Kreis Segeberg. Durch den Wortwolf gedreht: Abendblatt-Kolumnist Jan Schröter beschreibt, wie man mit Krabben reich werden kann.

Preisdumping auf Sylt

Sie spekulieren noch mit Aktien? Mit dem Ziel, Ihre Spargroschen zu vermehren, ohne einen Finger zu rühren? Dann hab‘ ich was für Sie. Todsicherer Tipp.

Keine Aktien, keine Bitcoins. Für Schleswig-Holsteiner ist das sowieso nichts. Nix Reelles. Echte Nordseekrabben, das ist was. Kannste reinbeißen, immer lecker. Obwohl, Krabben essen wäre ein echter Fehler. Früher ging das. Da gab es an der Küste fangfrische Krabben „direkt vom Kutter“. Und die Kundschaft futterte noch im Hafen die Tüten leer.

Der gewiefte Investor von heute bewahrt seine Krabben lieber ein paar Tage auf. Schon sind die Schätzchen locker das Doppelte wert. Aktuelle Topnotierung auf dem Krabbenindex (KRAX) an den Hamburger Landungsbrücken: 15 € für ein mit Krabben belegtes Brötchen. Ernsthaft. Dann doch lieber eins mit Belugakaviar, kommt billiger. Die vor dem letzten Preissprung erworbenen Krabben bleiben dafür noch ein paar Tage im Kühlschrank, Geld stinkt nicht. Die Krabben vielleicht dann schon. Trotzdem weiterverkaufen. Solche Profite erzielt man sonst nur im Drogenhandel. Jetzt vielleicht nicht mehr, weil jeder sein eigenes Cannabis anbauen darf. Krabben dagegen kann man nicht im Garten züchten. Wie man sie vermehrt, wissen nur die Krabben selbst. Und die haben scheinbar vergessen, wie das geht, denn es gibt immer weniger ihrer Art. Weshalb die paar noch vorhandenen Exemplare immer wertvoller werden.

Etliche Händler und Restaurantküchen haben – mangels Masse – gar keine Nordseekrabben mehr im Angebot. Sogar in den Festland-Läden von „Gosch“ fehlen derzeit Krabbenbrötchen im Programm. Nur in den „Gosch“-Filialen auf Sylt gibt es noch welche. Und zwar zum vergleichsweise moderaten Preis von 6,50 € - vermutlich, weil sich der durchschnittliche Sylt-Besucher hart an der Armutsgrenze durchs elende Dasein laviert. Für diese soziale Geste verdient „Gosch“ mindestens den Mutter-Teresa-Gedenkpokal, finde ich. Allerdings muss man sich auf der Insel in Anbetracht dieses Krabbenbrötchen-Dumpingpreises nicht darüber wundern, wenn im Sommer wieder sämtliche Punker der Republik mitten in Westerland campieren. Vielleicht schließe ich mich ihnen sogar an. Ich brauche nur ein bisschen Urlaubsgeld – aber woher nehmen? Postkutschenüberfall war früher, heute kapert man einfach einen Krabbentransport nach Marokko. Am besten auf dessen Rückweg, dann sind die Dinger schon gepult. Die Ladung verkaufe ich rasend schnell zum „Unter-Gosch-Tarif“ auf den Wochenmärkten in unserem Landkreis. Den Rest des Jahres bin ich dann auf Sylt.

Märchenhaftes Outfit

„Es begab sich eines schönen Tages auf der blühenden Almwiese unweit des verwunschenen Obergurgler Zirbenwaldes im fernen Österreich, dass ein wackerer Bildhauer aus Norderstedt seine Schülerschar in die Magie seiner Kunst einweihte.“

So beginnt ein modernes Märchen, jüngst erlebt vom Volkshochschuldozenten und Künstler Thomas Behrendt. Ob die Almwiese blühte oder der Zirbenwald verwunschen ist – keine Ahnung, aber weil ich als passionierter Worthauer überhaupt keine Hemmungen habe, bunte Verzierungen in eine Szenerie zu dengeln, nehmen Sie das bitte mal so hin. Und ein Wald, der schon im Namen gurgelt, muss ja wohl verwunschen sein.

