Neue Einkaufszentren bringen weitere Verkehrsprobleme für Henstedt-Ulzburg. Die Gemeinde investiert rund 140.000 Euro in ein Verkehrsstrukturgutachten.

Henstedt-Ulzburg. Stau auf der Hamburger Straße - daran haben sich die Autofahrer gewöhnt. Fast zu jeder Tageszeit geht es hier nur stockend voran. Aber das soll sich ändern: Mehrere Stunden haben die Kommunalpolitiker - zwei von jeder Ratsfraktion - am Montag die Angebote von Verkehrsplanern geprüft. Denn in Henstedt-Ulzburg soll es mit dem Auto endlich vorangehen: Rund 140 000 Euro investiert die Gemeinde in ein Verkehrsstrukturgutachten, mit dessen Hilfe die Verkehrssituation im Ort verbessert werden soll.

Sechs Verkehrsplaner haben sich Gedanken gemacht, wie der Verkehr in Henstedt-Ulzburg künftig laufen soll. Fest scheint zu stehen: Eine Umgehungsstraße wird es nicht geben. Im Osten der Gemeinde, von Henstedt-Rhen in Richtung Kisdorf, ohnehin nicht. Die Landesplanung hat sich längst dagegen ausgesprochen. Im Westen würde eine Umgehungsstraße unmittelbar an der Bebauung vorbeiführen - undenkbar. Also müssen sich die Verkehrsplaner andere Maßnahmen einfallen lassen.

Eile ist geboten. Denn irgendwann im Jahre 2014 soll das neue City Center Ulzburg (CCU) eröffnen. Damit wird die Verkehrsbelastung in Ulzburg weiter steigen. Weitere Einkaufszentren können folgen: Ein Quickborner Immobilienmakler wirbt schon seit April 2012 im Auftrage eines luxemburgischen Investors für den Bau eines Fachmarktzentrums auf dem Gelände des ehemaligen Toom-Baumarktes an der Gutenbergstraße.

Dort trainieren derzeit die Bogenschützen des SV Henstedt-Ulzburg, außerdem lagern in dem Komplex die Requisiten der SVHU-Theaterabteilung (Kleines Burgtheater). Als Ankermieter soll laut Prospekt bereits der Discounter Aldi feststehen. 4000 Quadratmeter Nutzfläche stehen zur Verfügung, Ladenflächen sind ab einer Größe von 200 Quadratmeter zu vermieten.

In Kisdorf wird neben Aldi ein Rewe-Markt entstehen

Es gibt einen positiven Bauvorbescheid des Kreises Segeberg, eine Sortimentsbeschränkung wurde nicht ausgesprochen. 210 Parkplätze stünden zur Verfügung. Die Gemeinde Henstedt-Ulzburg hat kein Mitspracherecht, weil es einen gültigen Bebauungsplan gibt. So ist es auch verständlich, dass die politischen Gremien erst jetzt von den Plänen erfuhren, obwohl schon seit Monaten mit einem Prospekt dafür geworben wird.

Im Süden der Gemeinde soll auf dem Gelände der Betonsteinwerke Wagenhuber ein großflächiges Neubaugebiet mit einem ebenso großflächigen Einzelhandelsangebot entstehen. In unmittelbarer Nachbarschaft sind weitere großflächige Geschäfte und Geschäftszentren geplant. Das Kaltenkirchener Ohlandcenter am Kisdorfer Weg soll nach dem geplanten Auszug und der Verlagerung des Baumarktes in weitere Einzelflächen aufgeteilt werden, in Kisdorf wird sich direkt neben Aldi ein Rewe-Markt anschließen. All diese Geschäfte werden auch viele Henstedt-Ulzburger anlocken, die mit ihren Autos die hiesigen Straßen befahren.

Henstedt-Ulzburgs Situation ist desolat, weil die Gemeinde auf die Situation nicht vorbereitet ist: Es gibt weder ein Einzelhandelskonzept - seit Jahren wird es gefordert, nie ist es in Auftrag gegeben worden - noch ein Verkehrsgutachten, und schon gar kein Ortsentwicklungskonzept.

Die Situation des öffentlichen Personennahverkehrs ist ebenfalls unbefriedigend: Es gibt keinen Stadtbusverkehr, die AKN-Bahnhöfe werden gar nicht oder nur unzureichend angefahren. Ausreichend gut bedient wird von den Bussen allenfalls die Paracelsus-Klinik an der Wilstedter Straße in Henstedt-Rhen. Wer von Norderstedt- Mitte abends zu bestimmten Zeiten mit dem Bus nach Henstedt-Ulzburg will, muss den Rest zu Fuß gehen: Endstation ist häufig die Norderstedter Stadtgrenze.

Die Maßnahmen sollen nichts oder möglichst wenig kosten

All das setzt die Gemeindeverwaltung, die nach wie vor auf unbestimmte Zeit ohne hauptamtliche Führung ist, und die Gemeindepolitiker unter Zugzwang. Ein Verkehrskonzept soll ein erster Schritt in eine geordnete Zukunft sein. Im Januar wollen sich die Politiker entscheiden, welches der sechs vorgestellten Verkehrskonzepte umgesetzt werden soll. Das Handicap liegt auf der Hand, beziehungsweise im Gemeindehaushalt: Es werden Maßnahmen zur Verkehrssteuerung erwartet, doch die sollen nichts oder möglichst wenig kosten.

Im Klartext: Keine neuen Straßen, sondern Umlenken des Verkehrs heißt die Devise. Auch andere Ampelschaltungen könnten nach Ansicht der Kommunalpolitiker etwas bewirken. Diese Idee ist allerdings mit Vorsicht zu genießen: Eine angedachte Änderung der Ampel-Grünphasen entlang der Hamburger Straße wurde vom Land Schleswig-Holstein abgelehnt. "Wir wollen ein ganzheitliches Konzept", sagt Horst Ostwald, SPD, der Vorsitzender des Umwelt- und Planungsausschusses ist. "Und wir erwarten vollkommen neue Ansätze."