Minister entscheidet, dass die Söhne der armenischen Familie ein Aufenthaltsrecht erhalten; die Eltern werden geduldet

Nahe. Das lange Warten, die Unsicherheit, all das hatte sich in den vergangenen Tagen noch einmal zugespitzt, bevor Familie Hakopjan aus Nahe am Mittwoch endlich erfuhr, dass sie in Deutschland bleiben darf und nicht nach Armenien ausreisen muss – in das Land, das die Eltern einst verlassen hatten und das ihnen auch heute keine Perspektive mehr bieten würde. Nun wissen die Eltern und ihre Kinder: Die Zeit der Angst ist endlich vorbei, ab sofort beginnt ein neues Leben. Mit einem dauerhaften Aufenthaltsrecht für die Söhne Erik, Karen-Alex und Roman sowie einer weiteren Duldung für die Eltern Artak und Karine Hakopjan.

Wie das Innenministerium mitteilte, könnten die Eltern mittelfristig ebenfalls ein Aufenthaltsrecht bekommen. Dies könnte auf Grundlage einer von der Bundesregierung beabsichtigten Gesetzesänderung geschehen, die eine Neuregelung für Ausländer vorsieht, die über einen langen Zeitraum in Deutschland leben und integriert sind.

Die Empfehlung sprach die Härtefallkommission Kiel nach ausgiebiger Sichtung aller Unterlagen und einer abschließenden Sitzung am Dienstag aus, einen Tag später folgte Innenminister Andreas Breitner (SPD) dem Antrag. „Ich freue mich, dass die hier geborenen und aufgewachsenen Kinder ihr vertrautes Umfeld nicht mehr verlassen müssen“, sagte er.

Zuvor raubt der Schwebezustand den Betroffenen ein letztes Mal den Schlaf. „Am Dienstag haben wir noch Fußball geguckt, sind dann um 1 Uhr ins Bett und haben vielleicht zwei, drei Stunden geschlafen“, so Artak Hakopjan. Noch vor dem Sonnenaufgang wachen er und seine Ehefrau auf, dann warten sie. Stundenlang. Am Vormittag gegen 9 Uhr telefonieren sie mit Pastor Ekkehard Wulf, der als offizieller Antragsteller sofort informiert wird, sobald der Innenminister eine Entscheidung getroffen hat.

„Die Zweifel waren immer dabei, es warten unglaublich harte Wochen“, sagt der Pastor. Mut machte er sich mit einem indischen Sprichwort: „Am Ende wird alles gut. Und wenn es nicht gut ist, dann ist es auch nicht das Ende.“ Doch es ist alles gut. Um 12 Uhr erhält er den erlösenden Anruf, fährt kurz darauf zu den Hakopjans und überbringt die frohe Kunde. Die Söhne bekommen es in der Schule erzählt, zu Hause feiern sie, sie springen durch die Wohnung, während ihre Eltern doch sichtbar müde sind. Wer in ihre Augen schaut, kann ahnen, wie groß die Sorgen gewesen sein müssen.

Zumal die Geschehnisse vom 31. Januar noch lange nicht vergessen sind. Damals wollte die Ausländerbehörde mit einem Polizeieinsatz einen Abschiebebeschluss umsetzen. Die Kinder wurden um 6 Uhr morgens aus dem Bett geholt, dem Vater Handschellen angelegt, die Mutter im Schlafanzug zum Flughafen Fuhlsbüttel gebracht.

Währenddessen erreichte der Anwalt der Familie mit einem Eilantrag, dass die Abschiebung zumindest ausgesetzt werden konnte. Es war ein banaler Formfehler, der zur vorübergehenden Rettung wurde. Denn als die Ausweisung gestoppt wurde, waren die Hakopjans bereits auf dem Rollfeld, ihr Gepäck in einer Maschine nach Moskau.

Freunde und Nachbarn waren empört und machten den Fall publik. Sie wendeten sich an die Medien, organisierten eine Demonstration und sammelten mehr als 10.000 Unterschriften – alles mit dem Ziel, ein dauerhaftes Bleiberecht zu erreichen. Petra Nagel, Sprachlehrerin und Mitinitiatorin der Proteste, hatte „bis zum Schluss ein Grummeln im Bauch. Wir waren immer positiv gestimmt, konnten es aber eben nicht wissen, ob die Kommission irgendetwas finden würde.“

Es machte rasch die Runde in Nahe, dass Familie Hakopjan bleiben darf. Viele Bürger fanden sich am Abend zu einer gemeinsamen Andacht in der Kirche zusammen. „Hier in der Gemeinde hat sich eine Wundergeschichte entwickelt“, sagte Pastor Ekkehard Wulf.

Wie es nun weitergeht? Noch fehlen gültige Ausweise für alle Familienmitglieder. Diese werden von der armenischen Botschaft ausgestellt. Ist alles erledigt, wollen die Kinder unbedingt verreisen – nicht unbedingt in die Ferne. „Jetzt können wir endlich mal nach Hamburg und müssen nicht immer hier im Kreis Segeberg bleiben“, sagt Erik. Sein Vater freut sich schon darauf, bald wieder arbeiten zu dürfen. Sobald er die Erlaubnis bekommt, möchte er wieder im Restaurant Zum Griechen in der Küche mithelfen.