Überhaupt, jetzt geht das Märchen weiter: „Kaum hub der Norderstedter an, ein behämmertes Stück Stein zu spalten, ward er einer gar fürnehmen Dame gewahr, die, obschon nicht mehr ganz jung an Jahren, doch immer noch recht liebreizend zu lächeln verstand.“

Das hatte die Gute nämlich bereits anno 1972 als Olympia-Hostess in München perfekt drauf, was ihr einen Prinzen und das halbe Königreich eintrug. Eigentlich sogar das Ganze, nämlich Schweden, bei dessen Bevölkerung Königin Silvia, geborene Sommerlath, weitaus beliebter ist als ihr Gatte Carl XVI. Gustav. Spätestens, als hinter der netten Dame auch noch das Königscarlchen auf dem Wanderweg nahte, registrierte Thomas Behrendt jäh, wen er hier vor sich hatte. Aber als Schleswig-Holsteiner ist man tiefenentspannt.

Silvia interessierte sich für Behrendts Bildhauerei, der Volkshochschuldozent bezog die Königliche Hoheit in sein Bildungsangebot ein und wurde zum Abschied mit einem Schnappschuss belohnt, der für mich ein bildgehauenes Märchen ist: Die Königin mit blütenweißem Basecap, weißer Bluse und cremefarbener Weste hat auf einer rustikalen Bank Platz genommen. Neben ihr, mit Oberschenkelkontakt, sitzt Thomas Behrendt, 68 und grauhaarig. In einem Outfit, in dem man normalerweise frühmorgens auf dem Campingplatz ins Waschhaus schlurft – barfuß, olle Shorts und Unterhemd.

Königin und Steinklopfer, Silvia und Thomas: Sympathischer geht’s nicht, alle beide. Foto der Woche, mindestens. „Da war ich fast versucht, einen Arm um sie zu legen“, verriet Behrendt meinen Kollegen. „Das habe ich dann aber lieber doch nicht gemacht.“ Gemach, lieber Herr Behrendt. Im Märchen folgt nach einer verpassten Gelegenheit zum Finale immer noch das glückliche Ende. Da wird ein armer Künstlerbursche zum Edelmann. Manchmal genügt schon eine lange Hose.

Ein Platz zum Kiffen, Saufen, Gendern

Gut und Böse, Richtig und Falsch, Schwarz und Weiß. Solche Fragen sollte man klar regeln können. Funktioniert fast überall. Bloß nicht bei uns. Hierzulande bestätigen nicht Ausnahmen die Regel, sondern Ausnahmen sind die Regel. Da geraten selbst Verwaltungsprofis an den Rand ihrer Sachkenntnis.

Norderstedts Oberbürgermeisterin Katrin Schmieder erklärte in nachvollziehbarer Hilflosigkeit, noch abwarten zu wollen, wie man mit der neuen Cannabis-Legalisierung umzugehen habe. Dass die Kiffer-Klientel beim Stoffdurchzug 100 Meter Abstand zu Schulen, Spiel- und Sportplätzen einhalten muss, erscheint Schmieder als zu wenig. Sie hofft, dass „um bestimmte öffentliche Räume Bannmeilen entstehen“. Ja nun, 100 Meter sind keine Meile. Jedoch: Das Problem ist eigentlich, dass es dann etliche wie auch immer große Zonen gibt, in denen etwas verboten ist, was nebenan erlaubt wäre.

Ich bin kein Kiffer, ich habe schon genug schlechte Angewohnheiten. Ich möchte mich aber durch den Alltag lavieren, ohne an jeder Ecke ahnungslos in eine Gesetzesfalle zu tappen. Davon gibt es nämlich neuerdings so einige. Hamburg-Hauptbahnhof: Seit dem 2. April gilt striktes Alkoholverbot auf dem Heidi-Kabel-Platz, dem Hachmannplatz und auf einem schmalen Streifen entlang des Steintordamms. Kurz mal an der Bierdose lutschen, kostet 40 Euro, im Wiederholungsfall 200 Euro.

