Die Städte und Kommunen wollen lukrative Werstoffe im Müll nicht länger an private Entsorger verlieren und gemeinsam gegen diese vorgehen.

Norderstedt. Die kommunalen Müllentsorger nennen sie "Rosinenpicker". Gemeint sind private Müll-Sammler, die es besonders auf den lukrativen Haushaltsmüll, also Elektroschrott, Altmetall, Altkleider oder Altpapier abgesehen haben. Sie kündigen sich bei den Bürgern mit Wurfsendungen an oder indem sie kleine Wäschekörbe vor die Tür stellen. Manchmal geben sie vor, für den guten Zweck zu sammeln.

Im Kreis Segeberg wurde den "Rosinenpickern" jetzt ganz offiziell der Krieg erklärt. Die untere Abfallentsorgungsbehörde des Kreises Segeberg, die Polizei, der Ermittlungsdienst Umwelt der Polizei und der Wege-Zweckverband der Gemeinden des Kreises Segeberg haben jetzt ein gemeinsames Vorgehen gegen die "wilden Sammlungen" abgestimmt. Durch verstärkte Kontrollen der Müllsammler und das Anordnen von Bußgeldern von bis zu 10.000 Euro an die illegalen unter ihnen, soll die wilde Sammelei unterbunden werden.

Beim Müllsammeln geht es heute um viel Geld. Das Recycling von Metallen, Textilien, Elektroschrott oder Altpapier ist ein Milliarden-Geschäft. Die Rohstoffpreise unterliegen starken Schwankungen, steigen aber tendenziell. Für eine Tonne gemischten Schrott gibt es zwischen 180 und 200 Euro, für Altpapier je nach Qualität 30 bis 150 Euro, für die Tonne Schuhe sogar bis zu 1200 Euro und für Altkleider an die 300 Euro. Wenn die Erlöse vielversprechend sind, tauchen die Müllsammler verstärkt auf.

Seit Mitte 2012 muss sich allerdings jeder Sammler anmelden. Ohne Meldebescheinigung ist ein Sammler illegal. Das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz verlangt das. In Schleswig-Holstein prüft das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) in Flintbek die Anträge. "Eigentlich wurde das Gesetz novelliert, um professionellen, gewerblichen Müllsammlern den geregelten Zugang zum Markt zu verschaffen", sagt Martin Rüter, stellvertretender Leiter des Dezernates Abfallwirtschaft. In der Praxis zeige sich nun aber, dass es die Behörde nun nicht mit ein paar großen Unternehmen zu tun hat, die in den Ballungszentren mit den Kommunen um die Altpapierentsorgung buhlen, sondern mit einer Flut von Anträgen von kleinen, privaten Müllsammlern, die zum großen Teil vorgeben, gemeinnützig zu sein. Mehr als 120 nicht abgeschlossene Anzeigeverfahren liegen dem Amt vor, davon bisher sechs formelle Untersagungsverfahren. Die Behörde kommt mit der Bearbeitung kaum hinterher.

Die Rechtslage ist vom Grundsatz klar. "Dem öffentlich-rechtlichen Entsorger muss ich als Bürger zunächst alle meine Abfälle anzeigen", sagt Rüter. Für Waschmaschinen, Kühlschränke oder CD-Player besteht sogar eine Überlassungspflicht. Andere Wertstoffe dürfen von gewerblichen Verwertern nach Anmeldung unter Auflagen eingesammelt werden. "Wir können untersagen, wenn eine Kommune nachweist, dass eigene Sammelsysteme - etwa städtische Altkleidercontainer - dadurch benachteiligt werden", sagt Rüter. Gegen gemeinnützige Sammlungen kann das LLUR wenig ausrichten. Das Gesetz schreibt noch nicht mal vor, wie viel ein Müllsammler von seinem Erlös an wohltätige Zwecke abführen muss. Gespendet werden soll lediglich, was nach Abzug von Kosten und angemessenem Gewinn übrig bleibt.

Für den WZV und das Norderstedter Betriebsamt ist vor allem eine Botschaft wichtig. "Erlöse, die wir auf dem Wertstoffmarkt erzielen, begünstigen die Kalkulation der jährlichen Abfallgebühren", sagt Bettina Kramer, Sprecherin des WZV. Werner Kurzewitz vom Norderstedter Betriebsamt, der von einer beträchtlichen Zunahme der "wilden Sammler" im Stadtgebiet berichtet: "Im Vordergrund steht unser Auftrag, fachgerecht zu entsorgen. Wir freuen uns, wenn wir mit dem Müll Erlöse erzielen, etwa im Gebrauchtwarenkaufhaus Hempel. So können wir die Abfallgebühren seit elf Jahren stabil halten."

Die Kontrollen der Behörden in der Müll-Szene zeigen bereits Wirkung. In Negernbötel wurde ein illegaler Sammler von den WZV-Mitarbeitern inflagranti ertappt, ihm wurde die weitere Sammlung von Müll untersagt. Laut Werner Kurzewitz wurden seit dem 20. Dezember 2012 drei weitere Hamburger und Plöner Müllsammler von der unteren Abfallüberwachungsbehörde aus dem Verkehr gezogen.

Sowohl der WZV als auch das Norderstedter Betriebsamt rufen den Bürger zur Mithilfe auf. Wer sich von privaten Müllsammlern belästigt fühlt und sie melden möchte, wählt die Nummer der Abfallentsorgungsbehörde (04551/95 17 30), des Service Centers beim WZV (04551/9090) oder die Hotline der Stadt Norderstedt (040/535 95 186).