Bilanz des Amtsgerichtes Norderstedt 2012: In keinem Jahr standen weniger Jugendliche vor dem Richter. 484-mal standen Jugendliche im vergangenen Jahr wegen Straftatbeständen vor dem Richter.

Norderstedt. Als der ehemalige Innenminister Klaus Schlie 2010 von der Einführung einer landesweiten Task-Force Jugendkriminalität sprach, da kam er an das Norderstedter Amtsgericht, um dort zu schauen, wie vorbildliches Zusammenarbeiten aller Institutionen beim Jugendstrafrecht funktioniert. Das Amtsgericht, die Polizei, die Staatsanwaltschaft, die Schulen und die Jugendhilfe sind in Norderstedt bestens vernetzt. Und das zeigt sich deutlich an den nackten Zahlen. Amtsgerichts-Direktor Wolf Reinhardt Wrege konnte bei der Präsentation des Jahresberichtes 2012 vom niedrigsten Stand an Jugendstrafsachen berichten, seit das Gericht Statistik betreibt.

484-mal standen Jugendliche im vergangenen Jahr wegen Straftatbeständen vor dem Richter. 2011 waren es noch 691 Jugendliche gewesen, in den Jahren davor immer deutlich über 500 Fälle. Wrege: "Dieser Rückgang ist dem beherzten Eingreifen aller Beteiligten im Bereich Jugendstrafrecht zuzuschreiben." Die bessere und enge Abstimmung habe nicht nur dazu geführt, dass weniger Delinquenten überhaupt vor Gericht landen, sondern bewirke auch, dass die Verfahren schon zwei Wochen nach Anklageerhebung anberaumt und dann innerhalb von sechs Monaten erledigt würden, so Wrege.

Insgesamt fällt der Jahresrückblick 2012 im Amtsgericht Norderstedt zufriedenstellend aus. "In vielen Bereichen beobachten wir eine Konsolidierung der Fallzahlen, eine insgesamt solide Entwicklung mit wenigen Ausreißern", sagt Wrege. Die 13 Richter und 89 Angestellten des Gerichts können sich allerdings nicht über zu wenig Arbeit beschweren. "In manchen Abteilungen ist die Belastung so hoch, dass der eine oder andere Mitarbeiter sagen wird: Ich kann nicht mehr."

Bei den Zivilsachen - also dem Streit ums Geld, Nachbarschaftsstreitigkeiten oder dem juristischen Nachspiel von Unfällen - wurden 1933 Verfahren vor dem Amtsgericht geführt, ein moderater Rückgang um 94 Fälle zu 2011. Auffällig in diesem Bereich sind nur die zerstrittenen Nachbarn. 56-mal landeten sie 2012 vor Gericht - ein eklatanter Anstieg um über 20 Fälle im Vergleich zu den Vorjahren.

Mediation kürzt Verfahren ab - was Anwälten nicht immer gefällt

Vor dem Familiengericht sahen sich im vergangenen Jahr in 1038 Fällen die zerstrittenen Eheleute wieder (2011: 1158 Fälle). In diesen konfliktreichen Verfahren ist das Thema Mediation wichtig. Zeit- und kostenintensive Verfahren können mit der Einigung der Parteien vor dem Güterichter abgekürzt werden. Das Norderstedter Gericht forciert die Mediation seit 2007, die Fallzahlen kletterten in den vergangenen Jahren in den dreistelligen Bereich. Doch nun verzeichnet Wrege einen herben Einbruch auf einen tiefen zweistelligen Bereich. "Das mag an der Verunsicherung der Beteiligten mit dem Verfahren liegen", sagt Wrege. Nicht wenige Anwälte würden Mediationsverfahren mit Argwohn betrachten. Schließlich verhindert die Mediation auch manches lukrative Mandat.

Beim Erwachsenen-Strafrecht sind die Zahlen für 2012 im Gegensatz zum Jugendbereich auf gleichbleibendem Niveau. 936 Verfahren wurden geführt, in den vergangenen fünf Jahren lagen die Zahlen in beinahe identischer Höhe.

Die insgesamt gute wirtschaftliche Lage der Region lässt sich aus den Zahlen der Insolvenzen und der Grundbuchsachen ableiten. Mit 592 Insolvenzverfahren hat das Amtsgericht den tiefsten Wert seit fünf Jahren erreicht. Seit 2008 wurden immer zwischen 643 und 736 Fälle bearbeitet. Auch bei den Verbraucherinsolvenzen ist ein Rückgang zu verzeichnen: 264 Menschen meldeten sich 2012 zahlungsunfähig, 2011 waren es noch 28 mehr. Dass auf dem Immobilien- und Grundstücksmarkt äußerst viel Bewegung ist, zeigen die Zahlen des Grundbuchamtes: 11.442 Fälle wurden bearbeitet (2011: 11.593). In den letzten beiden Jahren lagen die Zahlen hier um weit über 1000 Fälle höher als noch 2008. "Die Digitalisierung des Grundbuchamtes ist übrigens zu 96 Prozent abgeschlossen", sagt Karl-Heinz Radeck, Geschäftsleiter des Amtsgerichts. Lediglich 3000 sehr aufwendige Grundbücher würden in der Datenerfassung noch fehlen. "Wir sind zuversichtlich, dass wir das dieses Jahr noch schaffen."

Auf der Schattenseite der wirtschaftlichen Entwicklung arbeiten die fünf Gerichtsvollzieher des Amtsgerichts. 2012 hat die Abteilung "Mobiliarvollstreckung" 2565 Verfahren bearbeitet (2011: 2732), die Vollzieher mussten 8000-mal zwangsvollstrecken, also säumigen Verbrauchern Geldbeträge oder beispielsweise das Auto abnehmen.

Eines der großen Projekte des Jahres 2013 hat das Amtsgericht bereits bewältigt. Seit dem 1. März arbeitet das Gericht als eines der ersten im Land mit dem neuen Fachprogramm Forumstar. Die Einführung sorgte für etliche Soft- und Hardwareprobleme, die die Mitarbeiter bei der Bearbeitung der Verfahren erheblich behinderte. "Doch sechs Wochen nach Einführung will keiner mehr zurück zum alten System. Die Vorteile des neue Systems zeigen sich im Alltag deutlich", sagt Wrege.