Auf der Gegenseite in Richtung Spitaler Straße gilt: Hoch die Tassen, bußgeldfrei. Im Hamburger Abendblatt darf ich meine verehrten LeserInnen grüßen – in Bayern ist „gendern“ ab sofort söderlich verboten. Wahrscheinlich wird auch dort bald für die Unverbesserlichen, die unbedingt gendern wollen, die eine oder andere Bannmeile eingerichtet. Oder man darf nur außerhalb der Bannmeilen gendern, in diesem finsteren Gesetzesdschungel blickt ja niemand mehr durch. Vielleicht gibt es demnächst ja auch ein Plätzchen, auf dem man ungehemmt gleichzeitig kiffen, saufen und gendern darf, ohne Bußgelder zu riskieren, das wäre schön.

Dabei weiß in allen drei genannten Beispielen (wie in zahlreichen hier nicht genannten) niemand so wirklich, wer das eigentlich kontrollieren soll. Und wie. Und wer den Vorgang knickt, locht und abheftet, weil die Verwaltung mancherorts mangels Digitalisierung noch im Faxozän-Zeitalter amtiert. Da bin ich ganz bei Norderstedts OB Schmieder: Keine Ahnung, wie man damit umgehen soll.

Die Frage nach dem „Warum?“ verkneife ich mir lieber gleich.

Im Körper eines Provinznotars

Gerade ist die Weihnachtswampe infolge eisenharter Fasten-Fron um stolze 187 Gramm reduziert, da kommt Ostern um die Ecke.

Langes Wochenende, Familientreffen, jeder bringt was mit, vor allem Nahrhaftes. Immer, wenn man denkt, jetzt ist alles verputzt, tischt wieder jemand die nächste hochkalorische Versuchung auf.

Zwischendurch gibt es den grandiosen Osterschluck: Eierlikör im Schokobecher. Immerhin werden die Trinkbehälter nach Gebrauch verzehrt und kommen nicht in die Spülmaschine. Das ist nachhaltig – vor allem an den Hüften. Macht nichts, irgendwann kann man ja abnehmen.

So wie unser Ex-Bramstedter Karl Lagerfeld. Der sah Ende der 90er-Jahre in den Spiegel und befand: „Ich bin ein Künstler, Modeschöpfer, Fotograf in dem Körper eines Provinznotars.“ Das gefiel ihm nicht, außerdem wollte er endlich in die eng geschnittenen Outfits des Designers Hedi Slimane passen.

Also hungerte er sich innerhalb weniger Monate 42 Kilo vom ehemals üppigen Leib ab. Knallhart, der Karl, einen Eierlikör im Schokobecher hätte er sich sicher nicht mal von Udo Lindenberg zu Ostern aufschwatzen lassen.

Diese Woche wurde Lagerfelds Pariser Wohnung am Quai Voltaire mit Blick auf den Louvre versteigert, für zahme zehn Millionen Euro. Im Rahmen der einschlägigen Berichterstattung erfuhr man: Neben dieser 260-qm-Räumlichkeit – die er vor allem zum Arbeiten und als Kleiderschrank nutzte (Umkleideraum 50 qm) – verfügte der Modezar über ein Zweitdomizil in der Rue de Lille. Dort hatte er sein Fotostudio und die Bibliothek untergebracht.

Geregelte Mahlzeiten gab es dagegen nur in der dritten Wohnung in der Rue des Saint-Pères – dort servierten gleich zwei Köche für den Meister. Möglicherweise besaß Lagerfeld noch irgendwo eine Wohnung mit Bett, aber wer mehrmals täglich per Taxi zwischen Badezimmer, Küche und Bibliothek pendeln muss, kommt wahrscheinlich eh nicht viel zum schlafen.

Für eine erfolgreiche Diät ist dieses Wohnmodell sicher erfolgversprechend. Packt mich der kleine Hunger (zum Beispiel, wenn mein Schokobecher leer ist), bin ich sofort in der Küche und fülle nach. Müsste ich zur Vorratskammer erst ins Nachbardorf latschen und hinterher zum Duschen noch ein Dorf weiter, würde ich mir den Eierlikör sofort verkneifen.

Andererseits: Möchte ich mich in eng geschnittene Designer-Outfits pressen? Muss man drüber nachdenken. Am besten bei einem Eierlikör. Im Schokobecher. Frohe Ostern!

