Jens Ritter bewirbt sich um einen der vier offenen Posten im Aufsichtsrat des Hamburger Traditionsvereins. Mitgliederversammlung am Sonntag.

Bad Bramstedt. Äußerlich hat sich Jens Ritter längst festgelegt. Die blau-weiß-schwarze Krawatte in den traditionellen Vereinsfarben, das Oberhemd mit der kleinen Raute, dem markanten Vereinswappen des Hamburger SV, über dem Herzen. Stilecht muss sowieso jeder Kandidat aussehen, der sich am Sonntag, 13. Januar (ab 10 Uhr), auf der ordentlichen Mitgliederversammlung des Vereins im Congress Center Hamburg zur Wahl stellt für einen der vier offenen Posten im Aufsichtsrat. So wie auch der 53 Jahre alte Geschäftsführer des Klinikums Bad Bramstedt und des RehaCentrums Hamburg.

Ritter wird dann besonders seine Erfahrungen als Führungskraft und Finanzfachmann in die Waagschale werfen. "Als Lehrer für Pflegeberufe sowie Diplom-Betriebswirt kann ich auf Personal- und Führungserfahrungen von über 13 Jahren in leitenden Funktionen von Institutionen im Gesundheitswesen zurückgreifen", schrieb er zunächst nach Bekanntwerden seiner Kandidatur in einer Pressemitteilung. "Nach meiner Direktorenarbeit an der Charité Berlin leite ich seit sechs Jahren das RehaCentrum Hamburg sowie das Klinikum Bad Bramstedt als Geschäftsführer mit etwa 1000 Mitarbeitern bei einem Jahresumsatz von 75 Millionen Euro."

Er stehe für Integration und nicht für Polarisierung, sagt Ritter. Er wolle daran mitarbeiten, dass der HSV wieder für Kontinuität, Konstanz und Nachhaltigkeit stehe. Der HSV müsse wieder im internationalen Fußball mitspielen und zum Aushängeschild in Europa werden.

Im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt wird sein persönlicher Hintergrund deutlich. "Ich bin HSVer von ganzem Herzen." Seit Mitte der 70er-Jahre besucht er Spiele des Bundesligisten im Volksparkstadion - heute offiziell Imtech-Arena. Mittlerweile hat Jens Ritter, der seit 2009 Vereinsmitglied ist, seinen festen Dauerkartenplatz im Block 23c, er fährt quer durch die Republik zu Auswärtspartien und hat auch Europa bereist als treuer Anhänger.

"Ich will daran mitarbeiten, dass der HSV wieder für Kontinuität und Nachhaltigkeit steht", sagt Ritter. Viele Wechsel in führenden Positionen, sei es im Vorstand oder im sportlichen Bereich, haben dem Image des Vereins geschadet. Auch der Aufsichtsrat als Kontrollgremium hat nach medial ausgetragenen Streitereien keinen guten Ruf.

Jens Ritter würde für eine moderatere Außendarstellung stehen. "Gerade in der Öffentlichkeit sollen Mitglieder des Aufsichtsrats zurückhaltend sein", fordert er und zieht einen Vergleich mit dem Betriebsrat im Klinikum. Auch dort gebe es verschiedene Standpunkte, Befindlichkeiten und Interessensvertretungen, die gegeneinander abgewogen werden müssten. "Natürlich wollen bei uns die Mediziner immer bessere Ausrüstung und mehr Personal. Der Ökonom sagt dann, was realistisch ist."

Nun ist die Frage legitim, ob Jens Ritter überhaupt genügend zeitlichen Freiraum hätte, um ein bedeutendes Ehrenamt - für den Posten beim HSV gibt es kein Geld - bekleiden zu können. "Mindestens zehn Stunden am Tag" sitzt der Klinikchef nach eigenen Angaben im Büro. Doch er vertraut seinen Mitarbeitern. "Wir haben einen guten Unterbau mit unserer Abteilungsleiter-Struktur und den Prokuristen. Das schaffen wir."

Dass ein Manager aus dem Gesundheitswesen an die Spitze des Vereins rückt, ist zudem nicht ungewöhnlich. Ein Beispiel: Auch der ehemalige Chef des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, Jörg Debatin, gehörte bereits dem HSV-Gremium an.

Und doch gilt Jens Ritter als Außenseiter. Es wird fraglos darauf ankommen, dass er mit seiner Bewerbungsrede am Sonntag die unentschlossenen Mitglieder überzeugt.

Zumindest was die Vernetzung innerhalb des Vereins betrifft, ist ihm Holger Criwitz weit voraus. Der Tangstedter - dort unter anderem bekannt als SPD-Politiker - wird sich ebenfalls zur Wahl stellen. Der 52-Jährige ist seit rund 30 Jahren aktiv im HSV, hat den einflussreichen Supporters Club mitgegründet, war dort Abteilungsleiter und saß bereits von 2000 bis 2004 im Aufsichtsrat. Anschließend leitete er den Verein HSV Ochsenzoll-Norderstedt, ehe dessen Auflösung 2012 beschlossen wurde und Criwitz die Funktion des Liquidators übernahm. "Ich habe festgestellt, dass von den Leuten, die den Verein wirklich kennen, fast niemand mehr angetreten ist. Das finde ich schade, denn diese gehören in den Aufsichtsrat. Nach fast 30 Jahren Vereinspolitik kenne ich den HSV in- und auswendig", sagte Criwitz bei seiner Vorstellung.