Die Verwaltung und der Fahrrad-Club ADFC wollen Norderstedt zur Vorzeigestadt für den Radverkehr machen. Verein nennt Maßnahmen.

Norderstedt. Die Stadt soll zum Musterbeispiel für den Radverkehr werden. Dieses Ziel verfolgt der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) in Norderstedt zwar schon seit Jahren, doch nun soll ein neuer Mann zusätzlichen Schwung bringen: Joachim Brunkhorst arbeitet für den Verein in der städtischen Arbeitsgruppe Radverkehr mit und wird dort die Ideen des ADFC einbringen. "Es hat sich gezeigt, dass wir und die Verwaltung grundsätzlich an einem Strang ziehen und Norderstedt fahrradfreundlicher gestalten wollen", sagt Brunkhorst.

Denn gerade in Norderstedt mit seinen kurzen Wegen gebe es reichlich Potenzial. Im Verkehrsentwicklungsplan 2020 heißt es, fast jeder Dritte, der kurze Strecken jetzt noch im Auto zurücklegt, könne zum Umsteigen bewogen werden. Zurzeit liegt der Anteil des Radverkehrs bei 19 Prozent, angepeilt werden 22.

Doch die engagierten Radler setzen nicht nur auf den eigenen Sachverstand. Sie wollen auch wissen, was die Bürger vom Radverkehr halten. Ihre Meinung können sie beim bundesweiten Fahrrad-Klima-Test des ADFC sagen (s. Info-Kasten). Das gilt auch für die Radler in Kaltenkirchen, Henstedt-Ulzburg und Quickborn, die zum Einzugsgebiet des Norderstedter ADFC gehören.

Bei der letzten Analyse 2005 hatte Norderstedt schlecht abgeschnitten, es reichte nur zu Platz 85 unter 93 Städten mit bis zu 100.000 Einwohnern. "Seitdem hat sich vieles verbessert, aber wenn die Stadt bis 2040 klimaneutral werden will, geht das nur über eine deutliche Förderung des Fuß- und Radverkehrs", sagt Brunkhorst. Der 61-jährige pensionierte Lehrer ist nach längerer Zeit in anderen Orten in sein Elternhaus nach Norderstedt zurückgekehrt. Schon in Preetz hatte sich der Pädagoge für die Radler engagiert, hier setzt er sein ehrenamtliches Engagement nun beim ADFC fort. Seine Vorschläge:

Stärker fürs Radeln werben: Mit gezielten Kampagnen wie "Mit dem Rad zur Arbeit" sollen Unternehmen in die Fahrrad-Offensive einbezogen werden. "Wir wollen aber auch die Stadtverwaltung ansprechen, die hat schließlich Vorbildfunktion", sagt Brunkhorst. Die Aufgabe, das Radeln populärer zu machen, soll allerdings vorrangig die innerhalb der ZukunftsWerkStadt neu gegründete Arbeitsgruppe "Fit fürs Rad" übernehmen.

Radler auf die Straße: Das ist die Lösung der Zukunft und schon jetzt eine für alle, die sicher und schnell vorankommen wollen, sagt der ADFC. Dazu muss die Stadt die Radweg-Benutzungspflicht aufheben. Dieser Forderung komme die Verwaltung zunehmend nach, so könnten Radfahrer auf der Ochsenzoller Straße und auf dem Buchenweg inzwischen die Fahrbahn benutzen. Wer unsicher ist, könne nach wie vor auf dem Radweg fahren.

Mehr Radwegestreifen auf den Straßen ausweisen: Nur am Alten Kirchenweg gibt es bisher ein 370 Meter langes Stück. Da habe Norderstedt Nachholbedarf, sagen Brunkhorst und Jungbluth. Die Rathausallee biete sich an, sie sei ausreichend breit und eine Rennstrecke für Autofahrer. Wenn die Norderstedter den Schutzstreifen einrichten und die Quickborner den Harksheider Weg entsprechend markieren würden, sei das Skelett für eine schnelle West-Ost-Verbindung fertig. "Erst bei entsprechender Länge und über mehrere Kreuzungen hinweg können solche Schutzstreifen ihre Vorteile ausspielen", sagt Jungbluth. Verwaltung und ADFC wollen prüfen, wo weitere Schutzstreifen eingerichtet werden können. Alternativ könnten Baumaßnahmen den Autoverkehr auf der Rathausallee verlangsamen und die Straße für Radler attraktiver machen. Gleichberechtigung soll in jedem Fall auf der künftigen Horst-Embacher-Allee herrschen.

Mehr und moderne Parkplätze für Räder: Es gibt zwar schon an allen wichtigen Bus- und Bahnstationen Abstellanlagen. "Aber deren Kapazität ist erschöpft", sagt Brunkhorst. Das lange versprochene Fahrrad-Parkhaus am ZOB Norderstedt-Mitte müsse endlich gebaut wird. Die Verwaltung habe zugesagt, dass eine Abstellanlage für rund 300 Räder nächstes Jahr kommen soll, zu ebener Erde, aber ohne Servicestation. "Auch an der AKN-Station Meeschensee müssen wir dringend etwas tun", sagt Brunkhorst. Geplant sei ein Gespräch mit Vertretern aus Quickborn und Henstedt-Ulzburg, um die Situation dort gemeinsam zu verbessern. Die Verwaltung müsse aber auch vor der eigenen Tür kehren: "Die Fahrrad-Ständer vor dem Rathaus sind die reinsten Felgenkiller. Sie müssen durch moderne Bügel ersetzt werden, die Stadt sollte Vorbild sein", sagt Jungbluth.

Parkhinweise: Zur Fahrradfreundlichkeit gehörten auch Hinweise an Geschäften und öffentlichen Gebäuden, wo Räder abgestellt werden können.

Umlaufsperren abbauen: Freie Fahrt für Radler hatten im Sommer mehrere Vereine und Initiativen gefordert. Gemeinsam protestierten sie gegen die Sperrgitter auf den Radwegen. Sie verbauten unnötig den Weg, vor allem Radfahrern mit Anhänger wie Eltern mit Kindern, und lenkten die Aufmerksamkeit auf die Sperre statt auf das Verkehrsgeschehen. "Ab Januar werden wir gemeinsam mit der Verwaltung jede Sperre prüfen", sagt Brunkhorst, der in den letzten Tagen unerwartete Erfolge erlebte: "Am Jägerlauf waren die Sperren geöffnet, an der Einmündung Schleswig-Holstein-Straße an die Böschung gestellt, und an der östlichen Einmündung zum Feldweg war eine Sperre durch einen markierten Pfahl ersetzt worden", sagt der ADFC-Sprecher.

Schnelle Wege: Die Pendler-Beziehungen zwischen Hamburg und Norderstedt sind intensiv, sagt der ADFC. Da biete sich ein Radschnellweg in den Hamburger Norden an. Die Verwaltung will die gut genutzte Nord-Süd-Verbindung entlang der Bahngleise komplett pflastern und damit Komfort wie Tempo erhöhen.

Winterdienst: Nachdem sich die Radler in den letzten Wintern massiv beschwert hatten, dass die Anlieger die Radwege nicht reinigen, will die Stadt das in einem Pilotprojekt jetzt selbst übernehmen.