Im Herbst 2012 startete die Stadt Norderstedt ein Pilotprojekt des Lärmaktionsplans. Die Initiative bleibt bisher ohne Wirkung.

Norderstedt. Felix Werner aus Norderstedt ist Außendienstmitarbeiter. Er ist ständig mit seinem Auto unterwegs, teilweise bis spät in die Nacht. "Ich halte mich natürlich immer an die Geschwindigkeitsbegrenzungen auf allen Straßen - ich bin für meine berufliche Existenz auf das Auto angewiesen und darf meinen Führerschein nicht verlieren", sagt Werner.

Im Herbst 2012 startete die Stadt Norderstedt ein Pilotprojekt des Lärmaktionsplans: Tempo-30-Zonen zum Schutz der Nachtruhe. Die Niendorfer Straße zwischen der Einmündung der Kirchenstraße und der Ochsenzoller Straße wurde von 22 bis 6 Uhr zu so einer Zone. Aber Felix Werner bekam das irgendwie nicht mit. Obwohl er gleich nebenan in der Meyertwiete wohnt. "Erst vor Kurzem habe ich die Schilder wahrgenommen. Und habe mich richtig erschreckt." Denn er hatte das Teilstück all die Wochen mit 50 Stundenkilometer befahren. "Ich hatte Glück, dass die nicht geblitzt haben."

Jetzt hält sich Felix Werner sklavisch an die Tempo-Begrenzung. "Aber wenn ich um 23 Uhr auf der Niendorfer mit 30 fahre, bekomme ich von anderen Autofahrern Lichthupen oder sie fahren eng auf - die halten mich für bekloppt", sagt Werner. Es wird klar: Kaum jemand kennt, kaum jemand achtet die Tempo-Reduzierung. Tempo 30, damit Anwohner ruhig schlafen können - Werner hält das für überflüssig. "Tagsüber müsste das hier sein. Da sind die Schulkinder unterwegs!" Außerdem: Hätte die Stadt auf die Tempo-Veränderung nicht mit Extra-Schildern hinweisen können?

"Wir wollen und dürfen den Straßenraum nicht mit unnötigen Schildern überfrachten", sagt Herbert Brüning, Leiter des Fachbereichs Umwelt. Die Wahrnehmung der Tempo-30-Zonen an der Niendorfer Straße und an der Poppenbütteler Straße zwischen der Einmündung des Lindenwegs und des Glashütter Damms brauche Zeit. "Uns ist durchaus bewusst, dass derzeit noch kaum Effekte erzielt wurden. Doch wenn sich nach einem halben Jahr Wirkung zeigt, sind wir zufrieden." Die Aktion soll keine Verkehrs-Folklore sein, nicht nur ein Schild mit Nichts dahinter. "Wir wollen in der einjährigen Pilotphase eine Lärmminderung erzielen", sagt Brüning. Denn nur, wenn nachweislich weniger Lärm durch die Tempo-Reduktion entsteht, hat die Stadt eine Chance, dauerhaft Tempo-30 auf den Teilstücken einzuführen.

Diplom-Ingenieur Horst Peter, 75, wohnt direkt an der Tempo-30-Zone der Poppenbütteler Straße. "Am Krach hier hat sich in den vergangenen Wochen durch Tempo 30 eigentlich kaum was merklich verändert. Der fertige Tunnel am Ochsenzoll, der hat was gebracht", sagt Peter. Aber nach wie vor sorgen schwere Lastwagen für Krach und Erschütterungen im Haus. "Die Leute werden so lange nicht langsamer fahren, bis hier geblitzt wird. Vielleicht würden ja auch diese Dialog-Displays was bringen." Laut Herbert Brüning sollen die demnächst noch aufgestellt werden. Der Fahrer bekommt seine aktuelle Geschwindigkeit angezeigt. Wenn er 30 Stundenkilometer fährt, verbunden mit einem "Vielen Dank". Im 2008 für Norderstedt beschlossenen Lärmaktionsplan (LAP) finden sich viele weitere Straßenabschnitte, auf denen die Einführung von Tempo 30 geplant ist. Seit 2008 wurden laut Brüning insgesamt 43 Aktionen zur Reduzierung des Lärms in Norderstedt umgesetzt, sieben teilweise realisiert und elf würden im laufenden Jahr fertiggestellt. "Damit ist für den Lärmschutz in Norderstedt schon einiges erreicht worden", sagt Brüning. 37 weitere Aktionen sollen in den kommenden Jahren folgen. Neben der Geschwindigkeitsreduktion seien Flüsterasphalt für manche Straßenabschnitte, die strukturelle Verbesserung des Angebotes für den Fuß- und Radverkehr oder den ÖPNV Handlungsoptionen.

Gemeinsam mit den Bürgern sammelt die Stadt Lösungsvorschlägen für die Fortschreibung des Lärmaktionsplans. Sie lädt zu einem zweiten öffentlichen Workshop für Freitag, 22. Februar, von 16 bis etwa 21 Uhr ins Norderstedter Rathauses ein. Etwa 60 Bürger hatten bereits beim Auftaktworkshop mitgemacht. Fachgutachter dokumentierten die bisher erreichte Lärmminderung und legten mit Hilfe der neu berechneten Strategischen Lärmkarten Rechenschaft über die bisherigen Fortschritte und den noch verbleibenden Handlungsbedarf ab.

Erste Anregungen wurden von den Interessierten eingebracht und auf der Stadtkarte markiert. Und ein Schwerpunkt war dabei: Die Ausweitung der Geschwindigkeitsbeschränkungen.