Auf dem Hesebeck-Gelände in Henstedt-Ulzburg soll gebaut werden. Die betroffenen Anwohner drohen mit Boykott des Möbelhauses

Henstedt-Ulzburg . Es ist vermutlich eine der wichtigsten Zukunftsfragen in Henstedt-Ulzburg: Wie soll der Kern der Gemeinde rund um den Bahnhof und das CCU einmal aussehen? Soll das Zentrum durch städtische Bauweise mit vielen Wohnungen oder durch Einfamilienhäuser geprägt werden? Der schwelende Streit um diese Frage hat sich jetzt am Kronskamp entzündet. Dort stehen sich mit den Familien Pütz und Langbehn zwei der einflussreichsten Unternehmer Henstedt-Ulzburgs gegenüber.

Entsprechend gereizt ist die Stimmung am Mittwochabend im Kronskamp, gegen Abend haben sich insgesamt 43 Anwohner auf der Straße versammelt und machen ihrem Ärger Luft. Hier, am Kronskamp 10, lebte einmal der Möbelhauschef Werner Hesebeck, der vor gut einem Jahr gestorben ist. Bald wollen seine Erben, die Familie Langbehn, dort ein 12,34 Meter hohes Haus für acht Parteien bauen – zwischen zwei Einfamilienhäusern und einem Doppelhaus. Die Nachbarn sind entsetzt, für sie ist das Haus ein „monströser Wohnblock“, der alle Nachbarhäuser im wahrsten Wortsinn in den Schatten stellen wird. Außerdem sei die kleine Einbahnstraße viel zu eng für die vielen Autos, die die Bewohner des Hauses fahren werden.

Deshalb haben die Anwohner jetzt eine Bürgerinitiative gegründet. Das Ziel: Die Politik soll das Bauwerk stoppen. Im Bebauungsplan aber ist ausgerechnet für dieses Grundstück keine maximale Höhe festgelegt. Die einzige Richtlinie: Es darf nur zweigeschossig gebaut werden. Der Wohnblock wird auch nur zwei Vollgeschosse haben. Oben drauf kommen aber noch ein sogenanntes Staffelgeschoss und ein Dachboden – trickreich, aber wohl rechtens.

Anwohner befürchten auch, dass die kleine Einbahnstraße viel zu eng ist

An der Spitze des Protests der gesamten Nachbarschaft steht Familie Pütz. Ihr Balkon ist es, auf dem in Zukunft wohl kein Sonnenbad mehr möglich wäre. Thomas Pütz, Inhaber der gleichnamigen Sicherheitsfirma, Ex-Amateurboxer und Präsident des Bundes Deutscher Berufsboxer, eröffnet den verbalen Schlagabtausch: „Bernd Langbehn kann gerne kommen, willkommen ist er aber nicht.“ Pütz will alles in seiner Macht stehende tun, um den Bau zu verhindern. „Er trifft uns da, wo es uns wehtut, dort wo wir unseren Feierabend genießen wollen. Also müssen wir Langbehn da treffen, wo es ihm wehtut.“ Er werde zum Boykott des Möbelhauses Hesebeck aufrufen. „Anwohner des Kronskamps werden garantiert nicht mehr bei ihm kaufen.“

Mitten in diese aufgeheizte Stimmung platzt plötzlich Bernd Langbehn selbst. Der Geschäftsführer des Möbelhauses vertritt seine Familie in der Öffentlichkeit. Eventuell möchte er sogar später einmal selbst in das Haus ziehen; zunächst aber will er die Wohnungen vermieten. „Da ist ja der Baulöwe“, ruft Thomas Pütz.

Bernd Langbehn verteidigt den Bau. Umgesetzt werde nur der Bebauungsplan, und der lasse ein solches Haus nun einmal zu. Im Übrigen sei die Entwicklung so von den Politikern beschlossen worden. „In zehn, zwölf Jahren spricht keiner mehr darüber, dann stehen hier überall solche Wohnblöcke. Wer baut denn jetzt noch ein Einzelhaus hier – mitten in der Stadt?“

Tatsächlich ist es genau das, was die Anwohner des Kronskamps fürchten. Auf jedem frei werdenden Grundstück im Zentrum Ulzburgs soll „moderat nachverdichtet“ werden, um Wohnraum zu schaffen. So hat es eine große Koalition aus BFB, CDU, SPD, WHU und FDP Katja Pütz auf Nachfrage noch einmal mitteilen lassen. Außerdem könne der Bebauungsplan nicht mehr nachträglich geändert werden, sonst müsste Henstedt-Ulzburg den Langbehns Schadenersatz zahlen. Bernd Langbehn bekräftigt das, über 100.000 Euro seien schon in die Planung investiert worden.

Eine Auskunft, die den Anwohnern die Zornes- und Sorgenfalten in die Gesichter treibt. Ihre Horrorvision: Die schmale Einbahnstraße könnte bald zu klein sein, dann müsste der Kronskamp erweitert werden. Zur Not auch gegen den Willen der Anwohner, die für diesen Fall eine Enteignung fürchten. „Die Arroganz in der Gemeindevertretung ist unglaublich“, sagt Anwohner Dirk Meissner. „Hier tagt die Volkskammer Henstedt-Ulzburg.“

Tatsächlich hat der lautstarke Protest aber zumindest schon die beiden größten Fraktionen im Gemeinderat zum Umdenken gebracht. CDU und WHU wollen die geplante Innenverdichtung noch einmal überdenken. „Wir würden den B-Plan für dieses Grundstück nie wieder so genehmigen“, sagt Karin Honerlah, Fraktionsvorsitzende der WHU, „es fehlt vor allem die Höhenvorgabe“. Aber ändern könne die Politik den Plan nicht mehr, die Schadenersatzansprüche wären zu hoch. Stattdessen habe man Herrn Langbehn gebeten, die Planung von sich aus zu modifizieren.

Der Vorschlag der Anwohner: Mit einem Stockwerk weniger könnten sie leben. Auch Langbehn ist an einer Eskalation nicht gelegen. Er hofft auf eine faire Auseinandersetzung. Über die Gesamthöhe, auch das sagt Langbehn an diesem Abend, könne man sich ja noch einmal unterhalten. Er habe sich schon mit seinem Architekten zusammengesetzt. Im Fall einer Rufmordkampagne gegen ihn und sein Möbelhaus aber „schalte ich auf stur“.