Die Gemeinde Tangstedt gibt mit “Historisches aus Tangstedt“ erstmals einen Kalender heraus. 13 Kalenderblätter führen durch 2013.

Bauer Trau hat seinen Hof zukunftsfähig gemacht. Er hat Schweine, Enten und Gänse aus dem Stall verbannt, und auch Milchkühe gibt es nicht mehr. "Lohnt sich nicht", sagt Helmut Trau, und Ehefrau Anke pflichtet ihm bei. Liebevoll nimmt Helmut Trau seinen einjährigen Enkelsohn Tjark auf den Arm. Raus geht's vor das große Bauernhaus, zum Fototermin wie dereinst Oma Trau mit einem ihrer Enkel. Die alte Aufnahme ist eines von zwölf Blättern im Kalender "Historisches aus Tangstedt" für das Jahr 2013.

Das Deckblatt zeigt die 1896 erbaute Tangstedter Kirche, als sie noch hoch von einem Berg übers Dorf wies, flankiert von der Tangstedter Mühle. Die wurde 1920 abgerissen, weil Windmühlen damals als nicht mehr zeitgemäß eingestuft wurden. Die Tangstedter Kirche fiel dem Modernisierungswahn der 60er-Jahre zum Opfer.

Horst Völksen hat den Kalender für Tangstedt zusammengestellt

Tangstedts Gemeinde-Archivar Horst Völksen hat den historischen Kalender zusammengestellt, die Kalendermanufaktur Verden hat ihn gedruckt, und Brigitte Schippmann verkauft ihn für 18 Euro in ihrem Laden "Basteln und Schenken" an der Dorfstraße 26 in Tangstedt. Auch das Schippmann-Geschäft ist im historischen Kalender abgebildet, Blatt Januar 2013, eine Luftaufnahme, fotografiert um 1950. Viel verändert hat sich nicht. Die Sprossenfenster mussten größeren Glasscheiben weichen, das Kopfsteinpflaster ist zugeteert.

Ohnehin stammen die meisten Blätter des edel aufgemachten, aber informationsarmen Kalenders im Querformat DIN A3 aus der Dorfstraße. Auch Traus Bauernhaus, das Dezember-Blatt. Damals ist es noch ein Fachwerkhaus, reetgedeckt, der Vordergarten wird mit weißen Pfosten und Latten begrenzt. Ein Datum der Aufnahme gibt es nicht.

Helmut Trau, 55, ist hier aufgewachsen, sein Sohn Sebastian, 29, hat im Kuhstall laufen gelernt, und dessen Sohn Tjark spielt mit dem Hofhund. 1904 kaufte Johann Diedrich Trau den Hof in Tangstedt-Oberdorf für 31.000 Mark. Mit Ackerland und Wiesen. Heute haben sich die Traus auf Hühner und Rinder, Eier und Kartoffeln spezialisiert.

Doch das Dorfleben war nicht nur von Bauernhöfen geprägt. Sondern auch von Gaststätten. Auch davon gab es eine in der Dorfstraße. Das Kalenderblatt April 2013 zeigt die Gastwirtschaft "Zur Erholung" an der Dorfstraße 15. Das ebenfalls reetgedeckte Fachwerkhaus wurde 1859 fotografiert, eine Idylle mit Gästen im Biergarten und an Tischen vor der Gaststube, mit Pferdefuhrwerk und Sirene auf dem Dach. Für das Juli-Blatt nahm Archivar Völksen eine weitere Aufnahme des Gasthauses "Zur Erholung" auf. Es zeigt unter dem Titel "Ein Sonntag in den 20er-Jahren" eine Szene mit Pferdefuhrwerk, Männern und Jungs mit Fahrrädern.

Von den vielen Gaststätten gibt es noch die Tangstedter Mühle

Von den vielen Tangstedter Gaststätten gibt es heute noch die Tangstedter Mühle an der Hauptstraße 96. Auf der Fotografie ist das bereits mit Dachpfannen eingedeckte Haus mit Remise zu sehen. Die Straße ist ein unbefestigter Sandstreifen. Die Tangstedter Mühle ist seit 1870 im Besitz der Familie Riebling. Heute führt Petra Regel-Riebling mit ihren Söhnen Restaurant mit Festsaal und Hotel. Genau gegenüber der Tangstedter Mühle lud Tangstedts zweitgrößte Gaststätte zur Erholung ein, die Friedenseiche. Sie wurde in den 80er-Jahren abgerissen. Die Luftaufnahme wählte Völksen für das November-Blatt.

An der Dorfstraße/Ecke Wiesenweg versorgte der Gemischtwaren-Laden Redelin, heute ein Wohnhaus, die Tangstedter mit Dingen des täglichen Bedarfs. Das Kalenderblatt für Juni zeigt eine Aufnahme von 1920.

Doch auch das Tangstedter Leben wird dokumentiert, beispielsweise mit einem Umzug vom Schulfest 1939 durch die Dorfstraße (Mai-Blatt), mit den Briefträgerinnen Erna Biehl, Frieda Riepke und Rosa Wagner vor der Postagentur um 1914 an der Hauptstraße 85 auf dem März-Blatt oder mit Frauen und Männer auf der ersten motorisierten Dreschmaschine auf dem September-Blatt.