Die Nachhilfe-Branche boomt. Neben kommerziellen Anbietern drängt jetzt auch die Volkshochschule Henstedt-Ulzburg auf den Markt.

Kreis Segeberg . "Streng dich an in der Schule, sonst findest du später keinen guten Job!" Diese Mahnung der Eltern hören immer mehr Kinder: Der Druck auf die Schüler wächst, oft wird versucht, ihre Noten durch Nachhilfe zu verbessern. Denn ein qualifizierter Schulabschluss ist heute wichtiger denn je. In Deutschland erhalten knapp 1,1 Millionen Schüler regelmäßig bezahlten Nachhilfeunterricht - 30 bis 40 Prozent aller Schüler in Deutschland lassen sich so auf die Sprünge helfen. In den oberen Klassen büffelt fast jeder zweite Schüler mit Privatlehrer.

Eltern lassen sich den erhofften Schulerfolg einiges Kosten: 1500 Euro geben sie pro Schuljahr und Kind im Schnitt aus. Kein Wunder also, dass de Branche boomt. In Norderstedt gibt es mit dem Studienkreis, der Schülerhilfe und der Kosmo-Kids Lernwerkstatt drei kommerzielle Anbieter. Außerdem ist hier auch die bundesweite Nachhilfevermittlung "Studenten für Schüler" aktiv. In ganz Deutschland gibt es inzwischen mehr als 3000 kommerzielle Anbieter, dazu kommen ungezählte private Angebote. Außerdem wird in vielen Schulen Nachhilfeunterricht erteilt.

Die Branche boomt, aber warum ist das so? "Unser Schulsystem ist so aufgebaut, dass viele Schüler es ohne Hilfe nicht schaffen", sagt Thomas Momotow aus Bochum, Pressesprecher des Nachhilfeanbieters Studienkreis. Allerdings hat er beobachtet, dass es sich dabei keineswegs um ein aktuelles Phänomen handelt: Die Zahl der Nachhilfeschüler sei seit etwa 20 Jahren stabil. Die Einführung des Abiturs nach Klasse zwölf (G8) habe den Druck auf viele Schüler aber erhöht. Beim Studienkreis bekommen nach Angaben von Thomas Momotow 50 bis 60 Prozent der Schüler Nachhilfe in Mathematik.

Seit Beginn des Jahres gibt es bei der VHS auch professionelle Nachhilfe

Schülerhilfe und Studienkreis sind die beiden größten deutschen Nachhilfeanbieter. Beide zusammen beschäftigen etwa 20.000 Nachhilfelehrer als Honorarkräfte. Der Studienkreis ist auch in Bad Bramstedt und Kaltenkirchen aktiv, die Schülerhilfe gibt es in Bad Segeberg und seit zwei Wochen auch wieder in Henstedt-Ulzburg.

Aber nicht nur kommerzielle Anbieter drängen auf den Markt, auch die Volkshochschulen haben diese Marklücke erkannt und nutzen die Chance. Die Volkshochschule Henstedt-Ulzburg ist neuerdings "das regionale Zentrum für professionelle Nachhilfe". Bisher gab es im VHS-Förderzentrum professionelle Hilfe bei Lese-, Rechtschreib- und Rechenstörungen, seit Beginn des Jahres auch professionelle Nachhilfe.

Ramona Bücker ist Fachbereichsleiterin "Junge VHS" und damit auch für den Nachhilfeunterricht zuständig. "Durch die Zusammenlegung verschiedener Schulformen und das Abitur nach zwölf Jahren sind die Ansprüche höher geworden", sagt die VHS-Mitarbeiterin. "Ein normales Schulniveau reicht nicht mehr aus, der Korb hängt höher." Es gibt aber auch andere Ursachen für vermehrten Nachholbedarf: Unterrichtsausfälle, lange Fehlzeiten durch Krankheit, kurzfristige persönliche Schwierigkeiten, mangelnde Konzentration oder Lernstrukturen können Ursachen für Wissenslücken in einzelnen Fächern sein. Egal wie und warum: Die Volkshochschule in Henstedt-Ulzburg bietet Schülern aller Altersklassen Nachhilfeunterricht an. Unterrichtet werden alle Fächer in allen Klassenstufen. Das neu gegründete Nachhilfelehrer-Team besteht aus qualifizierten Fachkräften, die von einer pädagogischen Leitung betreut werden.

Drei Stipendien für eine halbjährige Lernhilfe werden vergeben

Als die VHS Henstedt-Ulzburg ihr Nachhilfekonzept entwickelte, gab es im Ort keinen kommerziellen Anbieter für Nachhilfeunterricht. Diese Situation hat sich inzwischen geändert: Gleich nebenan, am Rathausplatz 11, ist die Schülerhilfe eingezogen. Andreas Gruß, Leiter der Zweigstelle, kennt die halbstaatliche Konkurrenz - die VHS ist ein von der Gemeinde unterstützter Verein, der Tür an Tür mit ihm Nachhilfeunterricht anbietet. Er akzeptiert die Lage. "Konkurrenz belebt das Geschäft", sagt er. Immerhin hat er in seiner Schülerhilfe-Zweigstelle noch etwas Besonderes zu bieten: Nicht nur Schüler, sondern auch Auszubildende werden unterrichtet. 15 Lehrkräfte unterrichten hier. "Das Selbstwertgefühl der Kinder geht oft den Bach herunter, wenn sie von den Eltern auf eine bestimmte Schule gedrängt werden", hat Andreas Gruß festgestellt. Um sein Geschäft in Schwung zu bringen, hat er der stellvertretenden Bürgermeisterin Elisabeth von Bressensdorf drei Stipendien für eine halbjährige Lernhilfe, die Schülern an weiter führenden Schulen im Ort zugute kommen sollen, überreicht. Zusammen mit den Schulleitungen will die Gemeinde entscheiden, welche Schüler die Stipendien bekommen.

Nachhilfe ist keine wirkungslose Maßnahme

Eltern, die ihre Kinder zum Nachhilfeunterricht schicken, können hoffen, dass sich die schulischen Leistungen verbessern. In einer Bertelsmann-Studie wird von einer "tendenziell positiven Beurteilung der Wirksamkeit von Nachhilfe" geschrieben. Es dürfe davon ausgegangen werden, dass Nachhilfe keine wirkungslose Maßnahme sei. Weitere Forschungen auf diesem Gebiet seien jedoch für eine abschließende Bewertung unabdingbar.