Die Zinsen bei Konto-Überziehungen liegen teilweise deutlich über den geforderten zehn Prozent. Von Bank zu Bank gibt es große Unterschiede.

Kreis Segeberg. "17,5 Prozent", sagt die peinlich berührte Mitarbeiterin der Norderstedter Bank kleinlaut, wenn sie nach der Zinsrate ihres Instituts gefragt wird, die die Kunden zahlen müssen, wenn sie ihr Girokonto überziehen. Falls bei der Norderstedter Bank zuvor ein ausreichend großer Dispositionskredit vereinbart worden ist, sind es immerhin noch 12,5 Prozent. Der gedämpfte Ton hat einen guten Grund; nach einem von Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) in Auftrag gegebenem Gutachten sind viele Zinsraten für überzogene Konten viel zu hoch. Schon bei einem Zinssatz von maximal zehn Prozent könnten die Banken demnach profitabel arbeiten. Den Überschuss würden die Banken zur Subventionierung anderer Leistungen oder zur Gewinnsteigerung verwenden. Nicht nur die Kunden verstehen die hohen Zinsen nicht, auch Aigner selbst fordert eine Senkung: "Wollen die Banken den Kredit bei ihren Kunden nicht verspielen, müssen sie runter von überhöhten Dispozinsen."

Im Kreis Segeberg gibt es große Unterschiede zwischen den Banken

Im Kreis Segeberg gehört die Norderstedter Bank mit ihren Konditionen zu den teureren Banken. Wie Vorstand Martin Weber deutlich macht, hängt das aber auch damit zusammen, dass sein Institut eine regionale Bank sei. "Wir versorgen uns anders als bundesweit operierende Banken nicht bei der Bundesbank mit billigem Geld, sondern greifen auf die Einlagen unserer Kunden zurück." Deshalb seien die Konditionen nur bedingt vergleichbar, sagt Weber. Spitzenreiter ist die Commerzbank. Bei ihr fallen bei einer eingeräumten, also im Rahmen des vereinbarten Dispos liegenden, Überziehung satte 13,24 Prozent Zinsen im Jahr an. Fehlt mehr Geld auf dem Konto, kann die Überziehung zwar noch geduldet werden, dann sind aber rekordverdächtige 18,74 Prozent an Zinsen zu entrichten. Die Commerzbank begründet die hohen Zinssätze mit der Kopplung an den Referenzzinssatz, zu dem sich die Banken untereinander Geld leihen. Zinssenkungen würde sie an ihre Kunden weitergeben.

Dass es auch anders geht, zeigt die Sparda-Bank. Die Genossenschaftsbank schafft den Sprung unter die von der Bundesverbraucherministerin vorgegebenen Zehn-Prozent-Hürde und verlangt lediglich 9,75 Prozent Zinsen. Auch die Differenz bei einer Überziehung des Dispos ist mit einem Prozent wesentlich kleiner als bei den anderen Geldhäusern. Sparda-Bank-Mitarbeiter Kevin Scheirich erklärt sich die großen Unterschiede mit der Philosophie seines Geldhauses. "Wir sind als Genossenschaftsbank nicht so extrem auf den Gewinn fixiert wie die Privatbanken." Die hohen Zinsen der Konkurrenz kann er trotzdem nicht nachvollziehen, zumal die Banken sich zurzeit zu historisch günstigen Konditionen am Kapitalmarkt beschaffen können, und der Bearbeitungs- und Verwaltungsaufwand sich in den letzten Jahren nicht erhöht hat. Auch die Ausfallquoten bei Dispo-Krediten sind im Schnitt mit 0,3 Prozent relativ niedrig.

Der Dispo umfasst in der Regel das Dreifache des Netto-Einkommens. Für große Anschaffungen ist es günstiger, einen Kredit aufzunehmen. So bekommen Kunden bei längerfristig geplanten Ausgaben meist wesentlich niedrigere Zinsen bei den Geldinstituten. Bundesweit bezahlen die Kunden zwischen sechs und 14,75 Prozent, der Schnitt liegt bei elf bis zwölf Prozent.

Ein anderes Modell verfolgt die Sparkasse Holstein. Sie verlangt je nach Zahlungskraft der jeweiligen Kunden unterschiedliche Zinssätze und kann dem zahlungskräftigsten Drittel ihrer Kunden damit einen Zinssatz von nur 6,24 Prozent einräumen. Durch die Einstufung in bestimmte Bonitätsstufen ist der Zinssatz allerdings nur schlecht mit dem anderer Banken vergleichbar.

Das Modell der Sparkasse Holstein fußt auf der Bonität der Kunden

Weil die Sparkasse Holstein die niedrigen Zinsen an ihre Kunden weitergibt und ihren ohnehin schon günstigen Zinssatz von 6,95 Prozent noch einmal senkte, lobt das Bundesverbraucherministerium das Konzept dennoch ausdrücklich. In der "Studie zu Dispozinsen/Ratenkrediten", in der die überhöhten Sätze angeprangert werden, wird die Sparkasse Holstein als "Best Practice-Beispiel" geführt. "Wir hoffen, dass durch unsere Konditionen mehr Wettbewerb zwischen den Banken entsteht und so die Zinsen ins Rutschen kommen", sagt Unternehmenssprecher Björn Lüth.

Eine ganz andere Variante, um die Zinsen zu senken, bringt SPD-Parteichef Sigmar Gabriel ins Spiel. Er möchte eine Zinsobergrenze gesetzlich festschreiben lassen. Oskar Lafontaine (Die Linke) fordert, dass der Dispo-Zins nur fünf Prozentpunkte über dem Basiszins der Europäischen Zentralbank von derzeit 0,75 Prozent liegen soll.