Helden des Weihnachtsgeschäfts: Wie Geschenke-Verpackerinnnen im hektischen Alltag einen kühlen Kopf behalten.

Norderstedt. Roswitha Konrads Finger nesteln ein rotes Geschenkband zu Recht. Blutrot ist das Band und unheimlich festlich. Die Finger der Frau bewegen sich jetzt so schnell, wie die von Lang Lang, wenn er die Tasten eines Flügels bedient. Auch Roswitha Konrad arbeitet an einer Symphonie. Und zwar einer in rot und weiß. Aus dem Band ist eine weihnachtliche Geschenkschleife geworden, die jetzt mit weißem Kräuselband auf einem mit rotem Papier eingeschlagenen Päckchen kombiniert wird. Für die ganze Symphonie benötigt Roswitha Konrad keine zwei Minuten.

Roswitha Konrad ist eine der zahllosen Helden im Weihnachtsgeschäft des Einzelhandels in Norderstedt. Sie ist eine Geschenke-Einpackerin. Alle Kunden machen aus ihren Einkäufen Geschenke in diesen Tagen. Socken, Krawatten, Hosen, Geldbörsen, Pralinenschachteln, Playmobil-Burgen, ferngesteuerte Autos, Kuscheltiere. Alles soll formschön, geheimnisvoll und festlich verpackt werden. Für die Überraschung unterm Weihnachtsbaum.

Die Kunden warten ohne Murren, die Eiligen bekommen das Papier mit

Roswitha Konrad steht am Verpackungs-Sondertresen vom Karstadt-Warenhaus. Im Schichtbetrieb mit Kollegin Gabi Soltwisch. Bis zum 23. Dezember täglich von 9.30 bis 15 Uhr oder von 15 bis 20 Uhr. Das mit der Schleife kann Roswitha Konrad problemlos dreißig bis vierzig Mal in der Stunde wiederholen. Mit Papier in Rot, Silber, welchem mit Nikoläusen drauf oder mit Schneeflocken. Sie macht sich nicht bange vor den sperrigsten Geschenken, die die Kunden anschleppen. Und sie lässt sich nicht hetzen. Auch wenn die Schlange der Kunden an den Advents-Sonnabenden lang und länger wird. Schließlich soll jedes Geschenk schön werden. "Und die Kunden warten auch gerne und ohne Murren darauf. Ganz eiligen geben wir aber auch gerne einfach das Papier und die Schleife mit", sagt Andrea Blanck. Sie ist die Team-Leiterin der Einpack-Frauen. Sie ist stolz auf sie. "Die Damen sind langjährig dabei. Da können wir uns darauf verlassen, dass das klappt und später gut aussieht", sagt Blanck.

Der Laie, der zu Hause schon unzählige Verpackungs-Versuche entnervt abgebrochen hat, steht oft fassungslos vor dem Geschick und der fast beiläufigen Art, mit der Einpack-Profis wie Roswitha Konrad ein Badehandtuch oder anderes einschlagen. Und es ist auch nicht so, dass die Ruheständlerin Roswitha Konrad diesen Job nur wegen des Zubrotes macht. "Ich habe Spaß an dieser Arbeit. Ich mache so was auch privat gerne und bin in meiner Familie bekannt für meine hübschen Verpackungen. Das Kräuselband mit dem Messer lang zu ziehen oder es in viele dünne Stränge zu zerfasern - ich mag das einfach", sagt Konrad. Ihre Fingerfertigkeit schützt sie davor, sich an dem scharfkantigen Papier die Finger aufzuschneiden. Andrea Blanck hat selbst jahrelang die Einpackerei der Geschenke übernommen. Sie kennt alle Tricks. Sie weiß, dass ein scharfes Kartoffelschälmesser mit kurzer Klinge das beste Gerät ist, um Kräuselband zu ziehen. Und dass man das Band immer mit dem Rollenlauf und nicht dagegen ziehen darf. Sonst hängt es schnurgerade und schlapp herunter, statt sich in Dutzenden Kringeln zu kräuseln. Blanck weiß, dass der helfende Daumen beim Binden des Bands um ein Paket überflüssig ist wenn man das Band an der Stelle, wo es sich auf dem Paket kreuzt ein paar Mal unter- und überschlägt.

Für die Douglas-"Pack-Mädels" hat der Job was meditatives

Während es im Karstadt-Warenhaus durchaus mal sein kann, dass die Kunden auch an einem Advents-Sonnabend Dinge einkaufen, die nicht als Geschenk verpackt werden müssen, gehen in der Filiale der Douglas-Parfümerie im Herold-Center in der Weihnachtszeit fast ausschließlich Geschenke über den Ladentisch. Mit dem typisch türkisen Verpackungsmaterial der duftenden Einzelhandelskette arbeiten hier die "Pack-Mädels", wie sie intern genannt werden. "An einem normalen Tag sind es etwa 700 Geschenkverpackungen, die wir hier machen müssen. An einem Advents-Sonnabend können es schon mal 1500 Verpackungen sein", sagt Handan Agu. Sie ist eigentlich Beauty-Expertin. Aber alle Kolleginnen bei Douglas wechseln sich in der Weihnachtszeit ab mit dem Verpacken der Geschenke. Und auch hier ist das absolut kein leidiger Job. Vielmehr ist es so, dass die Damen alle ausgesprochen gerne zum "Pack-Mädel" ernannt werden. "Geschenke verpacken hat etwas meditatives", sagt Agu. Und dann nimmt sie ein türkisfarbenes Geschenk-Band und wickelt es über Kreuz zwischen dem gestreckten Daumen und Zeigefinger auf, schneidet flugs eine Kerbe in die Mitte und zwirbelt die Schlaufen auf jeder Seite des Schnitts auf, bis aus dem Band eine halbrunde Schleifen-Knolle geworden ist. Träumt Handan Agu nicht nachts von Schleifen, Bändern, buntem Papier und Glitter-Anhängern? "Ach Quatsch", sagt die Beauty-Expertin.