Die CDU und der Kreispräsident kritisieren die extrem hohe Fehlzeiten der beiden Segeberger Kreistagsabgeordneten Dose und Böttcher.

Kreis Segeberg. Die CDU hat eine Debatte über die Arbeit der ehrenamtlichen Kreistagsabgeordneten losgetreten. "Wer von den Bürgern gewählt wurde, muss sein Mandat auch wahrnehmen. Die Demokratie lebt vom Mitmachen", sagte Claus-Peter Dieck, Fraktionschef der Segeberger CDU. Er steht hinter seinen Fraktionskollegen Wilfried Mohr und Henning Wulf. Der Vorsitzende des Bildungsausschusses und der Vorsitzende des Hauptausschusses warfen den beiden parteilosen Abgeordneten Joachim Dose aus Ellerau und Renee Böttcher aus Lentföhrden vor, zu selten bei den Sitzungen dabei zu sein.

Im Kreistag seien die beiden, die gemeinsam die Unabhängige Fraktion bilden, seit der Kommunalwahl 2008 nur jedes zweite Mal mit von der Partie gewesen. Dose habe den Bildungsausschuss, Böttcher den Hauptausschuss fast komplett geschwänzt. "Das geht nicht. Die beiden sind gewählt und haben von den Bürgern einen Auftrag erhalten, an der Meinungsbildung mitzuwirken", sagt Dieck.

Die Abgeordneten bekommen eine monatliche Pauschale von 120 Euro

Er weist noch auf einen zweiten Aspekt hin: Die Abgeordneten bekommen eine monatliche Pauschale von 120 Euro plus 21 Euro für jede Sitzung, an der sie teilnehmen. Dose kassiert als Vorsitzender der Unabhängigen Fraktion nochmals 680 Euro monatlich - auf fast vier Jahre hochgerechnet, kommt da eine fünfstellige Summe zusammen.

"Wenn einzelne Politiker das Geld kassieren, dafür aber keine Gegenleistung erbringen, wirft das leider auch wieder ein schlechtes Licht auf die Politik insgesamt", sagt Dieck. "Wegen Krankheit musste ich mehrfach passen", sagt Dose. Außerdem wurden die Sitzungen vom Nachmittag in den Abend verlegt. "Das ist die Zeit, in der ich beruflich gefordert bin. Nur abends kann ich als Marktforschungsleiter mit meinen Mitarbeitern Kontakt halten", sagt der Ellerauer. Ihm sei bewusst, dass er relativ viel Geld bekommt. Allerdings müsse er die Einnahmen versteuern. Er investiere trotz Abwesenheit Zeit und Kraft, arbeite die Unterlagen zu Hause durch und sei in seinem Wahlkreis sehr präsent. "Wir dürfend die Entschädigung nicht ablehnen", sagt der Kommunalpolitiker, das sei höchstrichterlich entschieden worden. Er habe einen Teil des Geldes gespendet und beispielsweise eine Familie in Ellerau unterstützt.

Dose sieht in der Kritik der CDU einen Rachfeldzug. Der 65-Jährige hatte vor sechs Jahren nach 24 Jahren Mitgliedschaft sein CDU-Parteibuch zurückgegeben, weil Ellerau seine eigenständige Verwaltung mit dem Segen der Landes-CDU aufgeben musste. Dose holte bei der Kommunalwahl 2008 als Einzelbewerber ein Direktmandat im Kreistag. "Das ärgert die CDU, die hätten das Mandat gern zurück", sagt der Abgeordnete, der sich nun herausgefordert fühlt. Eigentlich habe er zur Kommunalwahl 2103 aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr auf Kreisebene antreten wollte. Doch nun sagt er den ehemaligen Parteikollegen den Kampf an. "Es ist gar nicht sicher, ob wir das Mandat überhaupt bekommen würden, oder ob es als Überhangmandat einfach wegfallen würde", sagt Fraktionschef Dieck.

Böttcher nennt ein weiteres Argument gegen die Teilnahme an Ausschusssitzungen: "Wir haben kein Stimmrecht in den Ausschüssen. Was soll ich denn da, wenn meine Stimme keinen Wert hat? Für mich ist das verschenkte Zeit", sagt der Abgeordnete, der 2008 noch für die CDU in den Kreistag gewählt worden war, ehe es zum Streit und Austritt kam.

CDU und FDP hätten doch verhindert, dass die kleineren Fraktionen Stimmrecht in den Ausschüssen haben. Doch auch das lässt Dieck nicht gelten und verweist auf die Aufgabe, Anträge einzubringen und mitzudiskutieren. Das mache die Linke auch.

Böttcher räumt ein, in den letzten zwei Jahren "nicht so häufig" an den Kreistagssitzungen teilgenommen zu haben. Er sei beruflich stark eingespannt gewesen. "Ich muss natürlich erst mal Familie und Beruf sehen, bevor ich meinem Ehrenamt nachkommen kann, da sind bei mir die Prioritäten klar verteilt", sagt Böttcher. Er brauche das Geld nicht, wolle es nicht haben und setze sich seit Jahren dafür ein, dass die "überzogenen" Aufwandsentschädigungen im Kreis Segeberg gekürzt werden. Er habe Geld für Projekte in seinem Wahlkreis gespendet, zwei Vereinen Fußbälle finanziert, einem Verein ein Tennisnetz geschenkt und mehrere Vereine mit kleineren Beträgen unterstützt.

Dose und Böttcher haben ein zusätzliches Problem: Sie haben keine Vertreter, die sie in die Ausschüsse schicken können. Bis vor einigen Monaten sprangen Mitglieder von Aktives Ellerau, doch die sind inzwischen zurückgetreten.

Man muss den Fraktionsstatus auf gemeinsame politische Ziele überprüfen

Wie die CDU will auch Kreispräsident Winfried Zylka (CDU) die Fehlzeiten nicht mehr hinnehmen: Er denkt über Sanktionen nach. "Man muss den Fraktionsstatus überprüfen und sich fragen, was die beiden Abgeordneten an gemeinsamen politischen Zielen haben", sagt Zylka. Entfällt der Fraktionsstatus, würde der Kreis schon mal 680 Euro im Monat sparen. Im Extremfall droht Schwänzern eine Geldbuße, wenn sie "fahrlässig ohne triftigen Grund einer Sitzung des Kreistages oder eines Ausschusses" fernbleiben.

Soweit will Zylka zumindest bei Dose nicht gehen. Er sei da gewesen, wenn es sein gesundheitlicher Zustand erlaubt hat. Böttcher aber habe sieben Sitzungen in Folge gefehlt. "Da stellt sich die Frage, ob der Kreis nicht die Zahlungen an ihn einstellt", sagt Zylka.