Die Landesregierung plant eine Prüfung für neue Tierhalter. Die Reaktionen in Norderstedt sind sehr unterschiedlich

Norderstedt. Viele Hundebesitzer im Kreis Segeberg werden vermutlich bald einen Hundeführerschein ablegen müssen. Die FDP-Landtagsfraktion Schleswig-Holstein plant eine Gesetzesänderung, die Anfang 2015 in Kraft treten könnte. SPD und Grüne signalisierten bereits Zustimmung. Derzeit werden Interessenverbände angehört. Das Gesetz soll jedoch nicht für alle Tierhalter verpflichtend sein: Bürger, die in den vergangenen zehn Jahren mindestens zwei Jahre lang einen Hund besessen haben, werden von den Forderungen befreit.

Mit dem Hundeführerschein würde auch eine Meldepflicht für Hunde eingeführt. Bisher lassen viele Besitzer ihre Hunde nicht ordnungsgemäß registrieren. Mit der Neuregelung würde zudem die sogenannte Rasseliste aufgehoben. Dies hieße, dass sogenannte Kampfhunde von ihrer kategorischen Maulkorbpflicht befreit werden. Allerdings können dadurch in Zukunft auch gefährliche Dackel oder Pudel mit einem Maulkorb bedacht werden. Laut Gesetzentwurf reicht eine „über das natürliche Maße hinausgehende Kampfbereitschaft, Angriffslust, Schärfe oder eine in ihrer Wirkung vergleichbare, Mensch oder Tier gefährdende Eigenschaft, insbesondere Beißkraft und fehlende Bisslösung“ aus. Wird solch ein Hund gemeldet, muss er einem Wesenstest unterzogen werden. Dies wird auch heute schon bei auffälligen Hunden praktiziert.

Unter den Norderstedter Hundehaltern sorgt das Thema für erregte Diskussionen. Sonja Heuck geht mit ihrer Hündin Shanti regelmäßig in die Hundeschule und unterstützt die Forderungen nach einem Hundeführerschein-Zwang. Zurzeit muss sie beim Gassigehen sowohl auf die Wünsche ihres noch sehr kleinen und stets hungrigen Babys als auch auf die der eifersüchtigen Shanti eingehen – das geht nur mit viel Ruhe. „Ich trainiere schon länger mit einem Klicker in der Hundeschule und seitdem hat sich Shanti schon sehr verändert. Darauf bin ich auch stolz“, sagt die Norderstedterin.

Bevor Shanti im Alter von einem Jahr zu Sonja Heuck kam, war sie von ihrem vorherigen Halter geschlagen worden. „Deswegen muss ich es immer mit viel Liebe und positiver Konditionierung versuchen“, sagt Heuck. Es stimme einfach nicht, sagt sie, dass man Hunde nur in den ersten Monaten erziehen könne.

Auch Thomas Paap, der die zwölfjährige Helli gerade für ein paar Tage zur Pflege hat, hält den Hundeführerschein für eine gute Idee. Die geschätzten Kosten von bis zu 200 Euro findet er aber „ziemlich happig“. Für Rentner, deren einziger Lebensinhalt der Hund ist, könne das ziemlich viel Geld sein, betont der 56-Jährige.

Gabriela Dobrick und Inge Trafalczyk und ihre drei Lieblinge Janny, Nicky und Benny sind ein eingespieltes Team. Oft gehen die beiden Norderstedterinnen gemeinsam mit ihren Hunden spazieren. Sie wären vom Hundeführerschein nicht betroffen, weil sie schon seit Jahren Hunde besitzen. Gabriela Dobrick arbeitete zudem lange als Tierpflegerin im Tierheim Süderstraße und unterstützt den Zwang zum Hundeführerschein: „Wenn der Hundeführerschein am Ende wirklich so viel kostet, führt das vielleicht dazu, dass die Menschen sich das Ganze vor dem Kauf ganz genau überlegen. Schließlich besitzt man den Hund dann 16 Jahre und hat entsprechende Verpflichtungen.“

Dorthe Bergelt ist gegen den Zwang zu einem Hundeführerschein. „In Hamburg leben viele Menschen auf engem Raum, dort würde das Sinn ergeben. Hier in Norderstedt gibt es aber genug Raum, um sich aus dem Weg zu gehen.“ Sie habe den Eindruck, dass es bei der ganzen Sache wieder nur ums Geldsammeln gehe.

Anja Hirschmann, Frauchen von Zwergpinschermix Dschuly, zweifelt hingegen die Wirksamkeit der Tests an: „Dschuly war in der Hundeschule top, jetzt kann sie gar nichts mehr. Hund und Halter lernen alles nur einmal kurz und vergessen es dann wieder.“

Der Tierarzt Dr. Pasquale Piturru war als Fachmann und Mitglied der Tierärztekammer Schleswig-Holstein am Gesetzesentwurf der FDP-Landtagsfraktion beteiligt. Er hofft, dass die anderen Parteien dem Entwurf zustimmen werden. Aus Tierschutzgründen hält er einen Hundeführerschein für dringend notwendig: „Die Mindestvoraussetzungen zum Halten eines Hunde müssen unbedingt gegeben sein. Sonst können die Hunde Verhaltensweisen entwickeln, die auch für Menschen sehr unangenehm werden können.“ Auch die Abschaffung der umstrittenen Rasseliste befürwortet Dr. Piturru. Seiner Meinung nach kann die Gefährlichkeit eines Hundes nicht anhand des Körperbaus oder des Aussehens beurteilt werden.

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