Der Kisdorfer Hobbyhistoriker Peter Schiller präsentiert ein neues Buch über den Luftkrieg in Schleswig-Holstein im Zweiten Weltkrieg

Kreis Segeberg . Der Kommandeur des Fliegerhorsts Uetersen (Kreis Pinneberg) formulierte seinen Bericht militärisch knapp: "Am 21.4.1942, 10.30 Uhr, fand die Beisetzung von sieben gefallenen Angehörigen der Royal Air Force auf dem Neuen Friedhof in Uetersen statt. Wellington Mk. III, abgeschossen in der Nacht vom 17. zum 18.4.42, 3 km westlich Hasloh um 03.34 Uhr, durch Aufschlag und Brand völlig zerstört. Sarg 1 bis 6. Manchester I, um 03.56 Uhr am Tangstedter Südforst bei Glashütte in der gleichen Nacht abgeschossen. Ein Toter, Sarg Nr. 7."

Der Standortälteste der Wehrmacht in Uetersen hatte eine feierliche Zeremonie für die Beisetzung der sieben Piloten der Royal Air Force organisiert: Ein Musikkorps spielte, Sarg- und Kranzträger sowie einen Ehrenzug marschierten auf.

Acht Männer starben, die deutsche Wehrmacht erwies den Crews der britischen Bomberflotte die letzte Ehre - Routine im Zweiten Weltkrieg. Auf diesen Bericht ist der Kisdorfer Peter Schiller bei seinen Recherchen in den Archiven gestoßen. Zwei Jahre hat er Akten über den Bombenkrieg über Schleswig-Holstein studiert, Bücher gelesen, mit Zeitzeugen gesprochen und korrespondiert. Immer wieder hat er Dokumente und Berichte über ein Kapitel des Krieges ausgewertet, das bis heute unter Historikern intensiv diskutiert wird: die Angriffe alliierter Bomber gegen deutsche Städte. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Der Hobbyhistoriker Schiller hat ein Werk von mehr als 500 Seiten geschrieben, das demnächst in den Handel kommt: "Die Straße der Bomber". Das Buch ist der sechste und letzte Band einer Reihe über die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs und der unmittelbaren Nachkriegszeit im Kreis Segeberg und den angrenzenden Gebieten. Im Jahr 2002 trafen sich Schiller und andere Hobbyhistoriker zum ersten Mal und gründeten die Arbeitsgruppe Geschichte im Amt Trave-Land und begannen mit ihren Recherchen. Fünf Bücher schrieb das Team gemeinsam.

Der jetzt vorgelegte sechste Band "Die Straße der Bomber" ist eine erweiterte Neuauflage des ersten Buches, das unter demselben Titel im Team verfasst wurde. Die Ausgabe ist um das Doppelte gewachsen. "Diesmal bin ich der Alleinautor", sagt der 76 Jahre alte Schiller.

Der Titel bezeichnet den Weg, den die britischen Bomber auf ihrem Weg in den Norden des Deutschen Reiches nahmen. Zumeist führte die Route über die Halbinsel Eiderstadt zu Zielen in Schleswig-Holstein und Hamburg. Auch die Angriffe auf die Ostseestädte begannen auf dieser "Straße".

Schiller hat nicht nur Statistiken und Berichte zusammengestellt, sondern beschäftigt sich auch mit einer Frage, die viele Historiker thematisieren: Handelte es sich bei den Angriffen auf Städte und ihre Wohngebiete um Kriegsverbrechen? Schiller zitiert beispielsweise Schriftstücke der britischen Luftwaffe, in denen nicht die Zerstörung militärischer Anlagen, sondern die "Willenskraft oder nationale Moral", also das Durchhaltevermögen der Zivilbevölkerung unter den Bombenzielen an erster Stelle genannt. Damit begibt sich Schiller als Hobbyhistoriker auf ein umstrittenes Terrain, bleibt aber durch präzise Recherche und die Nutzung historischer Quellen glaubwürdig.

Trotz schwieriger Quellenlage hat Schiller den Versuch gewagt, den Bombenkrieg im Detail zu dokumentieren, listet Bombenangriffe und Flugzeugabstürze auf, beziffert Verluste und beschreibt die unterschiedlichen Flugzeugtypen und ihre Bewaffnung.

Schiller ordnet die historischen Ereignisse in der Region in große Zusammenhänge ein und lässt immer wieder Zeitzeugen zu Wort. Hans Magens aus dem Dorf Raa-Besenbek bei Elmshorn schrieb am 3. Juni 1940: "Ein Bomber flog in mondheller Nacht über unser Dorf. Durch Flakfeuer in Bedrängnis geraten, entledigte er sich seiner tödlichen Last. Sechs Bomben fielen in einem Umkreis von etwa 50 m bei uns auf den vierten Kamp in das Moor. (...)

Einem Rind war von einem Splitter ein Ohr abgerissen worden. Ein dreijähriges Pferd und ein Schaf sind durch Splitter getötet worden. Beim Nachbarn Bornholdt wurden mehrere Tiere verwundet, wovon einige notgeschlachtet werden mussten."

In der Dorfchronik von Langeln (Kreis Pinneberg) entdeckte Schiller einen Eintrag auf Plattdeutsch über einen Besuch britischer Soldaten im Jahr 1945 auf dem Bauernhof Blöcker, der bei einem Angriff 1942 erheblich beschädigt worden war. "Dar kemen veer Tommys up'n mal bi uns rin, se wulln ,eggs' hebn. De Fööt legen se up'n Disch. Ick heff ehr denn Eier brat, darnah gungen se wedder. De Engländer stün denn ünner den geschnitzten Balken öber uns Husdör un versöchen, de schöne Inschrift to entziffern: De Tommy smeet uns Hus indutt, So wuss dat nee ut Bruch un Schutt. Johannes un Herta Blöcker 1942."

Die beinahe heiter wirkende Episode aus Langeln reiht sich in lange Listen mit Angriffen, Kämpfen und Toten ein, die Schiller über Hunderte Seite zusammengestellt hat. Die Masse der Zwischenfälle zeigt, dass jenseits der großen Städte auch in den ländlichen Regionen des Nordens der Bombenkrieg zum Alltag des Krieges gehörte. Ein Beispiel aus dem Frühjahr 1944: "Gerhard Hopp aus Bad Segeberg berichtet, dass in der Nähe von Dorf-Berlin, Gut Kamp, abends ein Flugzeug mit zwei Mann Besatzung in den Wald gestürzt und verbrannt ist, ein Toter, ein Gefangener.

Rolf Stock aus Daldorf berichtet, dass in dieser Zeit ein Fallschirmspringer beim Bauern Gustebbe in Rohlstorf-Daldorf herunter gekommen ist.

(...) Ein deutscher Jäger hat einen Bomber über Wahlstedt beschossen (...) Sandten war an der Absturzstelle und sah zwei Besatzungsmitglieder im Baum hängen, zwei waren tot und vier angeblich verschwunden."

Schillers Buch ist im Verlag winterwork erschienen und kostet 34 Euro. Vorbestellungen per E-Mail an archiv@amt-trave-land.de oder per Post an Arbeitskreis Geschichte im Amt Trave-Land, Waldemar-von-Mohl-Straße 10, 23795 Bad Segeberg.