Sechs Männer der Freiwilligen Feuerwehr Kaltenkirchen fliegen zu der internationalen World Rescue Challenge nach London.

Kaltenkirchen. Der Zeitplan ist eng: Um 14 Uhr startet am 17. Oktober auf dem Hamburger Flughafen die Maschine nach London. Nach der Ankunft bleibt nur wenig Zeit im Hotel, um das Gepäck loszuwerden. Um 18 Uhr beginnt die Eröffnungsveranstaltung der World Rescue Challenge.

Wer an einer Weltmeisterschaft teilnehmen darf, wird sich allerdings nicht über einen engen Terminplan beklagen. "Wir freuen uns darauf", sagt Stefan Paululat von der Freiwilligen Feuerwehr Kaltenkirchener.

Monatelang hat er sich mit fünf Kameraden darauf vorbereitet, sich mit den besten Unfallrettern der Welt in London zu messen. Regelmäßig trainiert das Team beim Autoverwerter Kiesow in Norderstedt, wie Menschen aus demolierten Autos gerettet werden, wie sich Wracks nach einem Unfall am schnellsten öffnen lassen, Fahrzeuge gegen das Umstürzen gesichert werden und wie die Retter dabei auch auf ihre eigene Sicherheit achten müssen.

Schon seit Jahren spielt das Kaltenkirchener Team in der höchsten Liga der Unfallretter mit. Bei den deutschen Meisterschaften erreichten die Männer um Paululat stets vordere Plätze. Beim sechsten Vergleichswettkampf der Vereinigung zur Förderung des deutschen Unfallrettungswesens errangen die Kaltenkirchener in diesem Jahr den zweiten Platz.

Die Mannschaft schaffte es damit zum sechsten Mal in Folge, auf einem der vorderen beiden Plätze zu landen. In den Jahren 2006 und 2010 waren sie bereits zweiter geworden. 2008, 2009 und 2011 standen die Männer sogar auf dem Siegertreppchen.

Die Patienten müssen so schnell wie möglich in die Klinik

30 Mannschaften aus der ganzen Welt werden nach London reisen. Zwar nutzen sie nahezu die gleichen Geräte, doch in anderen Bereichen sind die Unterschiede groß: Berufsfeuerwehrleute treten gegen ehrenamtliche Helfer an, zu denen auch die Kaltenkirchener Retter gehören. "Der Hauptunterschied besteht in der Mannschaftsstärke", sagt Stefan Paululat. Die Kaltenkirchener arbeiten mit sechs Mann, US-amerikanische Teams bestehen nur aus drei Mitgliedern.

Die größte Herausforderung besteht für alle Teams in der "zeitkritischen Rettung". "Wir wissen, dass nach einem Unfall viele Menschen sterben, wenn man sie nicht schnellstmöglich in eine Klinik bringt", sagt Paululat. "Das ist weltweit Konsens." Noch vor weniger Jahren sah die Philosophie des Rettens noch anders aus. Damals ging es weniger ums Tempo. Zunächst versuchte ein Notarztteam den Patienten im Fahrzeug so weit wie möglich zu stabilisieren. Die Rettung aus dem zerstörten Fahrzeug erfolgte langsam und so schonend wie möglich.

Heute knacken die Retter mit wenig Aufwand Türen oder Heckklappen

"Wir verzichten heute auf alle überflüssigen Arbeitsschritte", sagt Paululat, der als freiwilliger Feuerwehrmann das Rettungsteam in Kaltenkirchen leitet und im Hauptberuf als Notarzt im Einsatz ist. Früher gehörte es zum Standard, bei einem verunglückten Fahrzeug das Dach mit schwerem Gerät abzutrennen, um den Patienten zu versorgen und zu retten. Heute knacken die Retter mit weniger Aufwand Türen oder Heckklappen und befreien die Verletzten auf diesem Weg. Die Juroren bewerten bei den Meisterschaften die Kommunikation, den Ablauf und die Beherrschung der Geräte.

Die Weltmeisterschaft wird von den Briten dominiert

Zu Paululats Team gehören die Feuerwehrleute Ralf Storjohann und Bastian Schreiner, die als sogenannte Tool-Truppe hydraulische Schere und Spreizer bedienen, um das Fahrzeug zu öffnen. Torben Lange und Thorsten Hensel bilden das Sicherungsteam. Sie schützen den Patienten vor zusätzlichen Verletzungen durch Glassplitter und Metallteile bei den Rettungsarbeiten, sie legen Schutzfolien und Decken aus und achten auf scharfkantige Teile. Als "Medic" übernimmt Heiko Kleist die medizinische Versorgung der Patienten. Stefan Paululat arbeitet als Gruppenführer.

Seine Qualifikation als Notarzt kann Paululat in London beim Trauma-Challenge unter Beweis stellen. Dieser Wettbewerb läuft parallel zu den Weltmeisterschaften der Unfallretter. Gemeinsam mit einem Rettungsassistenten wird Paululat sich mit weiteren Notarztteams messen.

Den größten Teil der Reisekosten haben Spender übernommen. Paululat dankt den vielen Sponsoren, insbesondere der Sparkasse Südholstein und der Firma Kiesow. Der Norderstedter Autoverwerter stellte ständig neue Schrottfahrzeuge für das Training der Feuerwehrmänner zur Verfügung.

Haben die Kaltenkirchener eine Chance, den Weltmeistertitel in London zu gewinnen? "Ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass wir auf den vorderen Plätzen mitspielen werden", sagt Paululat. Der Wettbewerb werde von den Briten dominiert.

Am 21. Oktober werden die Kaltenkirchener Retter auf dem Hamburger Flughafen landen.