Die Kommunalpolitik beschließt ein Sicherheitsaudit für den Verkehrsknoten Ochsenzoll und will die heiß gelaufene Diskussion versachlichen

Norderstedt. Der nigelnagelneue Kreisel Ochsenzoll dreht sich – und mit ihm ihm das Argumentekarussell. Doch während es auf dem Kreisverkehrsplatz bislang gesittet zugeht und sich die Autos artig und flüssig in alle Richtungen bewegen, schien die Diskussionsrunde um die mangelnde Radtauglichkeit in den letzten beiden Wochen immer emotionaler und unsachlicher zu werden. Jetzt hat die Kommunalpolitik die Bremse gezogen und die wilde Karussellfahrt vorerst beendet.

Norbert Pranzas, Stadtvertreter der Fraktion Die Linke, hat im Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr am Donnerstag einen Dringlichkeitsantrag gestellt, der nach eingehender Diskussion einvernehmlich von allen Fraktionen beschlossen wurde. Der linke Planungsexperte hatte ein Sicherheitsaudit nach EU-Vorgaben für den Kreisel gefordert, so wie es in anderen Städten seit Jahren gängige Praxis sei. „Damit bringen wir wieder etwas Sachlichkeit in die Diskussion um die Fehlplanungen am Kreisel Ochsenzoll“, sagt Pranzas. Die Verwaltung behaupte ständig, dass die Verkehrsführung aus Gründen der Sicherheit so sein muss, wie sie jetzt ist. Pranzas: „Dies wollen wir nun durch unabhängige Gutachter, die sich auch mit Rad- und Fußverkehr auskennen, prüfen lassen.“ Das Ergebnis des Gutachtens könne dann die Grundlage für Verbesserungen sein, die laut Pranzas am Kreisel „offensichtlich dringlich erforderlich sind“. Der linke Fraktionschef Miro Berbig wiederholt seine Kritik am „Norderstedter Ratloshaus“: „Die Verwaltung in Norderstedt kann nur Straße.“ Radverkehr finde in den Köpfen der Planer nur als Freizeit- und Sportgerät statt, als Verkehrsmittel wird das Rad nicht gesehen. „Das merkt man dann an den Ergebnissen, übrigens nicht nur bei älteren Planungen. Auch die neuen Kreiselbauten im Garstedter Dreieck entwickeln sich zu einem neuen Desaster“, sagt Berbig.

Was den Ochsenzoll angeht, so hält der Verkehrsausschussvorsitzende Jürgen Lange (SPD) den Einsatz von externem Sachverstand für den richtigen Weg. „In der Diskussion um die Ochsenzoll-Planung wurde in den vergangenen Wochen viel Unwahres behauptet. Das hat sich mittlerweile alles als falsch herausgestellt. Eine Versachlichung tut Not. Es geht am Ochsenzoll ja nicht nur um die Sicherheit der Radfahrer, sondern auch um die der Fußgänger und Autofahrer.“ Wer genau die Prüfung der Situation am Kreisel übernehmen soll, ist noch unklar. Eventuell sei die übergeordnete Verkehrsaufsicht zuständig, sagt Lange.

Die Stadt vertritt nach wie vor den Standpunkt, dass der Kreisel richtlinienkonform, verkehrssicher und gemäß den Anforderungen der Straßenverkehrsordnung ist. Sonst wäre nicht am 1. Juli 2008 der Planfeststellungsbeschluss ergangen – der, wie die Stadt immer wieder betont, eine Kompromisslösung aus den Wünschen und Forderungen aller Interessengruppen gewesen sei. Unstrittig zwischen allen Fraktionen am Ochsenzollknoten ist die Forderung, dass so schnell wie möglich eine Rampe für Fahrradfahrer und Fußgänger auf der Südseite der Segeberger Chaussee entstehen soll. Die CDU hatte zuletzt die zügige Umsetzung gefordert und die bestehende Alternative, den Aufzug, als unzumutbar bezeichnet. Laut Jürgen Lange zielt die Forderung ins Leere. „Der Bau der Rampe ist gültige Beschlusslage. Da muss nichts gefordert werden.“ Sie scheitere an ganz anderen Gründen. Die Stadt kann die Rampe nur bauen, wenn sie die nötigen Grundstücke erwerben kann. Und das klappt nicht. Das unansehnliche Grundstück, auf dem das heruntergekommene Gebäude steht, das ehemals den Nachtclub Moby Dick beherbergte, steht zum Verkauf – aber zu einem astronomisch hohen Preis.

Der Besitzer ist Manfred Kruse und seine Verwaltungsgesellschaft in Hamburg. Kruse, der laut Handelsregister in der Spielhallen- und Automatenaufstellerbranche tätig ist sowie diverse Immobilien im Großraum Hamburg verwaltet, will für das nach seinen Angaben 3000 Quadratmeter große Grundstück satte 2,5 Millionen Euro haben. Lange: „Das Grundstück ist aber gerade mal 1000 Quadratmeter groß und in dieser Lage nur etwa 500.000 Euro wert.“ Eine Sprecherin der Verwaltungsgesellschaft mit Sitz in Hamburg-Wandsbek bestätigt den aufgerufenen Preis. „Es gibt diverse Investoren, die sich für das Grundstück interessieren. Es bestehen auch Pläne, wie es bebaut werden könnte.“ Manfred Kruse selbst wolle sich nicht zu den Verhandlungen mit der Stadt Norderstedt äußern.

„Der Besitzer muss wissen, dass er diesen Preis nie bekommt“, sagt Jürgen Lange. Für Investoren sei das Grundstück völlig uninteressant, weil es noch nicht mal eine ordentliche Zuwegung gebe. Lange: „Egal, wer hier etwas entwickeln will: Ohne die Stadt Norderstedt kommt er nicht weiter.“