Zusätzlich liefert ein Blockheizkraftwerk Energie für das Solardorf in Norderstedt und für die Elektroautos des einmaligen Projektes.

Norderstedt. Das Solardorf in Glashütte ist ein wichtiger Pfeiler der Energiewende in Norderstedt. Und das ökologische Musterdorf nimmt Gestalt an: Voraussichtlich im Februar oder März 2013 will der Bauträger beginnen, das Neubaugebiet an der Müllerstraße zu erschließen. Weihnachten sollen die Bewohner der 27 Einzel- und Doppelhäuser dann eingezogen sein.

Die neue Siedlung soll energetisch auf eigenen Füßen stehen, sie gilt als europaweit einmalig, denn: Die Photovoltaikanlagen auf den Dächern und das Blockheizkraftwerk liefern nicht nur den Strom und die Wärme für die Heizungen. Wer hier einzieht, bekommt ein Elektro-Auto dazu. Das klimafreundliche Mobil dient gleichzeitig als Stromspeicher und natürlich dazu, zur Arbeit zu fahren, einzukaufen oder die Kinder zu transportieren.

Das ökologische Bauprojekt wird auch auf Landesebene hoch gehandelt

"Diese Kombination ist bisher einzigartig", sagt Uwe Panzlaff von der Olwo Hochbau GmbH. Die Baufirma aus dem Kreis Rendsburg-Eckernförde ist als Bauträger für die Realisierung des ehrgeizigen Vorhabens verantwortlich. Und das wird auch auf Landesebene hoch eingestuft: Am 30. Oktober hat Panzlaff einen Termin im Kieler Innenministerium, an dem auch Vertreter der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen, Norderstedts Baudezernent Thomas Bosse und der Chef der Investitionsbank teilnehmen werden. Da wird es, so Uwe Panzlaff, auch um die Frage gehen, ob das Solardorf in Norderstedt finanziell gefördert wird.

Ursprünglich war geplant, auf einen festen Bauträger zu verzichten. Jeder Bauherr sollt sich das Unternehmen seiner Wahl suchen können. "Doch das Projekt ist so komplex, dass es nur unter zentraler Leitung verwirklicht werden kann", sagt Panzlaff.

Als Beispiel nennt er das Leitungsnetz, das die Wohngebäude miteinander verbinden wird. So kann überschüssiger Strom an Nachbarn weitergegeben werden, die gerade Energie brauchen. Was die Sonne nicht schafft, ergänzt das Blockheizkraftwerk (BHKW), das die Stadtwerke Norderstedt betreiben werden. Die Wärme, die bei der Stromproduktion im BHKW abfällt, soll die Häuser heizen. Produzieren die Kollektoren mehr Energie als das Dorf braucht, fließt der Überschuss ins öffentliche Netz. Entsteht eine Versorgungslücke, springt das BHKW in die Bresche. "Die Kunden des Solardorfes bekommen den Strom um acht Cent günstiger als die anderen Kunden", sagt Panzlaff. Zum einen sei das BHKW-Gas von der Mineralölsteuer befreit, zum anderen entfallen die Netzentgelte.

Der örtliche Energieversorger ist auch bei einem zweiten Baustein des Vorzeigeobjektes Partner: Intelligente Stormnetze (Smart Grids) sollen das Zusammenspiel von BHKW, Akku in Haus und Elektromobil und dem Verbrauch optimal steuern. "Das Auto speichert die am Tag produzierte Energie, damit die Bewohner abends Tatort gucken können", hat Norderstedts Baudezernent Thomas Bosse gesagt, als er das Pilotprojekt Anfang des Jahres zusammen mit Sirri Karabag vorstellte.

Doch der Pionier der Elektromobilität aus Hamburg ist inzwischen nicht mehr mit von der Partie. "Wir brauchen Elektroautos, die serien- und familientauglich sind", sagt Panzlaff. Diese Kriterien sah er beim zum Elektro-Fahrzeug umgebauten Fiat 500, mit dem Karabag die Glashütter Dorfbewohner ausstatten wollte, nicht erfüllt. Zudem wollte sich Panzlaff nicht von einem Lieferanten abhängig machen.

Nun ist ein Betrieb mit im Boot, der schon lange in Norderstedt vertreten ist. Das Autohaus Thomsen liefert den Nissan Leaf, einen alltagstauglichen Viertürer, der Platz für vier Erwachsene bietet und mit voll geladenem Akku immerhin 175 Kilometer zurücklegen soll. Das intelligente Stromnetz kontrolliert das Laden der Batterie und sagt den Bewohnern, wann sie angeschlossen werden muss, damit sie morgens um 7 Uhr voll ist. "Wir gehen davon aus, dass der Betrieb der Elektroautos etwa zwei Cent pro 100 Kilometer kostet", sagt der Vertriebsleiter der Olwo Hochbau GmbH. Gerade im Winter reiche der Strom vom Dach nicht, um die Batterie immer wieder komplett aufzuladen.

Die Bauherren können die Häuser nach ihren Wünschen individuell gestalten

Panzlaff will individuelles Bauen ermöglichen. Ob mit Sattel- oder Pultdach, im Toskana- oder Friesenstil - bei Form und Farbe gebe es keine Vorgaben. Auch beim Verhältnis von Einzel- zu Doppelhäusern ist der Bauträger flexibel: "Wenn sich herausstellt, dass mehr Doppelhäuser gewünscht werden, ist das kein Problem", sagt Panzlaff. Die Häuser werden nach dem sogenannten KfW-70-Standard gebaut. Ein solches Haus braucht maximal 70 Prozent der Energie, die ein vergleichbarer Neubau verbraucht, der nach der Energieeinsparverordnung gebaut wurde. Auf Wunsch werden auch Häuser gebaut, die weniger Energie verbrauchen.

Panzlaff kalkuliert für eine Doppelhaushälfte mit 120 bis 130 Quadratmeter Wohnfläche 398.000 Euro. Doch die Mehrkosten gegenüber einem Standard-Neubau amortisierten sich durch die eingesparte Energie.