahn (Tangstedt)/Richard Löwenherz; Junioren: 1. Marie Chiara Hümpel (Geesthacht)/Domfee; Herren: 1. Klaus Thormählen (Hamfelde)/Capri; Damen: Petra Wilm (Tasdorf)/King Arthur.