Bereits vom Schuljahr 2014/2015 an soll die alte Sprache an 27 Grundschulen des Landes angeboten werden. Einige Schulen und Kitas sind schon ganz “op Platt“ eingestellt.

Norderstedt . Ab Sommer 2016 soll jeder Grundschüler in Schleswig-Holstein Plattdeutsch-Unterricht erhalten. Bereits vom Schuljahr 2014/2015 an soll die alte Sprache an 27 Grundschulen des Landes angeboten werden. Das beschlossen Bildungsstaatssekretär Dirk Loßack und Renate Schnack, Niederdeutsch-Beauftragte der Landesregierung, nach einer Plattdeutsch-Konferenz. Für den zusätzlichen Unterricht stellt das Bildungsministerium mehr Lehrerstellen zur Verfügung. Um die können sich die Grundschulen im Herbst bewerben.

In Norderstedt hat sich die Grundschule Immenhorst in Harksheide-Süd schon ganz "op Platt" eingestellt. "Plattdeutsch ist ein wichtiges Kulturgut, bildet eine enge Verbindung zu Englisch, hat viel Humor und bringt den Kindern viel Spaß", sagt Elisabeth Bauer-Plambeck, Leiterin der Grundschule am Glashütter Damm. Der Plattdeutsch-Unterricht kann mit anderen Fächern verknüpft werden. Das Kollegium wird den Schülern der dritten Klassen Plattdeutsch im Deutsch-Unterricht und in einer Projektwoche anbieten. "Die Acht- und Neunjährigen können schon lesen und schreiben und sind für Sprachen in dem Alter sehr aufnahmefähig", sagt Bauer-Plambeck.

Angestrebt wird eine Kooperation mit Alten- und Pflegeheimen

Begleitet wird das Projekt an den Grundschulen von Petra Wede. Die Niederdeutsch-Beauftragte lernte Plattdeutsch als Muttersprache und bringt Unterrichtsmaterial und vor allem viele praktische Unterrichts-Empfehlungen in die Schulen. "Der Bedarf ist da, und auch Lehrer, die nicht fließend Platt sprechen, können die Sprache unterrichten", sagt Wede.

Auch an den Norderstedter Grundschulen Niendorfer Straße und Pellwormstraße ist Plattdeutsch-Unterricht geplant, ebenso an Grundschulen in Großenaspe, Sievershütten, Rickling und Schlamersdorf.

"Gut wären Kooperationen mit Alten- und Pflegeheimen, in denen Menschen leben, die Platt als Muttersprache lernten", sagt Wede. 2015 soll die Sprache bis zur vierten Grundschulklasse unterrichtet werden. "Dann sind die Kinder in der Sprache fit, wenn sie auf die weiterführenden Schulen kommen", sagt Wede.

An der Norderstedter Grundschule Pellwormstraße unterrichtet Katharina Offermanns. Die Lehrerin ist so sehr vom Plattdeutschen fasziniert, dass sie mit Norderstedts Niederdeutsch-Autorin Christa Heise-Batt das Schulbuch "Keine Angst vor Käptn Jerid!" geschrieben hat. Es ist im Norderstedter Kadera-Verlag erschienen.

"Wir haben einige Passagen des Buches ins Plattdeutsche übersetzt, damit werden die Kinder behutsam an die Sprache herangeführt", sagt Katharina Offermanns. "Mit diesem Buch werden die Kinder sofort in eine spannende Geschichte um zwei Kinder und Piraten einbezogen und lernen Platt fast nebenbei", sagt Christa Heise-Batt.

Zum Schulbuch für die Kinder schrieb Offermanns eine Literaturwerkstatt für die Lehrer als Unterrichtsbegleitung und mit Aufgaben für jedes Kapitel im Buch. "Lehrern, die Plattdeutsch nicht sprechen, fehlt oft der Zugang zu der Sprache", sagt Offermanns, die während ihres Studiums in Kiel Niederdeutsch als Studienfach belegte.

Die Idee zum Buch kam der 30 Jahre alten Lehrerin während eines Plattdeutsch-Projekts an ihrer Schule. "Keine Angst vor Käptn Jerid" erzählt auf 125 Seiten die Geschichte von Jussi und Pauline, die im Museum heimlich auf einer ausgestellten Flöte blasen und - auf einem Piratenschiff landen. Die Piraten sprechen Platt. Die Mädchen bestehen mit Bravour viele Abenteuer. "Jüm sünd dat Kostbarste, wat je op uns Schipp segelt is", gesteht Käptn Jerid zum guten Schluss.

Auch Oberbürgermeister Grote hat ein Plattdeutsch-Seminar belegt

Doch nicht nur an den Schulen, auch in der Verwaltung muss es laut Verfassung des Landes mindestens einen Mitarbeiter geben, der Plattdeutsch spricht. Dafür hat Norderstedts Oberbürgermeister Hans Joachim Grote jetzt einen Kursus für Verwaltungsangestellte eingerichtet. Er findet einmal im Monat für zwei Stunden im Rathaus statt. Dozentin ist Christa Heise-Batt. "Ich will Menschen, die mich auf Plattdeutsch ansprechen, auch in dieser Sprache antworten können, das wird zwar nicht perfekt, aber es gehört für mich zum guten und respektvollen Ton im Umgang miteinander", sagt Verwaltungschef Grote, der am Kursus teilnimmt. "Wir lesen laut Geschichten vor, sprechen miteinander auf Platt, übersetzen Zeitungsartikel und singen plattdeutsche Lieder", sagt Kulturpreisträgerin Heise-Batt.

In der Vorschule werden Geschichten auf Plattdeutsch erzählt

"Kiek mol, was is de Heben so rot", singt Leon. Der Vierjährige wächst mit Niederdeutsch auf, seine Eltern Martina Linnig und Heiko Tank pflegen die alte Sprache. Jetzt bringen sie sie in einige Norderstedter Kindergärten. Start ist in der Spielgruppe beim Musischen Jugendkreis an der Ochsenzoller Straße, dessen Vorsitzender Heiko Tank seit einem halben Jahr ist. Ehefrau Martina Linnig singt und spielt mit einer Gruppe vierjähriger Mädchen und Jungen und einer Vorschulgruppe mit fünf- bis sechsjährigen Kindern auf Plattdeutsch und erzählt Geschichten op Platt.

"Jetzt sind sie in einem Alter, in dem sie Sprachen sehr schnell lernen, das möchte ich nutzen", sagt Linnig. Mit dabei ist auch Bilal, der bereits mit Türkisch und Deutsch zwei Sprachen spricht. Kjell hingegen hört erst einmal nur zu, und Sonja summt ein Lied vor sich hin. Wenn sie in die Grundschule kommen, sind sie schon in einem Fach fit: Plattdeutsch.

Das Schulbuch "Keine Angst vor Käptn Jerid!" von Katharina Offermanns und Christa Heise-Batt (Übersetzung) ist im Norderstedter Kadera-Verlag erschienen (140 Seiten, 10,95 Euro im Buchhandel), weitere Informationen im Internet unter der Adresse www.kadera.de .