Schmales Geld in Schmalfeld

Heiß auf Shopping, doch leider knapp bei Kasse? Der Portemonnaie-Pegel liegt zu tief für Konsumexzesse auf der Holstenstraße (Kiel), der Breiten Straße (Lübeck), im Norderstedter Herold-Center oder der Mönkebergstraße (Hamburg)? Fahren Sie doch für schmales Geld nach Schmalfeld.

Auf dem dortigen Recyclinghof bietet man in einer eigens etablierten „Trödelmarkthalle“ viermal im Jahr Restmüll an.

Wobei, ob es sich um Müll handelt, liegt im Auge des Betrachters. Es sind gut erhaltene, durchaus funktionelle Gegenstände, von den Mitarbeitern des Recyclinghofes aus Abfällen geborgen und zur Weiterverwendung feilgeboten. „Best of Sperrmüll“, sozusagen.

Der Erlös kommt sozialen Zwecken zugute. Erlebnis-Shopping ohne Dispo-Crash, Planetenrettung durch Wegwerfvermeidung, Gesellschaftsverbesserung per Spendengeld. Besser geht’s kaum. Haben wir deshalb Flohmärkte so gerne? Ja, auch deshalb.

Darüber hinaus liebe ich Flohmärkte schon dafür, dass man hier so wunderbar seine Mitmenschen beobachten kann. Die Jäger, die klaren Blickes zielorientiert nach einer ganz bestimmten Beute durch die Gänge pirschen, um mit der Präzision eines Raubvogels endlich auf das Gesuchte herabzustoßen. Die Unentschlossenen, die mal hier, mal da in den Plunderhaufen scharren, alles durcheinanderbringen und sich dann unter Zurücklassung entnervter Händler achselzuckend verdrücken.

Die Begleiter, die nur mal so mitgegangen sind und längst genug gesehen haben, während der oder die Begleitete immer noch am zweiten Stand die Auslage von links nach rechts räumt. Macht nichts – sogar gelangweilte Begleiter haben Spaß, sofern es einen Bratwurststand gibt. Und den gibt es eigentlich immer auf dem Flohmarkt.

Schön ist auch, dass Flöhe heutzutage auch auf Flohmärkten eher selten anzutreffen sind. Das war mal anders. Im Paris des 19. Jahrhunderts gab es eigens Arme-Leute-Märkte für Gebrauchtkleidung. Diese Textilien steckten oft voller Ungeziefer, also nannte man diese Märkte „Marché aux Puces“ – Flohmarkt. Der Begriff hat sich gehalten, die Flöhe sind hoffentlich dauerhaft weg.

Sollte Sie doch einer heimsuchen, exorziere ich Sie von der Plage mit diesem ägyptischen Neujahrsgruß: „Mögen die Flöhe im neuen Jahr zu deinem Nachbarn wechseln!“ Falls das die Tierchen nicht beeindruckt, können Sie immer noch einen Zirkus mit ihnen aufmachen.

Vielleicht auf dem Flohmarkt.

Bei TuRa Harksheide können auch Sie Deutscher Meiter werden!

Demnächst sind Sie Deutscher Meister. Ja, Sie. Oder vielleicht sogar ich. Ich, bei dem es trotz 52-jähriger Vereins-Fußballerei nicht mal in der Jugend zur Staffelmeisterschaft auf unterster Ebene gereicht hat. Ambitionierte Sportskanonen streben mit Höchstleistungen nach Titeln und Pokalen. Wir anderen gucken uns das im Fernsehen oder im Stadion an, schauen danach in den Spiegel und stellen – ehrlich, wie wir sind – fest: Wir sind zu schwer für Hochsprung, zu schwach fürs Kugelstoßen, zu langsam für alles. Schlichtweg konkurrenzunfähig. Jedenfalls, wenn’s um Titel und Pokale geht.

