Der Staatsanwalt spricht von Selbstjustiz, die nicht hingenommen werden kann. Der Angeklagte Laurent D. wollte sich offenbar rächen.

Norderstedt. Der Staatsanwalt bezeichnet diesen Fall als Selbstjustiz, die nicht hingenommen werden kann. Die entsprechende Quittung erhielt der Angeklagte Laurent D., 36, aus Henstedt-Ulzburg jetzt vom Schöffengericht in Norderstedt, das den Albaner zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten wegen räuberischer Erpressung verurteilte.

Der Gastwirt hegte gegen einen seiner Angestellten den Verdacht, wiederholt Lebensmittel und hochwertigen Schnaps aus dem Lager seiner Norderstedter Kneipe gestohlen zu haben. Anfang November letzten Jahres ließ er nachts nach Feierabend seinen Mitarbeiter Stefan M., 22, der schon auf dem Weg zur U-Bahn war, von seinem Koch Ferid A., 34, in die Gaststätte zurückholen. Er zwang M. mit Schlägen und einem vor die Brust gehaltenen Messer zur Herausgabe seines iPhone und seiner Geldbörse.

Vor Gericht streitet der Angeklagte sowohl die Schläge als auch die Wegnahme des Telefons und 110 Euro aus der Geldbörse ab. Lediglich einen Fußtritt will er seinem ehemaligen Mitarbeiter verpasst haben. Schon länger habe er das Fehlen hochwertiger Alkoholika aus der angrenzenden ihm ebenfalls gehörenden Bar bemerkt. An jenem Abend vor einem Jahr hatte der Gastwirt im Keller im Aufbewahrungskasten der Feuerschläuche gehortete Lebensmittel entdeckt. Später beobachtete er, dass sein Mitarbeiter Stefan M. mit einer Plastiktüte davonging. Drei Tüten Nudeln und eine Packung Kekse befanden sich darin.

Er habe seine Mitarbeiter stets wie Familienangehörige behandelt, auch an jenem Abend habe man gemeinsam gegessen.

Das Opfer Stefan M. aus Hamburg behauptet im Prozess, mittags gefragt zu haben, ob er die Nudeln aus Algen mal probieren dürfe und sei von einer Einwilligung des Chefs ausgegangen. Als sich M. geweigert habe, nach dem Handy auch seine Geldbörse herauszugeben, habe der Angeklagte ein Messer, das auf dem Tisch lag, gegriffen und ihm vor die Brust gehalten, worauf er in Panik auch die Börse übergeben habe. 110 Euro habe der Angeklagte herausgenommen und mit ihm zur Bank gehen wollen, um mit der EC-Karte noch mehr Geld zu holen, was der Zeuge abwenden konnte mit der Behauptung, sein Konto sei überzogen, er bekomme kein Geld mehr. Direkt nach dem Überfall schilderte M. gegenüber der Polizei den Vorfall wie in der staatsanwaltlichen Anklage beschrieben - nämlich, dass er durch mehrere Ohrfeigen und Drohungen gefügig gemacht worden sei. Vor Gericht rückt er nur zögerlich auf Nachfragen mit diesen Details heraus, was die Anwälte zum Anlass nehmen, die Glaubwürdigkeit des Zeugen anzuzweifeln.

Richter Jan Buchert und die Schöffen sind jedoch davon überzeugt, dass die Darstellung des Zeugen - zumindest, was die Raubtat angeht - stimmt.

Es sei jedoch wegen der Motivation des Angeklagten, der sein Vertrauen missbraucht sah und zurecht enttäuscht war, ein minder schwerer Fall, weshalb die Strafe gegen den nicht vorbestraften Gastwirt zur Bewährung ausgesetzt wird. Als Auflage muss der Angeklagte eine Geldbuße von 1500 Euro an den Kinderschutzbund zahlen und seinem Opfer die 110 Euro ersetzen.

Ferid A., der seinen Chef nach Darstellung des Opfers bremste und zum Weglegen des Messers bewegte, wird wegen Beihilfe zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten verurteilt.