Die 99 Jahre alte Erna Pigorsch ist das älteste Mitglied im Verein Aktive Senioren Tangstedt. Alle Mitglieder des Vereins sind vielseitig interessiert

Tangstedt. „Schachmatt!“, sagt Erna Pigorsch und lächelt zufrieden. Ihre Gegnerin am Schachbrett kann den König nicht mehr aus der Gefahrenzone bringen. Sie gratuliert: „Herzlichen Glückwunsch, du hast verdient gewonnen.“ Schachmatt in 40 Zügen.

Erna Pigorsch, 99 Jahre alt, ist das älteste Mitglied im Verein Aktive Senioren Tangstedt. Sie lebt in einer gemütlichen Zwei-Zimmerwohnung in Tangstedt, nebenan von ihrer Tochter Elke. Sie versorgt sich selber, und zweimal in der Woche fährt sie mit dem Bus nach Norderstedt. Dort besucht sie in einem Pflegeheim ihre 101 Jahre alte Schwester Edith. „Sie hat mir das Skatspielen beigebracht, und sie hat immer gewonnen“, erinnert sich Erna Pigorsch, die seit 2006 Mitglied bei den Aktiven Senioren ist. „Da habe ich mich mit 70 Jahren erstmals ans Schachbrett gesetzt. Es war die richtige Entscheidung.“ Schach spielt sie für ihr Leben gerne, so mancher Gegner hat heute noch das Nachsehen. Auch bei Gruppenreisen ist sie weiterhin dabei.

Jeden zweiten Donnerstag, 14.30 bis 17.30 Uhr, treffen sich die Aktiven Senioren im Vereinshaus des WSV Tangstedt in Wilstedt zum Spiele-Nachmittag. Skat und Schach sind Trumpf, außerdem Kartenspiele wie SkipBo, Phase 10 und Uno. Sie reden über gemeinsame Reisen nach Paris, an die Mosel und nach Luxemburg, über die Fahrt zur Ostseeinsel Fehmarn und über die vielen Radtouren im vergangenen Jahr.

Unvergessen für alle, die dabei waren, ist die elftägige Frankreich-Tour. Ausgangspunkt war die Italienische Riviera, von dort ging es über Monaco, Cannes, St. Tropez, durch die Provence auf den Spuren Napoleons nach Avignon bis zum Ziel Paris.

Für 2014 sind die Reiseplanungen auch schon unter Dach und Fach. Bei Gerhard Dreyer, dem Vorsitzenden, laufen die Fäden zusammen. Er hat alles schon gebucht: eine Woche ins Burgenland an den Neusiedler See, vier Tage nach Kopenhagen und Umgebung. Für den Tagesausflug im Juni in den Altmarktkreis Salzwedel hat er feste Zusagen von 116 Mitgliedern. Da reichen zwei Busse kaum. „Das Interesse unserer Senioren ist unverändert groß“, sagt der pensionierte Bauingenieur.

Die Tangstedter Senioren sind vielseitig interessiert. Hans-Jürgen Jahnke ist ein begeisterter Skatspieler, aber er hat noch ein zweites großes Hobby. „Ich singe seit 47 Jahren“, berichtet er. „Unser Singkreis ist kein Chor, sondern eine Gemeinschaft, die Freude am Singen hat. 300 deutsche Volkslieder haben wir in unserem Repertoire, außerdem Shanties, Gospels und 50 Weihnachtslieder.“ Geübt wird an jedem ersten Dienstag im Monat von 15 bis 17 Uhr im WSV-Clubhaus. Dirigentin ist mit Frauke Smejer ein Vereinsmitglied, und mehrmals im Jahr treten sie in Altenheimen auf.

„Wir tauschen Neuigkeiten aus“, sagt Annemarie Schlüter, die mit Ingrid Hein und Gunda Weidner im Vereinshaus die Karten mischt. „Es geht um den Dorfklatsch, um Koch- und Backrezepte. Wir sind mit Spaß bei der Sache.“

Die Gruppe „Pudelkommune“ trifft sich einmal im Monat in der Kegelsporthalle in Norderstedt, hier hat sie zwei Doppelbahnen gemietet. „Wir treiben keinen Leistungssport, wir pflegen das gesellige Beisammensein“, versichert „Teamchef“ Walter Langenohl.

Das gilt auch für die von Manfred Meyer-Ralfs und Klaus Dahms organisierten Wander- und Radtouren, und zweimal im Jahr stehen geführte Radwanderungen über 60 Kilometer auf dem Programm.

In einem zweiten Raum des WSV-Clubhauses stehen insgesamt zehn Computer auf den Tischen. Hier hat Helmut Weidner die Oberaufsicht, assestiert von seinem Freund Dieter Nötzel. „Es findet jedoch kein Computerkurs statt, dafür ist die Volkshochschule zuständig“, erklärt Weidner, der in Hamburg-Eidelstedt wohnt. „Aber wir versuchen, für jedes Problem eine Lösung zu finden.

Es geht auch um solche Fragen: Wie gestalte ich einen Brief, wie bearbeite ich Bilder meiner Digitalkamera, wie versende ich E-Mails, und wie surfe ich im Internet?“ Dann geben Helmut Weidner und Dieter Nötzel gerne Auskunft.

„Es ist nicht die Frage wie alt man wird, sondern wie man alt wird“. Das sagt der Vereinsvorsitzender Gerhard Dreyer, und so steht es auch auf der Internet-Homepage der Aktiven Senioren.

„Ich bin ein alter Vereinsmeier“, stellt Dreyer klar. Seit 2010 lenkt er die Geschicke der Tangstedter Senioren, doch auf der Mitgliederversammlung im Februar will er seinen Posten zur Verfügung stellen. Zehn Jahre hat er dann dem Vorstand angehört. „Jetzt soll mal ein Jüngerer ran“, sagt er.

Dreyer würde sich über mehrere Bewerber freuen. „Der Mann (oder die Frau) soll möglichst jünger als 70 Jahre alt sein“, sagt Dreyer. „Ich möchte jemanden aktivieren, der (oder die) nicht nur am Schreibtisch sitzt, sondern mitten drin im Vereinsgeschehen ist.

„Ständiges Weiterbilden ist lebensnotwendig, um den Dialog mit den Jüngeren halten und pflegen zu können“, heißt das Motto der Aktiven Senioren. „Diese Bereitschaft der älteren Menschen möchten wir unterstützen, um einer sonst möglichen Vereinsamung entgegen zu wirken.“

Am kommenden Montag stellen wir Ihnen den Türkisch-Deutschen Freundschafts- und Kulturverein Norderstedt und Umgebung vor.

Alle Folgen der Serie finden Sie auch im Internet.

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