Schade, weil wir ja zu gerne auch mal mehr gewinnen würden als eine Jedermann-Teilnehmerurkunde. Aber jetzt könnten wir Deutscher Meister werden. Als Anfänger, mit bloß zwei Stunden Training an jedem Dienstagabend. Beim Sportverein TuRa Harksheide. Na schön, ich nicht – es gibt leider erst eine Damenmannschaft, aber bestimmt ziehen die Herren bald nach, die wollen gewiss auch Meister werden. Gespielt wird „Cachibol“, eine weniger hand- und fingergelenkmordende Variante des herkömmlichen Volleyballspiels. In Israel ist das längst ein großes Ding mit vielen Teams in gut organisiertem Ligabetrieb.

Hierzulande gibt es nur ein Damenteam in Mering, Bayern. Und das in Harksheide. Zumindest die Vizemeisterschaft wäre diesem Team nicht zu nehmen. Eine Sportart zu wählen, die kaum jemand betreibt, ist enorm clever. Als Schüler hatte ich einen Bekannten, der allen wahrheitsgemäß erzählen konnte, er sei in seiner Altersklasse Dritter der Hamburger Meisterschaften im Säbelfechten geworden.

Das beeindruckte in der Regel jeden, zumal sich der Pfiffikus für jede Party im „Pirat Style“ mit verwegenem Haarschopf und einem goldenen Ohrring auftakelte. Dass in besagter Altersklasse bloß drei Teilnehmer angetreten waren, behielt er für sich. Ich hätte das im nächsten Jahr gern kopiert, aber dann wären ja vier Kandidaten in der Verlosung gewesen – da ich garantiert jenseits des Glamours bloß auf Platz Vier gelandet wäre, ließ ich es sein.

Aber jetzt sollten Sie und ich endlich unseren Ruhm ernten. Cachibol wird bestimmt total populär. In 100 Jahren ist es auch hierzulande locker so groß wie Fußball. Dann blättern unsere Urenkel im großen Cachibol-Almanach, lesen die Aufstellungen der Teams im Kampf um die erste deutsche Cachibolmeisterschaft – und Sie und ich, wir waren dabei. Haaach!

Ich allerdings nur, wenn ich endlich vom Sofa hochkomme.

Lego-Erbe gibt Gas in Boostedt

Nürburgring, Nordschleife. Le Mans, 24 Stunden. Monte Carlo, Rallye. Boostedt, Halle. Jawollja: Deutschlands größte Indoor-Kartbahn wird in unserem Landkreis etabliert. Auf dem Gelände eines alten Bauernhofes. Nach dem längst kein Schwein mehr pfeift, auf dem jedoch demnächst jeder die Sau rauslassen kann.

Das Riesenspielzeug ist mit einer Fläche von 12.000 qm gefühlt knapp so groß wie Boostedt, die beiden dänischen Erbauer sind von Beruf Lego-Erbe und Eigentümer der Firma Jysk (ehemals Dänisches Bettenlager). Zu erwarten ist demnach ein innovatives Sicherheitskonzept mit Matratzen-Leitplanken. Alle paar Wochen erfolgt ein Matratzenwechsel. Anhand der durch Kart-Einschläge malträtierten Gebrauchtware ermittelt dann „Stiftung Warentest“ die stabilste Matratze des Jahres. Neuralgische Gefahrenpunkte werden mit Kissenstapeln gesichert. Die Sieger der Rennen gewinnen jeweils eine Stehlampe, die Unterlegenen dürfen sich Trostpreise aus der Gedönskiste aussuchen.

Kart-Fahrer atmen den Smog in der Halle selber weg
Wer sein Kart auf der Rennstrecke per Unfall zerlegt, muss nicht in die Boxengasse, sondern baut die Trümmer noch auf der Rennstrecke zusammen und gibt wieder Vollgas – die Fahrzeuge sind selbstverständlich aus Lego, alles kinderleicht. Fast ganz Boostedt freut sich auf diese Sensation, auf 100.000 Besucher jährlich und auf den Gewerbesteuer-Jackpot.

