Der Pirat Edgar Timm will Nichtwählern bei der Kommunalwahl 2013 eine Alternative zum Mitmachen bieten. Grund ist die Entwicklung der FDP.

Norderstedt. Ein Liberaler sei er eigentlich. "Und ich wäre es heute noch, hätte sich die FDP nicht so entwickelt", sagt Edgar Timm, 63. Zur hemmungslosen Klientelpartei nämlich, die nicht mehr über das brillante Personal verfüge wie noch vor Jahrzehnten. Dass Timm jetzt im Ruhestand zum Piraten geworden ist, dass er gemeinsam mit fünf wackeren Mitstreitern aus dem Schwarm der neuen Politikalternative für frischen Wind in der Norderstedter Kommunalpolitik sorgen möchte, das habe vor allem mit einem gehörigen "Bauchgrummeln" zu tun", sagt Timm.

Das Grummeln wollte gar nicht mehr aufhören, angesichts einer erstarrten politischen Diskussions(un)kultur in der Norderstedter Stadtvertretung, angesichts stillem Fraktions- und Koalitionszwang bei den gewählten Parteivertretern, angesichts von Mandatsträgern, die nach Gutdünken die politische Partei während der Legislaturperiode wechseln und auf den Wählerwillen pfeifen und angesichts von Entscheidungen in Norderstedt, die von einer überschaubaren Clique von Menschen entschieden und mit den Stimmen von erstaunlich schlecht informierten Stadtvertretern getragen werden. Edgar Timm will dabei nicht mehr nur zuschauen.

Gemeinsam mit anderen "bürgerlichen Nachbarn" hat sich Timm die Piratenpartei ausgesucht, um aus der passiven Wählerrolle in die aktive Bürgerrolle zu wechseln. "Die Piraten stehen mir durch ihr Konzept der Transparenz und der Betonung der Bürgerbeteiligung nahe", sagt Timm. Bei der Kommunalwahl im Mai 2013 wollen die Norderstedter Piraten das Stadtparlament an der Rathausallee entern. "Wir wollen den 60 Prozent Nichtwählern in dieser Stadt eine Alternative zu den gängigen Parteien bieten", sagt Timm. Denn es dürfe nicht länger toleriert werden, dass eine Partei wie die FDP, die in Norderstedt gerade mal von 2793 Bürgern in die Stadtvertretung gewählt wurde, als "Zünglein an der Waage" über die Mehrheiten entscheide. Ebenso wenig sei es im Sinne des Bürgers, dass sich laufend eine Rot-Grün-Linke-Blockbildung durchsetze.

"Bei uns Piraten sollen die Leute nicht nur das Kreuzchen machen - sie sollen sich beteiligen", sagt Timm. Wie das funktioniert, das wollen die Norderstedter Piraten am Mittwoch, 12. Dezember, bei einem Piratentreff möglichst vielen Norderstedtern erklären (siehe Artikel unten).

"Die Piraten müssen weg von dem Image, ein chaotischer Haufen zu sein", sagt Timm. Der ehemalige Projektmanager bei Esso und Philips und Leiter der Hanseatischen Sparkassen-Akademie, der seit 1984 in Norderstedt lebt und mit seiner Frau zwei Söhne groß gezogen hat, möchte mit seinem bürgerlichen Lebensstil Gleichgesinnte von der Piraten-Idee überzeugen. "Auch wenn es Bekannte gibt, die das nicht nachvollziehen können und mich für einen verrückten Kerl halten", sagt Timm.

Inhaltlich ziehen Timm und die anderen Norderstedter Piraten zum Auftakt ganz schön vom Leder. Auf ihrer Homepage www.piraten-norderstedt.de finden sich kritische Texte zur überzogenen Strompreiserhöhung durch die Stadtwerke, zur schrägen Landesgartenschau-Bilanz, zur mutmaßlichen Geldverschwendung im Arriba-Beach-Café oder das Geschachere um die künftige Verwendung der HSV-Anlage am Ochsenzoll.

Aus all den nicht immer ganz faktensicheren Texten spricht die Stimme des Bürgers, der sich übergangen und für nicht voll genommen fühlt von Verwaltung und Politik. Die Piraten konstatieren, dass Oberbürgermeister und Stadtwerke grundsätzlich einen guten Job machen für die Stadt. Timm sagt, er liebe den Stadtpark und habe Spaß an der Wasserski-Anlage. "Wenn ich aber erzählt bekomme, die Bilanz der Gartenschau sei ein wirtschaftlicher Erfolg, dann fühle ich mich veräppelt." Mit mehr Bürgerbeteiligung möchten die Piraten die Verschleierungstaktik von Verwaltung und ihren Tochterfirmen durchbrechen. Edgar Timm: "Politik und Verwaltung müssen immer mit offenen Karten spielen. Und wenn mal was schief läuft, müssen sie dazu stehen, bekommen vom Bürger den Kopf gewaschen und gut ist."