Tempo 30 eingehalten? Polizei und Kinder der Grundschule Immenhorst verteilten am Freitag Süßes und Saures an die Autofahrer.

Norderstedt. Ganz ehrlich: Jeder Autofahrer, ob Anfänger oder schon jahrzehntelang hinter dem Steuer, ist doch schon einmal schneller unterwegs gewesen, als es die Polizei und das Gesetz erlauben. "Ist doch nicht so schlimm, ist doch nichts passiert", wird sich manch ein Temposünder dann denken. Wenn überhaupt.

Nicht mit uns, sagen sich allerdings die Kinder der Grundschule Immenhorst. Auf dem Glashütter Damm - dem Schulweg der Erst- bis Viertklässler - gilt zwischen 7 und 20 Uhr eine maximale Geschwindigkeit von 30 Kilometern pro Stunde. Ein Limit, das längst nicht jeder einhält. "Das ist auf jeden Fall ein Problem. Manche Autofahrer benutzen den Glashütter Damm als schnelle Durchgangsstraße. Die nehmen das Tempo-30-Schild nicht ernst", sagt Elisabeth Bauer-Plambeck, Rektorin der Grundschule.

Die Kinder wollen genau wissen, wer hier jeden Morgen zu schnell fährt

Es ist noch dunkel, als Schüler, Polizeibeamte der Verkehrsüberwachung vom Bezirksrevier Bad Segeberg und die Polizeipräventionslehrerin Sabine Zurlo in Stellung gehen. Sie wollen genau wissen, wer hier jeden Morgen zu schnell fährt, sie wollen den Menschen in die Augen schauen, aber sie wollen auch die vernünftigen Verkehrsteilnehmer loben. "Äpfel und Zitronen" ist die Devise. Das Konzept stammt von der Polizeidirektion Ratzeburg; Elisabeth Bauer-Plambeck nahm die Idee auf und integrierte diese in einen Projekttag zum Thema Verkehrssicherheit.

Mit einem sogenannten Laveg-Gerät nehmen Polizisten und Kinder per Lasermessung die Autos ins Visier. Hauptmeister Jürgen Dalladas wartet am Straßenrand auf die Ansagen seines Kollegen und tritt anschließend mit seiner Polizeikelle auf den Asphalt. "Halt, Polizei", es blinkt rot, die Fahrzeuge stoppen. Wenige Meter entfernt stehen die Viertklässler mit Körben voller Äpfel und Zitronen - gestiftet von der örtlichen Kreisverkehrswacht. Die vorbildlichen Fahrer bekommen etwas "Süßes", wer schneller als 30 km/h an der Schule vorbeigefahren ist, bekommt "Saures".

Der eine oder andere guckt etwas verwirrt. Wer sich an das Tempo-Limit hält, wird über die Aktion informiert, wer zu viel Gas gegeben hat, wird ermahnt. Es geht um das Prinzip: Jeder Kilometer zu viel auf dem Tacho ist ein potenzielles Sicherheitsrisiko. Gerade im Herbst und Winter, wenn die Straßen nass oder vereist sind, die Dunkelheit nur langsam weicht, Scheiben oftmals noch beschlagen sind und die Bremswege länger werden.

"36! Jaaa, Zitrone!", krakeelen die Schüler, als sich ein Daewoo nähert. Der Fahrer nimmt den unerwarteten Zwischenstopp mit Fassung. Vielleicht auch, weil es an diesem Morgen kein Ticket gibt. Erst wenn die Geschwindigkeitsüberschreitung nach Abzug des Toleranzwertes von 3 km/h noch mindestens 6 km/h über dem Limit ist, sind 15 Euro fällig.

Der Rekordwert für diesen Morgen: 41 km/h. Insgesamt verteilen Schüler und Polizei zehn Zitronen, aber weitaus mehr Äpfel, gute Laune und gute Ratschläge. "Wer mit dem Auto unterwegs ist, muss auf alles gefasst sein", sagt Jürgen Dalladas adressiert an insbesondere diejenigen Fahrer, die eine Zitrone zugeteilt bekamen.

Im vergangenen Jahr ereigneten sich zehn Unfälle mit Schulkindern

In der Regel sind die Schulwege in Norderstedt sicher. 2011 ereigneten sich zehn Unfälle mit Kindern während der Schulzeit. Für jede Grundschule gibt es einen individuellen Schulwegplan, der auf Erfahrungen und Berichten von Eltern und Kindern basiert. Auf den Karten vermerkt: Sichere Stellen zur Straßenüberquerung, unübersichtliche Abschnitte und mögliche Gefahrenquellen.

Letztere werden von Verwaltung und Polizei untersucht und gegebenenfalls entschärft. Jährlich werden die Schulwegpläne in den Gebäuden ausgehängt und zudem an alle Erstklässler ausgegeben.