Doch wie bei jedem Verkehrsprojekt gibt es auch in diesem Fall vehemente Kritik. Vor allem an der Tatsache, dass die Karts mit Verbrennungsmotoren betrieben werden. Bitte bedenken, liebe Opposition: Diese Scharen von Benzin-Junkies würden sonst in ihrer Freizeit mit ihren Fahrzeugen durch unsere saubere Natur knattern, zuhauf Autobahnen und Städte verstopfen. In der Kartbahn-Halle gehen sie nur einander auf die Nerven. Weil außerdem die Halle ein geschlossenes Gebäude ist, atmen sie ihren Smog selber weg. Besser geht’s nicht.

Außerdem schließen die Betreiber eine spätere Umrüstung der Karts auf umweltfreundliche Technologien nicht aus. Aufgrund der langjährigen Erfahrung im Spielzeugsektor entwickelt Lego bereits einen „Formel-1“-verdächtigen Aufziehmotor, der vor dem Start vom Kart-Piloten mittels eines kapitalen Schlüssels im beidhändigen Einsatz aufgedreht wird. Ist das getan, gilt es, hurtig hinters Lenkrad zu klettern, bevor sich das Geschoss in Bewegung setzt – andernfalls durchschlägt es führerlos die Hallenwand und zieht eine Schneise der Verwüstung durch Boostedt.

Das möchten wir nicht.

Durch Norderstedts Kneipen ziehen oder lieber auf dem Mond landen?

Urlaub auf den Malediven, Christmas-Shopping in New York. Digitalnomaden arbeiten in einer Arbeitswoche auf drei verschiedenen Kontinenten. Annalena Baerbock verbraucht ihre Spraydose „Drei-Wetter“-Interkontinentalhaarkleister in der Regel schon an jedem Monatsersten, sofern ihr Dienst-Gebrauchtflieger nicht wieder außerplanmäßig irgendwo nutzlos mit Düsenhusten auf der Hebebühne steht.

Mittlerweile landen – gefühlt im Wochentakt – sogar auf dem Mond komische Transportkästen, die allerdings immer gleich umkippen, weil keiner an Stützräder gedacht hat.

Putzigerweise schreiben sämtliche Medien, diese Interstellarcontainer sähen aus wie „eine alte englische Telefonzelle“. Niemand unter 30 weiß noch, wie diese Dinger aussahen. Außerdem sind die englischen Telefonzellen früher nicht mal umgekippt, wenn man sich nach sechs blitzschnell gekippten pints of beer („Last Order!“) daran festhielt. Habe ich im Selbstversuch… Tut hier nichts zur Sache, jedenfalls: Uns allen steht die Welt offen. Aber wollen wir da überhaupt hin?

Nein, wollen wir nicht. Jedenfalls nicht die Leute aus unserem Landkreis Segeberg. Drei aktuelle Beiträge aus dieser Woche in diesem Lokalteil sind Beweise dafür.

Nummer Eins: Ein Bericht über das kleine, unspektakulär gemütliche Einkaufszentrum „Immenhof“ in Glashütte. Hier ist man unter Nachbarn, findet, was man braucht und erstickt nicht im Überangebot. Prognose: Wenn demnächst in der Hamburger HafenCity der Mega-Konsumtempel „Überseequartier“ eröffnet, fährt man als Glashütter vielleicht mal aus Neugier hin, wendet sich mit Grausen und macht nächstens seine alltäglichen Besorgungen wieder im „Immenhof“.

Nummer Zwei: Sechs Tipps für eine Kneipentour durch Norderstedt. Die ich hier nicht wiederhole. Was daran aber auffällt: Auch die Kneipengänger schätzen das Vertraute. Und fühlen sich am qualmgebeizten Tresen unter Stammgästen wohl. Ein Zugehörigkeitsgefühl, welches Digitalnomaden in den Plastikmodul-Coffeehouses dieses Planeten nie erleben werden.

Nummer Drei: Im ehemaligen Trafohaus am Segeberger Kalkberg ist das „kleinste Hotel der Welt“ entstanden. Gesamtgröße: 17,85 qm. Für die Übernachtungskosten ließe sich anderswo eine Suite buchen. Wollen wir aber nicht. Wir möchten es überschaubar. Kuschelig. Wir wollen nicht jeden Tag neue Leute kennenlernen, sondern unsere Freunde und Bekannten wiedersehen.

Wir wollen zu Hause sein. Nicht mehr und nicht weniger wollen wir.