Der Kunstsommer 2013 ist wieder eine aufregende Aktion. Mit Ausstellung, Konzert und Vorträgen

Manfred Thiel freut sich, als wenn ihm ein besonderer Streich gelungen ist. Rasch greift er zu dickem grünen Stoff und drapiert ihn um die weißen Blütenblätter aus Gardinen und zarten Spitzen, weichem Vlies und Kunststoff. Hat er Hochzeitstag? "Nein", sagt Manfred Thiel und grinst, "aber das ist auch eine gute Idee."

Der Vorsitzende des Norderstedter Kulturvereins Malimu ist einer von zehn Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Kunstkurses "Ortsbezogene Objekte und Installationen", den die Kölner Künstlerin Ulli Böhmelmann für den Kunstsommer 2013 im Stadtmuseum Norderstedt gibt. Initiiert wird der Kunstsommer alle zwei Jahre von Malimu, dem Kunstkreis Norderstedt und dem städtischen Kulturbüro.

"Ich bin einfach locker ans Material herangegangen, um daraus etwas für unser Thema 'Objekte zwischen drinnen und draußen' zu entwerfen", sagt Thiel. Er hat sich zu seiner Blume von den Materialien inspirieren lassen, hat erspürt, "was geht, wenn ich offen für den Gestaltungsprozess bin".

Das Material liegt gleich ballen-, meter- und pfundweise auf den Tischen im großen Saal des Stadtmuseums, beispielsweise Vlieseline, Spitzenstoffe, Garne und Kordeln, Kleber, Farben und Fundstücke.

Käthe Roch brachte beispielsweise ihr Osternest aus grünen Papierschnipseln mit und baute daraus einen Hut für ihre raumhohe Figur. "Ich habe erst eine Installation im Vorraum nach japanischem Muster gemacht, als ich plötzlich die Säule im Saal sah, und meinte, das die geradezu danach rief, verkleidet zu werden", sagt Roch.

Kursusteilnehmerin Almuth Wagener hatte zu Hause ein Stoff-Musterbuch mit Spitzenstoffen, verziert mit Metallplättchen, Perlen und Strass. "Die Musterstoffe sind 40 Jahre alt, kommen aus Paris, das sind noch wunderschöne, hochwertige und schwere Stoffe, und für Käthes Rochs Säulen-Installation leihe ich sie gern aus", sagt Wagener. Die Tücher wurden zum bunten Spitzenrock, gegürtet mit einer goldfarbenen Gardinen-Kordel, Käthe Rochs Osternest zum Hut, die Bluse aus Leinen halten Wäscheklammern zusammen, und die ganze Figur steckt in unendlich komisch aussehenden Stiefeln. "Die hatte Bettina Renk aus einem anderen Kunst-Workshop und leiht sie mir ebenfalls für diese Figur", sagt Roch. Einen Namen hat ihre schräge Schöpfung auch schon: Käthe.

Der Kartoffelroder mit Fangkorb im Bauerngarten am Stadtmuseum inspirierte Almuth Wagener zum "Blick unters Brautkleid". Sie spannte durch die Speichen des blauen Fangkorbs ein weißes Moskitonetz, stellte zwei Beine aus Papier, eines mit blauem Strumpfband, in die Mitte dieses Rocks, verzierte alles mit sexy Schleifen und Bändern, und fertig war der "Blick unters Brautkleid". Vorausgegangen war eine intensive Auseinandersetzung mit den Innen- und Außenräumen des Museums, mit den Dingen in diesen Räumen und dem, was sie an neuen Ideen in sich bergen. Bei Wagener eben der Rock einer Braut.

Gudrun Pöpperling fand ihr Kunstobjekt hinter dem Stadtmuseum, einen abgestorbenen Baum mit bizarren Ästen. "Ich habe ihm mit weißer Farbe eine neue Gestalt gegeben und damit auch ein neues Leben", sagt Pöpperling. Einige von der Natur besonders knorrig geformte Zweige hing sie als Objekt an die Wand oder legte sie auf eine Stele: Fertig ist die Kunst.

"Die Kursusteilnehmerinnen und -teilnehmer haben alle einen geschulten Blick, arbeiten eigenständig und auf hohem Niveau", sagt Kursusleiterin Ulli Böhmelmann. Sie würden sowohl die Räume als auch das Material erkunden und darin ihre Themen entdecken. So wie Manfred Thiele seine Blume.

Die Ergebnisse aller Kunstsommer-Kurse sind von Sonntag, 21. Juli, bis Sonntag, 4. August, im Stadtmuseum zu sehen. Vernissage ist am Sonntag, 21. Juli, von 16 Uhr an.